42.cx: Multimillionär Mattes neues „Baby“ ist ein Bundle aus Computer und Künstlicher Intelligenz
2015 kehrte Daniel Mattes als Multimillionär aus dem Silicon Valley zurück. Dort hatte er 2009 seine Internetfirma Jaja um 145 Millionen Euro verkauft und seinem nächsten Startup Jumio den Rücken gekehrt. Das Thema Künstliche Intelligenz hat es dem Welser angetan und Österreich sei dafür ein ausgezeichneter Standort, erzählt Mattes im Gespräch mit Trending Topics. Die Firma, die er dann gründete ließ aber lange Zeit viele Fragen offen: 42.cx werde Künstliche Intelligenzen entwickeln. Zweieinhalb Jahre später hat der Serial-Entrepreneur nun sein neues „Baby“ präsentiert.
K1: Die moderne Version des „Fear Index“
K1 ist ein riesiger schwarzer Computer mit integriertem Display, der ausgestattet mit Künstlicher Intelligenz Prognosen für Banken erstellt. Mattes Team hat das Rad in diesem Bereich nicht neu erfunden. Prediction-KIs für Finanzmarkt-Prognosen werden von Banken bereits seit Jahren eingesetzt. Für die Software von K1 haben sich die Entwickler aber etwas Besonderes einfallen lassen, meint der 42-Gründer. Die Künstliche Intelligenz wird mit Millionen Daten trainiert, um anhand von Stimmungen von Massen an Internetnutzern Rückschlüsse auf die Entwicklung von Aktienkursen zu ziehen. Quasi eine moderne Variante des „Fear Index“, die allerdings sogar Analysen einzelner Unternehmen vornehmen kann. Da gebe es weltweit nicht sehr viele Anbieter, die an solchen Systemen arbeiten.
Nächstes Ziel: medizinische Diagnosen
Die K1-KI analysiert dafür öffentlich verfügbare Daten aus verschiedenen Internetquellen wie Twitter. Facebook-Daten verarbeite die Software von 42.cx aber nicht, versichert Mattes in Hinblick auf den aktuellen Datenskandal von Facebook. Wieviel der große schlaue Computer kostet, verrät Mattes genauso wenig wie Details über den ersten Käufer. Ein internationaler Vermögensverwalter hat K1 bereits lizenziert und im Einsatz. Das nächste Ziel, das 42.cx anpeilt ist ein KI-Computer für medizinische Diagnosen.
Daniel Mattes im Interview über den Standort Österreich und Artificial Intelligence
Trending Topics: Warum hast du 42.cx in Österreich gegründet?
Daniel Mattes: Wir haben derzeit eine historische Chance. In den letzten Jahrzehnten war das Silicon Valley der Kern der IT. In den letzten Jahren hat sich aber sehr viel Talent und Expertise nach außerhalb der USA verschoben – speziell auch im Bereich AI. Europa kann jetzt wirklich einen Gegenpol zum Silicon Valley aufbauen.
Wie steht Österreich im Bereich AI da?
Wir sind wirklich gut. Die Johannes Kepler Universität in Linz will sich als AI-Zentrum etablieren – wir haben sehr viel Potenzial.
Wer ist bei 42.cx im Team?
Aus Österreich haben wir zum Beispiel den bekannten Mathematiker Bruno Buchberger im Advisory-Team. Er hat 20 Jahre lang im deep reasoning Bereich geforscht. Ulrich Bodenhofer, ein Mathematiker von der JKU in Linz, hat die Universität gerade verlassen und kommt zu uns. In Summe haben wir etwa 40 Experten. Vor rund drei Jahren haben wir dann begonnen, Daten zu sammeln und Data Mining zu betreiben.
Welche Daten?
Alle Daten, die öffentlich sind. Twitter, Websites, öffentliche Informationen.
Facebook?
Nein, Facebook eigentlich nicht. Wir haben immer den kommerziellen Nutzen von Technologie im Hinterkopf. Wir haben also festgestellt, dass sich aus den Daten Stimmungsbilder der Öffentlichkeit ableiten lassen und wollten uns ansehen, wie sich diese Stimmungsbilder auf den Finanzbereich auswirken. Damit beschäftigen sich etliche Universitäten bereits seit 2008 und es ist in mehreren Studien nachgewiesen worden, dass es eine Korrelation zwischen Stimmungsbildern der Menschen und Aktienmärkten gibt. Wir messen diese Stimmungsbilder heute über semantische Analysen und können dabei sehr detailliert messen – bis auf Unternehmensebene heruntergebrochen. Es war für meine Scientists sehr aufwändig dafür künstliche Intelligenzen zu züchten, die Millionen von Daten in Echtzeit analysieren.
