Kinderfahrradhersteller

84.000 Fahrräder zurückgerufen: Ist der Woom-Boom nun vorbei? [Update]

Das niederösterreichische Bike-Startup woom stellt Kinderfahrräder her © woom bikes
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Hinweis: Der Artikel wurde von der Redaktion am 31.10. aktualisiert. Die Stellungnahme von woom Bikes würde ergänzt.

Die Erfolgsgeschichte von woom Bikes könnte eventuell bald ein Ende nehmen. Nach Angaben der US-amerikanischen Consumer Product Safety Commission hat woom Bikes USA nämlich rund 84.000 Kinderfahrräder zurückgerufen, nachdem es zahlreiche Berichte über sich lösende Lenker und daraus resultierende Verletzungen gab. woom ergänzte gegenüber Trending Topics: „Rückruf“ sei so nicht ganz richtig, vielmehr handle es sich um einen Wartungshinweis. „Der Begriff ‚Rückruf‘ ist für Kund:innen etwas irreführend, da mit dem Wort ‚Rückruf‘ im allgemeinen Sprachgebrauch eher eine Aktion im Sinne von ‚Produkte werden physisch vom Markt genommen‘ assoziiert wird“, heißt es von woom. Rechtlich falle unter dem Terminus „Rückruf“ aber auch ein Wartungshinweis, „so wie wir ihn ausgesprochen haben“.

19 Verletzungen und 84.000 Kinderfahrräder mit eventuellem Mangel [Update]

In den letzten Jahren hat sich woom Bikes Schritt für Schritt zu einem der beliebtesten und erfolgreichsten Kinderfahrradhersteller Europas entwickelt – und das, obwohl die bunten Kinderräder mit 180 bis 500 Euro relativ hochpreisig sind. Die Woom-Räder sind zudem weltweit in 30 unterschiedlichen Ländern erhältlich und zählen insbesondere in Deutschland, Österreich und der Schweiz zu den Marktführern. Auch in den USA erfreut sich die Marke großer Beliebtheit. Kein Wunder, dass das Unternehmen Ende 2022 stolz von sich behaupten konnte, dass es in mit Kinderfahrrädern einen Umsatz von über 100 Millionen Euro erreicht hat.

Droht aber nun der große Downfall? Das Unternehmen hat nämlich gemäß einer Pressemitteilung der US-amerikanischen Consumer Product Safety Commission insgesamt 77 Meldungen erhalten, bei denen es um gelöste oder sich lösende Lenker an woom-Fahrrädern ging, was wiederum zu 19 Verletzungen geführt haben soll. Ganze 84.000 Kinderfahrräder wurden somit zurückgerufen. Der Rückruf betrifft dabei auch sämtliche Größen der woom Original-Modelle von 2018 bis 2021, die für Kinder im Alter zwischen 18 Monaten und 14 Jahren entwickelt wurden.  Die Bikes wurden zwischen September 2018 und März 2022 landesweit über woom.com, Amazon und in örtlichen Fahrradgeschäften verkauft. Weitere 533 Fahrräder wurden in Kanada verkauft.  „Verbraucher:innen sollten die Nutzung der zurückgerufenen Fahrräder einstellen und sich an woom Bikes USA wenden, um ein kostenloses Reparaturset zu erhalten“, heißt es in der Mitteilung.

Das Wording bedeutet aber eben keinen „klassischen“ Rückruf, vielmehr handle es sich um einen Wartungshinweis, den woom in Europa „freiwillig ausgesprochen“ habe. „Wir möchten mit unseren Kund*innen transparent und offen umgehen – auch bei Themen wie diesem“, heißt es vom Bike-Hersteller.

woom: Erinnerung an einen märchenhafter Aufstieg

Dabei klang die Erfolgsgeschichte fast schon wie ein Märchen, das man gerne hört. Wie es für eine inspirierende Gründungsgeschichte typisch ist, nahm die Reise in einer Garage ihren Anfang – jedoch nicht in den Weiten des Silicon Valley, sondern in Österreich: Im Jahr 2013 wurde woom von den radbegeisterten Vätern Marcus Ihlenfeld und Christian Bezdeka in einer Wiener Garage gegründet. Seitdem hat sich das Unternehmen zu einem international tätigen Unternehmen entwickelt, das in 30 Ländern präsent ist, darunter Österreich, Deutschland, die Schweiz, skandinavische Länder, Spanien, Frankreich, Italien, die USA und China.

