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16-jähriger IT-Forscher: Künstliche Intelligenz kann Lösung des Klimawandels beschleunigen

Tanmay Bakshi © Oliver Janko/Trending Topics
Tanmay Bakshi © Oliver Janko/Trending Topics
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Als Tanmay Bakshi elf Jahre alt war, wurde IBM auf ihn aufmerksam. Heute ist das Wunderkind einer der gefragtesten KI-Experten, Autor und selbstständiger Berater. Die Sache ist: Tanmay Bakshi ist immer noch erst 16 Jahre alt. Am zweiten Tag des WeAreDevelopers-Festivals in Wien hielt der gebürtige Inder die Keynote. Wir konnten uns danach mit ihm unterhalten – über AI, seine Projekte und den Klimawandel.

Wenn Tanmay Bakshi spricht, sind in der Regel alle Ohren und Augen auf ihn gerichtet. Seit er fünf Jahre alt ist, beschäftigt er sich mit dem Thema AI. Noch vor seinem 16. Geburtstag programmierte er das weltweit erste von IBM Watson unterstützte „Natural Language Question Answering System“ und veröffentlichte ein Buch. Heute ist Bakshi vor allem für seine TED-Talks, seine Bücher und seinen YouTube-Kanal namens „Tanmay Answers“ bekannt. Antworten hat er auch für uns.

AI gegen den Klimawandel

Glaubt ein 16-jähriger Experte für Künstliche Intelligenz, dass AI den Klimawandel lösen kann? „AI löst keine Probleme, AI analysiert Daten. Wenn wir genügend Daten haben und daraus Erkenntnisse gewinnen, dann können wir einen schnelleren Weg finden, den Klimawandel zu bekämpfen“, appelliert Bakshi. Dann könne Machine Learning helfen.

Künstliche Intelligenzen würden aber nicht einfach kommen und uns eine Lösung geben. Sehr wohl würden sie aber helfen, Erkenntnisse aus Daten schneller zu gewinnen. „Darauf können wir Menschen aufbauen und versuchen, den Klimawandel zu verlangsamen oder eventuell auch zu stoppen“. Google beispielsweise verwende bereits AI-Lösungen, um die eigenen Datencenter effektiver zu kühlen. Sein Fazit: „Machine-Learning-Technologie wird nicht verwendet werden, um eine Lösung für den Klimawandel zu finden. Sie kann aber ein Werkzeug sein, um unseren Weg zur Problemlösung zu beschleunigen“.

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Bakshi ist sich der Komplexität dieser Aufgabe bewusst. „Das ist kein Problem, das innerhalb eines Menschenlebens zu lösen ist. Tausende Menschen müssten daran arbeiten, aber das Problem ist, das nicht allzu viele Menschen investiert sind“. Er sehe aber langsam einen Wandel. Erwähnenswert finde er hier beispielsweise Bill Gates, der in eine Firma investiert habe, die eine Art Gebäude konzipiert, die „das ganze Carbondioxid einfach aus der Luft saugt“.

Fridays for Future? Unbekannt

Fridays for Future sagt Tanmay Bakshi hingegen nichts, in unserem Gespräch hörte er tatsächlich das erste Mal von der weltweiten Klimabewegung. Der Klimawandel an sich ist aber ein Thema für ihn: „Es stimmt schon: Es ist absolut kritisch. Das ist der Punkt, an dem wir arbeiten müssen, wenn wir physisch überleben wollen in Zukunft. Ich glaube, es ist absolut notwendig und finde es eine großartige Sache, wenn Menschen zeigen, dass sie diesen Wandel wollen. Ich unterstütze das absolut, diese Bewegungen sind definitiv wichtig für unsere Zukunft.“

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Strukturen für das Gehirn

Derzeit arbeitet der gebürtige Inder mit Hauptwohnitz in Kanada an mehrere Projekten. Besonders begeistert sei er vom kombinierten Feld der Gesundheitsvorsorge und der Bildung. Er will künftig Menschen mit Dyslexie helfen können (eine Störung, bei der die Fähigkeit eingeschränkt ist, Wörter oder Texte zu lesen und zu verstehen, Anm.).