Warum ein eigener Computer?
Die verfügbare Hardware war zu langsam, deshalb haben wir einen eigenen High-Performance-Rechner gebaut, der auf genau dieses Data Mining und Züchten von KI ausgerichtet ist. Das neuronale Modell muss ja für jeden Fall neu generiert werden – das ist nicht so wie bei der Bilderkennung, dass ein Modell für alle Fragestellungen genügt. In unserem Fall muss man viele KIs züchten und sie trainieren. Manche davon entwickeln spezielle Talente.
Talente? Wir sprechen doch von einem Computer-Programm.
Eine von diesen KIs hat dann vielleicht ein Talent, wenn es um Ölpreise geht. Da kann sie den Markt besonders gut einschätzen. Wenn man ein neuronales Netz aufbaut, beginnt man mit einer zufälligen Gewichtung der Neuronen. Das ist genau wie bei Menschen – die haben genetisch bedingt auch eine bestimmte Ausprägung. Bei den KIs züchtet man und findet dann die besten. Die besten trainiert man dann weiter. Das ist fast schon wie eine artificial biosphare. Am Ende stehen dann 2000 neuronale Netze, die wir in diesen High-Performance-Computer gepackt haben. Der Name K1 ist eine Wortspielerei mit KI. K1 ist dedicated for financial industry.
Wieviel kostet K1?
Wir lizenzieren den Computer und sprechen nicht über dei kommerziellen Details. Wir haben bereits einen großen internationalen Asset Manager als Kunden. K1 verwaltet also bereits das Vermögen der Kunden dieses Asset Managers. Die Resultate sind beeindruckend. Wenn man von der Zufallschance 50:50 ausgeht, hat unser System eine durchschnittliche Genauigkeit von 69 Prozent.
Finanzmarktanalysen sind im KI-Bereich nicht gerade ein unbeackertes Feld.
Ja, das ist schon in den 1970ern probiert worden. Die meisten Modelle suchen aber nur in historischen Finanzdaten – die gehen davon aus, dass die Marktstimmung im Kurs implementiert ist. Wir haben einen anderen Zugang und der ist recht neu. Die EZB hat einmal eine Studie dazu gemacht und das war der Hauptgrund für mich, mir das genauer anzusehen. Wenn man sich heute die Stellenausschreibungen von den großen Banken ansieht, suchen die Mathematiker, Physiker und Programmierer. Ich gehe davon aus, dass die in diesem Bereich alle intensiv forschen.
Rechnest du schon mit einem Exit?
Kein Kommentar.
Welche Branche wäre für K1 noch interessant?
Für mich ganz spannend ist der große Bereich der präventiven Medizin. Die klassische Medizin kann ja nur auf einen gewissen Erfahrungsschatz zurückgreifen. K1 könnte krankheitsbestimmende Faktoren und Krankheiten korrelieren wie er das jetzt mit Stimmungsbildern und Finanzmarkt-Entwicklungen macht. So könnte man Krankheiten schon vorzeitig erkennen und vielleicht vermeiden. Ich kann mir durchaus vorstellen, dass es da einmal einen H1, Healthcare 1, gibt. Wir haben da schon erste Kooperationen für den Herz-Kreislauf-Bereich und bekommen bereits viel Datenmaterial.
Wie stehst du zur aktuellen Debatte um die Freigabe der Gesundheitsdaten für Forschung und Unternehmen?
Ich bin der Meinung, dass die Privacy von Bürgern schon genug angekratzt ist. Alle meine Projekte arbeiten nur mit anonymisierten Daten. Personalisierte Daten können ja manipulativ verwendet werden. AI ist genial, aber in den falschen Händen auch sehr gefährlich. Der richtige ethische Umgang ist meiner Meinung nach sehr wichtig. Die Menschen merken ja nicht, wenn sie durch Datenanalysen manipuliert werden. Wenn ein Wahlhelfer genau weiß, wie er mit mir umgehen muss, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen, sehe ich das sehr kritisch. Mit Gesundheitsdaten wäre die Befürchtung ähnlich. Wenn die Daten anonymisiert sind, ist das gut. Mit persönlichen Daten könnte es zum Beispiel bei Versicherungen zu unfairen Bedingungen kommen.