Startup-Finanzierung: Branchenvertreter wünschen Einführung der Kleinen AG mit reduziertem Stammkapital
„Wir sind keine Hype-Gruppe mit vielen lustigen Events. Startups können mit ihren Geschäftsmodellen einen massiven Beitrag zur Transformation der Wirtschaft im Bereich Digitalisierung leisten. Daher ist deren Finanzierung essentiell“, sagt Werner Wutscher, Vorstandsmitglied der Austrian Angel Investors Association (aaia). Gemeinsam mit dem Verein AustrianStartups und der AVCO (Austrian Private Equity and Venture Capital Organisation) hat die aaia anlässlich der Neuwahlen und der zu erwartenden neuen Regierungskonstellation ein gemeinsames Forderungspapier erstellt.
„Wir haben unsere Forderungen zum Kapitalmarkt entlang des Lebenszyklus eines Unternehmens aufgebaut, weil wir der Meinung sind, dass es bei diesem Thema um einen ganzheitlichen Ansatz geht, der weit über die Business Angels hinausgeht“, sagt Wutscher. „Die Startup-Finanzierung ist eine Teilmenge der Unternehmensfinanzierung. Wir sehen in den KMU einen wichtigen Partner in dieser Diskussion: Es geht um die Stärkung der Eigenkapitalkultur und die Sicherstellung der Finanzierung des Mittelstandes in diesem Land. Dann werden auch Startups ausreichend Financiers finden.“
Neue Rechtsform für Neugründungen
Schwierige Mitarbeiterbeteiligung, hohe Stammeinlage, laufende Reporting-Pflichten und die Errichtung eines Aufsichtsrates – eine GmbH nach österreichischem Recht ist aufwendig und kostenintensiv. Nicht unbedingt das, was frühphasige Unternehmen unter großem Wachstumsdruck brauchen, meinen Branchenvertreter. Deswegen fordern aaia, AustrianStartups und AVCO gemeinsam die Einführung einer Kleinen AG nach Schweizer Vorbild.
„In Anlehnung an das Schweizer Modell der Kleinen AG, fordern wir die Einführung einer neuen Form von Kapitalgesellschaft mit einem reduzierten Stammkapital von 20.000 Euro“, heißt es in dem Forderungskatalog, der Trending Topics vorliegt. „Die neue Rechtsform darf nicht mit einer Aufsichtsratspflicht, der verpflichtenden Wirtschaftsprüfung und der Publikationspflicht in der Wiener Zeitung verbunden sein.“ Darüber hinaus wünscht man sich eine einheitliche Rechtsform in der gesamten EU, die den Ansprüchen von Startups gerecht wird.
Weitere Forderungen an die Politik
Das Forderungspapier zählt noch eine ganze Reihe weiterer Punkte auf, die sich teilweise auch im Visionspapier der AustrianStartups finden (Trending Topics berichtete). So wünscht sich die Branche, dass staatliche Förderungen zumindest zur Hälfte vorschüssig ausgezahlt werden, Förderbudgets sollen über mehrere Jahre vorab an die jeweiligen Förderstellen ausbezahlt werden, Business Angels für Investitionen in wachstums- und technologieorientierte Unternehmen steuerlich begünstigt werden und die Verrechnung von Substanzverlusten mit Substanzgewinnen aus Kapitalgeschäften uneingeschränkt möglich werden. Das soll insgesamt dafür sorgen, dass frühphasigen Firmen mehr Geld zur Verfügung steht bzw. sie einfacher an öffentliche und private Investitionen kommen.
Um Teil der rund 70 Milliarden Euro, die in rund 3.000 österreichischen Stiftungen liegen, einfacher locker zu machen, fordert die aaia außerdem Folgendes: Stiftungen, die zumindest 3 Prozent des verwalteten Vermögens in wachstums- und technologieorientierte Jungunternehmen oder Venture Fonds investieren, sollen steuerlich begünstigt werden. Und der letzte Wunsch: Österreichische KMU sollen in Form von Inhaberaktien das Einstiegssegment der Wiener Börse nutzen können.