Interview

1KOMMA5°: Wie Solar-Haushalte Teil eines virtuellen Kraftwerks werden

Philipp Schröder, Gründer von 1KOMMA5°. © 1KOMMA5°
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Smart vernetzte Solarpanels, die es erlauben, saubere Energie optimal zu nutzen und zu steuern: So lautet das Konzept des Hamburger Startups 1KOMMA5°. Hinter der Jungfirma steckt Philipp Schröder, ehemaliger Manager von sonnen und Tesla Österreich und Deutschland. Mit weiteren Unternehmer:innen und Investor:innen gründete Schröder er im Sommer 2021 sein Jungunternehmen, um ein CO2-freies Leben, Heizen und Mobilität zum niedrigsten Preis für alle zugänglich zu machen.

Neben der kostenfreien Stromproduktion auf dem eigenen Dach soll es durch die intelligente Vernetzung und Steuerung von Solaranlage, Wärmepumpe, Stromspeicher und Ladestation möglich sein, den Eigenverbrauch zu optimieren. Ebenfalls sollen sich dadurch überschüssige Energie punktgenau ins Netz einspeisen und Netzstrom genau dann zuschalten lassen, wenn günstiger Windstrom die Preise drückt. Das soll die Gesamtbetriebskosten senken und das Netz entlasten.

Im Jahr 2022 verzeichnete 1KOMMA5° bereits einen Umsatz in Höhe von 250 Millionen Euro. Das Startup sieht sich schon jetzt auf dem Weg zum Unicorn. Martin W. Drexler traf Philipp Schröder, Co-Founder und CEO von 1KOMMA5°, zu einem Gespräch am Rande des DLD, Europas wichtigster Digital- und Zukunftskonferenz in München.

Sie haben im DLD-Panel „Energy – Now and Beyond Now“ ihr junges Unternehmen 1KOMMA5° vorgestellt. Wie sind sie auf die Idee kommen?

Es gibt aus meiner Sicht aktuell kein Thema, das wichtiger ist als die Klimakrise und die Dekarbonisierung. Mit meinen Partnern wollen wir gemeinsam mit möglichst vielen Menschen unseren Beitrag zum 1,5° Ziel der UN-Klimakonferenz von Paris 2015 leisten, deshalb auch unser Firmenname 1KOMMA5°. Aus unseren Erfahrungen bei Tesla, sonnen und anderen Technologie-Entwicklern wissen wir, dass die Technologie für erneuerbare Energie im eigenen Zuhause nicht nur funktioniert, sondern auch die günstigste Art der Stromgewinnung ist. Dafür muss aber zum einen die Installationen beschleunigt werden, zum anderen muss unser Stromverbrauch der Produktion folgen. Beides machen wir bei 1KOMMA5° möglich.

Umgesetzt wird dies durch die Bereitstellung unserer Technologien für eine dezentrale, saubere CO2-freie Energieversorgung, für Wärme, Mobilität und durch unseren intelligenten Energiemanager „Heartbeat“. Während sich Kunden bisher an vier verschiedene Gewerke wenden mussten, bietet 1KOMMA5° eine vernetzte Gesamtlösung aus einer Hand an, die von unseren eigenen, regionalen Fachhandwerkern vor Ort installiert wird. Wir setzen dabei auf hohe Qualität und individuelle Lösungen, denn die Technologie wird die Eigenheimbesitzer für die nächsten 20 bis 25 Jahre begleiten und wertet ihre Immobilien auf.

Beginnen wir mit dem Begriff der Bereitstellung: Was kann ich mir darunter vorstellen, wie funktioniert diese?

Wenn Sie Ihr Eigenheim von Öl, Gas, Holzpellets etc. entkoppeln und sich CO2-neutral mit Strom versorgen wollen, kaufen Sie unser Komplettpaket bestehend aus Photovoltaik, Wärmepumpe, Stromspeicher und Ladestation für Ihr Elektroauto. Damit aber alle Geräte auch optimal aufeinander abgestimmt funktionieren, wird von uns zusätzlich noch unser IOT- System „Heartbeat“ installiert. Mit Hilfe von selbstlernenden Algorithmen wird so die optimale und automatische Betriebsführung über die Lebenszeit des Systems garantiert.

Wo liegt der Unterscheid zu herkömmlichen Solaranbietern, die ebenfalls Solar-Panele für private Haushalte anbieten?