Die Gründer, Christian, ein gelernter Biomedizintechniker und studierter Industriedesigner mit Erfahrung in der Fahrradbranche, sowie Marcus, der zuvor als Marketingmanager in der Automobilindustrie tätig war, begannen mit dem Ziel, Kinderfahrräder „optimal an die Bedürfnisse und Proportionen von Kindern anzupassen“. Christian entwickelte eigene Größentabellen, „da es im Internet zu wenig statistische Daten zur Anatomie von Kindern gab“. Bereits vor der Gründung von woom brachte Marcus über 200 Kindern das Fahrradfahren direkt vor der Garage bei. Dieser enge Kontakt zur Zielgruppe soll woom dabei geholfen haben, „Kinderfahrräder zu entwickeln, die auf die Bedürfnisse der jungen Radfahrer zugeschnitten sind“.

Im Jahr 2020, nachdem aus dem Startup ein Unternehmen mit einem Umsatz von 50 Millionen Euro geworden war, entschieden sich die Gründer für einen Schritt, den sie lange in Erwägung gezogen hatten. Sie holten erstmals Investor:innen an Bord, darunter etwa der Mitgründer von Runtastic, Florian Gschwandtner.

woom: Kritik an Produktionsstätten

Allerdings konnte die Kinderfahrradmarke nicht ganz ohne Kritik auskommen: Bis 2021 ließ woom Bikes einen Großteil ihrer Produktion in Südostasien durch taiwanesische Unternehmen durchführen. Das führte dazu, dass es starke Kritik an den Arbeitsbedingungen in den Produktionsstätten in Kambodscha gab, was nicht zu dem Image passte, da die Marke Familienfreundlichkeit vermitteln wollte.

Daraufhin kündigte Woom Bikes an, einen Großteil der Produktion nach Europa, insbesondere nach Polen, zu verlagern. Seit Januar 2021 erfolgt die Produktion von Woom Bikes für die europäischen Märkte in Polen, während für Asien und die USA weiterhin in Asien produziert wird. Trotz dieser Umstellungen blieb das Wachstum im letzten Jahr unbeeinträchtigt. 400.000 Fahrräder wurden verkauft.

Wachstum stagnierte schon länger

Im Jahr 2022 zogen sich Ihlenfeld und Bezdeka dann aus dem operativen Geschäft zurück und übernahmen strategischere Rollen. Nach dem Ausscheiden der beiden Gründer sollen nun die Großinvestor:innen bei Woom Bikes einen erheblichen Einfluss haben. Sie dürften herausfordernde Zeiten durchleben: Laut einem Welt-Bericht ist das Wachstum in diesem Jahr stagniert und das Unternehmen soll wieder in die Verlustzone geraten sein.

Rückmeldung von woom Österreich [Update]

Die woom GmbH aus Österreich hat Trending Topics kontaktiert und darauf hingewiesen, dass der in der Presseaussendung verwendete Begriff „Rückruf“ lediglich als „Wartungshinweis“ interpretiert werden sollte und sich der Vorbau „nur bei einigen wenigen Fällen“ gelockert haben soll.

„Insgesamt wissen wir weltweit von 147 Fällen, in denen sich der Vorbau gelockert hat. In 40 Fällen davon, hat sich der Vorbau gelöst, was zu Unfällen mit leichten Verletzungsfolgen geführt hat – das entspricht einem Prozentsatz von 0,01 % aller weltweit verkauften woom bikes. Betroffen vom Wartungshinweis sind die woom ORIGINAL Räder der Modelljahre mit Produktionsdatum von 2018 bis 2021 in den Größen 1, 1 PLUS, 2, 3, 4, 5, und 6. Es besteht ein geringes Risiko, dass sich der Vorbau lockert oder löst. Nicht betroffen sind woom ORIGINAL Räder der Modelljahre bis 2017 und nach 2021. Nicht betroffen sind außerdem die Modelle woom OFF, woom OFF AIR und woom NOW sowie woom UP“, so woom.

Woom informiert Trending Topics außerdem darüber, dass Kund:innen mithilfe des „Online-Vorbau-Checkers“ schnell feststellen können, ob das eigene Fahrrad betroffen sein könnte oder nicht. Bei positivem Ergebnis sollen Kund:innen das kostenlose woom ORIGINAL Vorbau-Wartungs-Set mit Werkzeugen und Anleitung bestellen können. Damit soll es möglich sein den Vorbau des woom Bikes selbstständig zu warten und es wieder fahrbereit zu machen. Zusätzlich hätten Kund:innen in Österreich und Deutschland die Möglichkeit erhalten, einen kostenlosen Vorbauservice bei teilnehmenden woom-Händler:innen in Anspruch zu nehmen.

woom bikes: Die Erfolgsstory des Kinderfahrrad-Scale-ups

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