„Abscheulich“: Adam Neumanns neue Firma Flow regt auf
Es war ein Debakel der Sonderklasse, als die Coworking-Kette WeWork 2019 ihren Börsengang absagte, die Bewertung implodierte und Mitgründer und CEO Adam Neumann mit 1,7 Milliarden US-Dollar im Gepäck das angeschlagene Unternehmen verließ. Vier Milliarden Dollar ist WeWork an der Börse (2020 folgte ein SPAC-Merger) heute noch wert, weit weg von den 47 Milliarden, die Großinvestor Softbank vor mehreren Jahren noch bezahlte.
Die Kontroverse um die Figur Neumann, der schon mal als manipulativer Blender und Ausbeuter beschrieben wird, wurde in einem Apple-Film unter dem Titel „WeCrashed“ bereits porträtiert. Während der 43-Jährige bei vielen geächtet wurde, steckt nun ausgerechnet der ebenfalls kontroverse VC Andreessen Horowitz satte 350 Millionen Dollar in Neumanns neuestes Unternehmen.
Es hört auf den Namen Flow und soll (wieder einmal?) die Immobilienbranche umkrempeln. Neumann hat eigenen Angaben zufolge bereits etwa 3.000 Appartments in Miami, Fort Lauderdale, Atlanta und Nashville gekauft und will diese in einem neuartigen Modell unter einer neuen Marke inklusive Services und Community-Angeboten vermieten. Ähnlich einem Franchise-Modell sollen Immobilienbesitzer:innen mit Flow zusammenarbeiten können. Was aber nun das Besondere – mal abseits von Neumann – an dem Modell sein soll, ist aktuell nicht zu erfahren. 2023 soll jedenfalls der Marktstart erfolgen.
WeWork: Nach Milliardenverlust sollen bis zu 6.000 Stellen abgebaut werden
„Menschen verarscht, Kleinanleger geprellt, Investoren hinters Licht geführt“
Dass Neumann drei Jahre nach dem WeWork-Debakel nun wieder mit Geld überschüttet wird, stößt so manchem bitter auf. Christian Miele zum Beispiel, seines Zeichens General Manager beim VC Headline sowie Vorstandsvorsitzender des deutschen Startup-Verband. Er bezeichnet das Investment in Neumanns neueste Unternehmung als „bedenklich bis abscheulich“.
„Gründer wie Neumann sind […] ein Grund dafür warum Unternehmerinnen und Unternehmer gesellschaftlich skeptisch beäugt werden – sein Vorgehen kreiert Chaos und Schaden. […] Neumann hat am Fließband Menschen verarscht, Kleinanleger geprellt, Mitarbeiter und Investoren hinters Licht geführt. Dass diese Charaktereigenschaften jetzt mit so einer Monsterrunde quittiert werden, stimmt mich mehr als nachdenklich“, schreibt Miele auf Linkedin. Viele bekannte VCs und CEOs im deutschsprachigen Raum pflichten ihm (wenn auch nicht so offensiv und in eigenen Worten) bei.
VCs wie Andreessen Horowitz hätten die Verantwortung, solche Typen nicht mit Geld (und damit viel Macht) auszustatten. Miele: „Neumann ist ein genialer Fundraiser und versteht es Investoren zu umgarnen. Fair enough. Aber er ist, zumindest wenn man den mannigfaltigen Portraits folgt, auch ein ausgewachsener Betrüger. Ihm erneut so eine Chance zu geben, halte ich daher für falsch.“
Mietwohnungen, aber anders?
Investor Marc Andressen hingegen bezeichnet Neumann als „visionären Leader“, der es schon einmal geschafft hätte, eine der größten Asset-Klassen der Welt zu revolutionieren. Nun gehe es darum, die „gesamte Wertschöpfungskette“ der Immobilienbranche zu disruptieren. Neumann solle die „Art und Weise, wie Gebäude gekauft und besessen werden“und wie der Wert unter den Beteiligten verteilt wird, neu gestalten. Mietwohnungen heute seien eine „seelenlose Erfahrung“, und das gelte es wettzumachen für eine Generation, die sich Wohneigentum nicht mehr leisten könne.
Nachdem Neumann einige Zeit nach dem WeWork-Debakel untergetaucht war, ist Flow nun bereits seine zweite neue Firma. Zuletzt fiel er auch durch Flowcarbon auf, wo er mit anderen CO2-Zertifikate auf der Blockchain handeln will (Trending Topics berichtete). Auch diese Firma ist Gegenstand der Linkedin-Diskussion – und wird von Sascha Pallenberg als „Buzzword-Bingo BS“ bezeichnet.
Flowcarbon: WeWork-Gründer will CO2-Zertifikate via Blockchain handeln lassen