„Dyslexie ist ein riesiges Problem, rund eine Milliarde Menschen leidet darunter“, erklärt er, „das sind fast 20 Prozent der gesamten Weltbevölkerung.“ 50 Prozent der Insassen in einem Gefängnis in Louisiana, Texas, würden nicht lesen und schreiben können. „Nicht lesen zu können führt zu einer höheren Kriminalitätsrate“, schließt Bakshi aus dieser (und weiteren) Statistiken. Und weiter: „Menschen mit Dyslexie sind speziell, aber das einzige Problem ist, dass ihr Hirn nicht so strukturiert ist, dass sie lesen können. Das menschliche Gehirn sei ursprünglich ebenfalls nicht zum Lesen gedacht gewesen. „Es ist ein glücklicher Zufall, dass wir das können“, fährt Bakshi fort.

Das Problem sei aber eben die fehlende Struktur – und genau daran arbeite er derzeit. Sein Ziel: Applikationen, die selbständig lernen können, wie sie sich anpassen müssen, um Menschen mit Dyslexie ein intuitiveres Lernen zu ermöglichen. Die Apps sollen dann helfen, wenn die Probanden Schwierigkeiten mit einem Wort haben, aktiv Pausen mit Sprechübungen gestalten und letztlich erkennen, wann sie wie unterstützen müssen. Bakshi: „Das Coole ist, dass die Apps, an denen ich arbeite, so klein sind, dass sie praktisch auf jedem Gerät laufen. Das bedeutet, auch wenn du ein altes Handy oder Tablet hast oder keine Internetverbindung, kannst du die Anwendung trotzdem verwenden. Das ist die Idee.“

Herzschlag statt Fingerabdruck

Das sei aber nur ein Problem, an dem er arbeiten würde. Auch andere Bereiche würden ihn interessieren, beispielsweise das Thema Sicherheit. Die Frage sei: „Wie können wir biometrische Sicherheitsanwendungen schaffen, die genauer sind, aber immer noch schnell und überall verwendet werden können?“ Es gebe viel sicherere Methoden als den Fingerabruck: „Ich habe an einer Applikation namens Hearth ID gearbeitet, die den Herzschlag erkennen kann – also quasi ein EKG macht, um dich zu identifizieren.“ Der Weg, wie Elektrizität durch den Körper fließt, sei bei jedem Menschen einzigartig. Es sei außerdem einfach, die notwendigen Daten zu sammeln: „Alles, was man machen muss, ist ein paar Sensoren anbringen und dann hast du dein Kardiogramm schon“.

Mehr Vertrauen in künstliche Intelligenz

Und wie sieht die Zukunft der AI aus? Der nächste große Schritt ist kein technologischer, meint Tanmay Bakshi. „Ich glaube, die nächste große Herausforderung für AI ist es, den Weg zu ändern, wie sie in der Öffentlichkeit wahrgenommen wird“. Die Ansichten von „ganz normalen Menschen“ zum Thema AI würden sich immens von jenen von Entwicklern und Forschern unterscheiden. „Programmierer sind oft unterfordert von Machine Learning, während die Öffentlichkeit damit überfordert ist“, meint Bakshi, wobei er sich selbst auch auf der Seite der Unterforderten sieht. „Maschine Learning hat großes Potenzial, uns dabei zu helfen, Daten besser zu analysieren – aber was es nicht hat, ist das Potenzial, wirklich intelligent zu werden und Menschen im großen Maßstab zu ersetzen“.

Bedingungsloses Grundeinkommen wegen neuer Technologien?

