6,32 Mrd. Euro fließen bis 2030 in Ausbau der Kinderbetreuung
Die Wirtschaftskammer (WKO) sieht großen Nachholbedarf im Bereich der Kinderbetreuung. Im EU-Vergleich hinke Österreich derzeit hier teils sehr stark hinterher. Mit Expert:innen und Praktiker:innen habe man einen „detaillierten“ Stufenplan bis 2030 entwickelt, um hier aufzuholen, sagte Präsident Harald Mahrer bei einer Pressekonferenz am Dienstag. Die dafür errechneten Gesamtkosten liegen bei 6,32 Milliarden Euro, die fiskalischen Effekte würden aber überwiegen, so Mahrer. Man müsse jetzt „endlich in die die Gänge kommen“.
Österreich hinkt im EU-Vergleich hinterher
Mahrer zufolge gibt es viele Probleme bei der österreichischen Kinderbetreuung. Die Betreuungsquote der unter 3-Jährigen liege derzeit bei 29,9 Prozent liege, was im EU-27-Vergleich unterdurchschnittlich sei. Auch die heimische Teilzeitquote von Frauen mit Kindern unter sechs Jahren sei mit 71,6 Prozent der zweithöchste Wert und damit um 38 Prozentpunkte über dem EU-Schnitt. „Sehr viel Luft“ nach oben gebe es auch, was die Investitionen in diesen Bereich im internationalen Vergleich betrifft. Mit lediglich 0,7 Prozent des BIP befinde sich Österreich um 0,2 Prozentpunkte unter dem OECD-Schnitt. In Norwegen beispielsweise seien es zwei Prozent des BIP.
Laut einer Umfrage sprechen sich 81 Prozent der Bevölkerung und ebenso viele unter den befragten Unternehmer:innen klar für einen Ausbau der Kinderbetreuung aus. Etwa wünsche man sich neben der Ausweitungen der Öffnungszeiten (auch in den Ferien) mehr Zusatzangebote in der Nachmittagsbetreuung. Laut Mahrer wird aber „die heiße Kartoffel die ganze Zeit zwischen den Verwaltungsebenen hin und her geschoben.“
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Neue Qualitätskriterien für Kinderbetreuung
Daher hat die WKO nun einen detaillierten Plan ausgearbeitet. Die Ziele sind die Erhöhung der Betreuungsquote der unter 3-Jährigen auf 45 Prozent, eine echte Wahlfreiheit sowie die Ausweitung der Öffnungszeiten um zwei Stunden pro Tag. Dafür habe man ein Volumen an Gesamtkosten von 6,32 Mrd. bis 2030 errechnet. Input-Output-Analysen zufolge würden die fiskalischen Effekte beim Erreichen der Ziele rund 1,6 Mrd. Euro pro Jahr erreichen, sagte Mahrer. Das BIP erhöhe sich dadurch um insgesamt rund sieben Mrd. Euro pro Jahr ab 2030.
Mahrer schweben vor allem bundeseinheitliche Qualitätskriterien vor. Der Fokus soll von Betreuung auf frühkindliche Bildung gelegt werden, auch brauche es bundeseinheitliche Parameter wie Gruppengröße oder Betreuungsschlüssel sowie eine Vereinheitlichung und Reduzierung der Schließtage. Zudem sei ein qualitativer wie quantitativer Ausbau der Plätze notwendig. Und in Sachen Personal sei etwa eine Image- und eine Ausbildungsoffensive nötig. Um die Debatte einer entsprechenden Bezahlung werde man nicht herumkommen.
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Mahrer erwartet „Gewinn für alle“
Der Ausbau der Kinderbetreuung sei ein „Gewinn für alle“. Für die Kinder, weil sie ein gutes Fundament für ihre Entwicklung erhalten, für die Eltern, weil sie tatsächliche Wahlfreiheit bekommen und für die Gesellschaft, weil mehr Arbeitskräfte zur Verfügung stehen werden, so Mahrers Argumentation. „Genauer können wir es nicht mehr vorrechnen“, betonte der WKÖ-Präsident. Es bedürfe „nicht einmal großer Anstrengung“, schließlich lägen „alle Bausteine am Tisch“.
Dass bis dato so wenig weiter gegangen sei, liegt für Mahrer an den unterschiedlichen finanziellen Interessen der Verwaltungsebene. Parteipolitische Debatte sei es jedenfalls keine, so Mahrer: „Am Ende des Tages ist es ein Streit ums Geld“. Es gebe zu viele, die andere Prioritäten hätten. Daher nahm er Bund, Länder und Gemeinden bei den aktuellen Finanzausgleichsverhandlungen in die Pflicht.