6 Trends: Warum Web3-Investments trotz Krypto-Crash ungebremst weitergehen
Krypto-Startups und -Scale-ups haben 2021 etwa 25 Milliarden Euro Investments erhalten – und ist damit das bisherige Rekordjahr für die junge Branche. Nun könnte man meinen, dass der Krypto-Crash im Winter, die neue Angst vor Risiko-Assets wegen der US-Zinswende und ein drohender Krypto-Winter die Stimmung bei den großen Investor:innen drückt. Doch bisher ist kein Abbruch des Trends zu sehen – im Gegenteil.
Denn alleine in den ersten fünf Wochen des Jahres 2022 wurden Finanzierungsrunden von mittlerweile mehr als vier Milliarden Dollar (ca. 3,5 Mrd. Euro) bekannt gegeben. Würde es dieses in dem Ton weitergehen, dann würden die 25 Milliarden Euro des Jahres 2021 locker überboten werden – möglicherweise mit einem Volumen jenseits der 40 Milliarden Euro. Aber wer weiß, wie es weitergehen wird.
Krypto-Startups/Scale-ups haben 2021 etwa 25 Mrd. Euro Investments erhalten
Derweil kann an den Investments gut ablesen, in welche Richtung sich die Branche bewegt. Hier die wichtigsten Trends:
1. Regulierte Exchanges
FTX ist hier das große Schlagwort. Nachdem der Marktführer bei Krypto-Exchanges Binance 2021 in erhebliche regulatorische Troubles geriet und einige Märkte wie Produkte rückbauen musste, sitzt jetzt Sam Bankman-Fried, einer der jüngsten Milliardäre des Planeten am Drücker. Für seine Exchange FTX, die aus der Investmentfirma Alameda Research hervorging, hat sich der umtriebige neue Star der Krypto-Welt dieses Jahr gleich mal 800 Millionen Dollar besorgt – 400 Millionen für das internationale Geschäft, das von den Bahamas (oder vielleicht doch Hongkong?) gemacht wird sowie 400 Millionen weitere für die US-Tochter. Zusammengerechnet kommen FTX und FTX US auf einen Unternehmenswert von 40 Milliarden Dollar – das ist dann schon fast vom Range Coinbase.
2. NFTs
Natürlich. NFTs dürfen bei den großen Investments nicht fehlen. Den Anfang machte der Marktführer bei den Marketplaces, OpenSea, und holte sich bei prominenten Investor:innen eine Bewertung von satten 13,3 Milliarden Dollar. Das Geschäftsmodell hat reichlich wenig mit Crypto und Dezentralisierug zu tun, OpenSea nimmt einfach 2,5 Prozent von jeder Transaktion in seinen Gefilden – gutes altes Marktplatz-Geschäft. Mit Animoca Brands, Pixel Vault und Autograph von Sportstar Tom Brady gibt es weitere, nunmehr sehr gut ausgestattete NFT-Startups bzw. -Investor:innen, die den neuen Markt mitbestimmen wollen.
NFT-Plattform OpenSea nach Series C-Runde 13,3 Milliarden Dollar wert
3. Smart Contracts
Auch bei den Smart-Contracts-Netzwerken geht es weiter wie 2021. Nachdem im Vorjahr Solana und Avalanche jeweils mit dicken Investments ausgestattet wurden, waren 2022 bereits Polygon und NEAR dran. Auch bei diesen beiden Neulingen im großen Business handelt es sich um Netzwerke, die Transaktionen schneller, besser, billiger und CO2-neutraler machen wollen. So will man Entwickler:innen, die DeFi, Games, NFTs und andere Dinge auf der Blockchain entwickeln, weg von Ethereum oder Solana hin zu sich locken. Die Logik: Transaktionen kosten Tokens, und je mehr Applikationen auf den Blockchains laufen, desto dringlicher werden die Token gebraucht.
Polygon: Investor:innen-Rennen ums Web3 bringt neues Krypto-Unicorn
4. Blockchain-Infrastruktur
Bei so manchen Banken konnte man in den letzten Jahren beobachten, dass das mit der Digitalisierung und den zugehörigen Produkten (v.a. mobile Apps) nicht so ganz klappt. Jetzt stell‘ dir vor, ein großes Finanzunternehmen möchte ins Krypto-Business einsteigen und entwickelt die Software dafür selbst. Ok, lieber nicht. Deswegen gibt es nunmehr sehr gut finanzierte Anbieter von Blockchain-Infrastruktur, die die grundlegende Software für Krypto-Services aller Art anbieten.
Fireblocks etwa bietet eine Digital-Assets-Plattform, die Banken, Neobanken genauso wie Exchanges einsetzen können, und zählt etwa Bank of New York Mellon, Revolut, Galaxy Digital, Crypto.com oder BlockFi zu seinen Kunden. Das hat mittlerweile sogar den Internet-Riesen Alphabet überzeugt, der über seinen Investment-Arm Capital G investierte. Oder Blockdaemon, dieses Jahr ebenfalls mit viel frischem Geld ausgestattet, das Börsen, Verwahrstellen, Krypto-Plattformen und Finanzinstitute zu seinen Kunden zählt.
Die Infrastruktur-Anbieter haben nun sogar ein Dekacorn unter sich: So holte sich Alchemy, ein Software-Anbieter für Web3-Entwickler:innen, eine Bewertung von zehn Milliarden Dollar. Sie bieten quasi die digitalen Schaufeln für den Web3-Goldrausch.
Alchemy: Bewertung des Web3-Software-Startups steigt auf 10,2 Mrd. Dollar
5. Analytics
Bitcoin, aber auch die Ethereum-Blockchain und andere Spezialitäten wie der Privacy Coin Monero interessiert immer mehr Corporates, Finanzunternehmen und auch Behörden. Um die Blockchains untersuchen zu können – sei es für Marktanalysen oder für die behördliche Strafverfolgung von Transaktionen – braucht es entsprechende Analyse-Dienste. Zuletzt staubte Dune Analytics aus Norwegen, spezialisiert auf das Ethereum-Ökosystem (DeFi, NFTs) viel Geld ab und folgt damit Chainalysis aus den USA, das 2021 zum Unicorn wurde. Auch in Österreich ist mit Iknaio kürzlich ein Blockchain-Analyse-Startup gelauncht.
Iknaio: Neues Wiener Krypto-Startup spürt Cyber-Kriminelle auf Blockchains auf
6. DAOs
Sie sind etwas anders gelagert als die oben genannten Unternehmen, aber definitiv ein großer Trend, den es 2022 zu beobachten gilt: Decentralized Autonomous Organisations, kurz DAOs. Immer öfter finden sich Krypto-Anhänger:innen online zusammen, scharen sich um einen Smart Contract, der ein bestimmtes Ziel definiert („wir kaufen den Druck der US-Verfassung“, „wir befreien Julian Assange“), und investieren ihre Coins und Tokens. Das erinnert noch nicht wirklich an eine neue, digitale Form eines Unternehmens, sondern eher an Investment-Gemeinschaften und Blockchain-Aktivismus – wird aber erwartungsgemäß bald auch die Welt von DeFi, Play-to-Earn und Co erobern. Erster Anzeichen in Österreich: Brokkr Finance will zur DAO werden.
DAO: So funktionieren Decentralized Autonomous Organisations – mit Lukas Götz von block42