Wie der Name schon sagt, ist unser IoT-System „Heartbeat“ das Kernstück unserer Lösung. Es regelt nicht nur den effizienteren Eigenverbrauch im Haus, sondern kann auch überschüssigen Solar-Strom punktgenau ins Netz einspeisen. Denn „Heartbeat“ kennt die Wetterprognose, die Entwicklung am Strommarkt und den individuellen Verbrauch des Kunden und kann immer dann auf günstigen Netzstrom zurückgreifen, wenn überschüssiger Windstrom den Preis drück oder sogar zu Minuspreisen vorhanden ist.

Damit lässt sich der flexible Verbrauch in jedem Haushalt steuern und das Netz wird entlastet. Das unterscheidet uns von allen anderen Anbietern, wir nennen es „New Solar“. Es wird in naher Zukunft nicht mehr darum gehen wird, ob Strom da ist, sondern wie er am effizientesten verteilt wird.

Enpal & 1Komma5° entwickeln sich zu neuartigen Solarstromhändlern

Könnten wir mit unseren privaten stromerzeugenden Anlagen im Kollektiv theoretisch auch die energieintensive europäische Industrie mit Strom beliefern?

Grundsätzlich ja, aber wir fokussieren uns in unserer Wachstumsphase primär auf die Privathaushalte und deren effiziente Versorgung mit CO2-freiem Strom.

1KOMMA5° hat es sich zum Ziel gemacht, eine nachhaltige Wertschöpfungskette aufzubauen. Wird dadurch tatsächlich CO2-Neutralität bei der Stromgewinnung und Eigenversorgung möglich?

Durchaus, denn bei unserer Produktauswahl arbeiten wir vorwiegend mit den größten Herstellern aus Europa, Nordamerika und Israel zusammen und bringen dazu noch in diesem Quartal das sauberste Photovoltaik-Modul mit Rohstoffen aus Bayern auf den Markt.

Wir kaufen uns zudem bei regional führenden Handwerksbetrieben ein, die unseren Kunden hohe Qualität und eine fachgerechte Montage und ebensolchen Service über die Lebensdauer der Systeme bieten. Dort bringen wir unsere digitalen Prozesse mit und setzen die Industrialisierung des Handwerks um. Wir bauen sozusagen das „Handwerk 2.0.“. So bieten wir für Mitarbeitende ein innovatives und zukunftsgerichtetes Arbeitsumfeld.

 Sie haben im Konferenz-Panel mit der Aussage aufhorchen lassen, dass Sie mit Ihrer Idee bis 2030 an die 22 Atomkraftwerke in Europa überflüssig machen werden.

Wenn wir nur fünf Prozent der bestehenden Dachflächen allein in Deutschland zur CO2-freien Stromerzeugung nutzen und die dezentralen Speicherkapazitäten in Wärmepumpen, Speichern und E-Autos nutzen, stimmt diese Größenordnung. Dafür möchten wir bis 2030 rund 1,5 Millionen Häuser umrüsten, das ist unser durchaus machbares Ziel. Wir sind mit dieser Form der Energiegewinnung und -steuerung, die wir schon jetzt immer erfolgreicher umsetzen, einfach in der Zukunft angekommen.

 Das Geschäftsmodell im Detail nachgefragt: Ich kaufe bei Ihnen das schon erwähnte Komplettpaket, der von mir produzierte Strom gehört mir und wird von Ihnen über Ihr IoT-System „Heartbeat“ entsprechend vermarktet, d. h. ich verdiene hier mit Ihnen Geld bzw. bekomme eventuell auch Strom im Tausch gutgeschrieben.

Ja genau, Sie sind somit ein Teil des virtuellen Kraftwerkes, das mit und für europäische Haushalte CO2-neutralen Strom erzeugt und die Speicherkapazitäten zur Verfügung stellt, wenn im Netz ein Überangebot an erneuerbarem Strom herrscht, die wir dank „Heartbeat“ ansteuern können.

1KOMMA5° konnte bereits einige Investor:innen überzeugen. Können sie hier Namen nennen?

Ja, wir arbeiten transparent und scheuen nicht unsere Erfolgsstrategie offen zu kommunizieren. Wir haben namhafte Investoren an Bord wie etwa Haniel und Porsche Ventures.

Ihr Unternehmen ist nicht nur in Deutschland aktiv, sondern auch in Skandinavien und Australien. Wann werden Sie auch den österreichischen Strommarkt für sich entdecken?

Sehr gerne sehr bald.

Philipp Schröder ist am 26. Juni beim KitzSummit in Kitzbühel in Österreich und stellt dort die Vision von 1KOMMA5° live vor. Das Interview mit ihm führte Martin Drexler, Corporate Strategic Advisor und Trend Researcher in Wien.

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