Was sagt er zu Menschen, die Angst haben, ihren Job an eine Maschine zu verlieren? Nachvollziehen kann er diese Sorge, er gibt aber einige Aspekte zu bedenken. „Diese Dinge sind in der Geschichte schon einige Male passiert und die Geschichte wiederholt sich gerade.“ Natürlich gehe es gerade sehr schnell und in einem riesigen Ausmaß. Bakshi gibt aber auch zu bedenken, dass technologische Fortschritte auch immer neue Jobs schaffen würden: „Ganze Industriezweige warten nur darauf, erfunden zu werden – dank neuer Technologien“. Maschinen müssten nicht nur erst gebaut, sondern auch entwickelt und instande gehalten werden. „Innerhalb des Tech-Bereichs entstehen so unzählige neue Jobs“.

Ersetzt würden sicherlich Arbeitsstellen in einigen Bereichen, Bakshi nennt die öffentlichen Verkehrsmittel oder KassiererInnen. Er nennt diese Arbeiten die „Infrastruktur der Menschheit“, also Tätigkeiten, die zwar die menschliche Entwicklung nicht voranbringen würden, ohne die „wir aber nicht in der Lage wären, irgendetwas zu erledigen“. Man solle sich jetzt vorstellen, man würde all diese Posten umstrukturieren und die Menschen, die sie ausüben, in Bereichen einsetzen, in denen sie eben mehr leisten könnten.

Ihm sei aber durchaus bewusst, dass nicht jeder Mensch die dafür notwendigen Ausbildungen hat. „Hier ist der Clou: Das passiert natürlich nicht über Nacht, es wird Jahrzehnte dauern, bis diese Umstellung geschafft ist“. Das werde teuer, lange dauern und erfordere eine verbesserte Infrastruktur und bessere Bildung in den notwendigen Bereichen. Die Entwicklung in Richtung mehr Technologie werde man auch nicht aufhalten können.

Die Frage nach der Fairness

Das wirft eine weitere Frage auf: Kennt Tanmay Bakshi das bedingungslose Grundeinkommen? Tut er, vor allem aus Finnland. Er müsse sich zwar einlesen, an der Oberfläche sehe es für ihn aber nach einer guten Idee aus. Die Welt in zwanzig Jahren werde nicht nur deswegen fundamental anders aussehen als heute. Aus technischer Sicht werde sich allerdings nicht viel ändern, AI bleibe AI. Die Art und Weise aber, wie wir mit den gewonnen Daten umgehen, schon: „Nehmen wir Amazon oder andere Online-Versandhändler. Sie bekommen heute schon angepasste Angebote, weil die Händler wissen, wer Sie sind, was Sie sonst kaufen, wie alt Sie sind und wo Sie wohnen“.

Ähnliches versuche er mit seiner App für Dyslexie-Patienten: „Es bringt ja nichts, von einem Patienten in Indien Geld für die Software zu verlangen, wenn er nicht einmal das Gerät, auf dem er sie nutzt, bezahlen kann“. Schafft AI also mehr Fairness? „Machine Learning arbeitet mit Daten, die der Mensch generiert. Sind diese Daten gefärbt, dann lernt auch die Maschine diese Daten voreingenommen. Wenn wir es schaffen, diese „Färbungen“ (sprich: voreingenommene Meinungen) mathematisch zu entfernen, dann kann AI die Welt theoretisch fairer machen.“ Die Methoden dafür wären aber noch nicht bereit. Ein Beispiel dafür hat Bakshi auch: Medizinstudenten von Universität A würden heute Diagnosen auch anhand von Erfahrungswerten und ihrer eigenen Studiengeschichte treffen. Studierende von Universität B machen das genauso, diagnostizieren aber anders. Diese „Voreinstellungen“ könne AI entfernen.

Seine Idealvorstellung: Ein AI-Netzwerk zwischen den Universitäten und Bildungseinrichtungen, damit „die AI und alle von allen Erfahrungen lernen können“.

Dieser Artikel erschien zuerst auf Trending Topics

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