Regionalität: Indoor Farmen in der Wüste sollen Abu Dhabi unabhängig machen
Die Arabischen Emirate sind reich an Erdölvorkommen, aber wenn es um landwirtschaftliche Produkte geht, sieht die Produktion schwach aus. 80 bis 90 Prozent der Lebensmittel müssen importiert werden – ein Umstand, der in Zeiten der Abschottung aufgrund der Corona-Pandemie problematisch ist.
Jetzt wollen die Emirate unabhängiger werden und die heimische Landwirtschaft ankurbeln. Das Problem: Die Bedingungen sind denkbar ungeeignet für fruchtbare Äcker. Also investiert die Region nun massiv in Innovationen. In einer ersten Tranche steckt Abu Dhabi rund 100 Millionen Dollar in gigantische Indoor Farmen. Darunter die nach eigenen Angaben weltweit erste kommerzielle Anlage, in der Tomaten ausschließlich in künstlichem Licht gezüchtet werden. Für diese Anlagen wird derzeit ein riesiger neuer Industriepark zwischen Abu Dhabi und Dubai errichtet.
Wassersparende Indoor-Tomaten
Mit dem Geld werden Jungunternehmen gefördert, die es ermöglichen, Obst und Gemüse unter komplett künstlichen Bedingungen zu ziehen. Die Tomaten-Zucht wird von dem arabischen Startup Madar Farms aufgebaut, setzt aber auf Technologie aus den Niederlanden. Gemeinsam mit Certhon hat Madar Farms ein System entwickelt, das vergleichsweise nachhaltig sei und beispielsweise um ein Drittel weniger Wasser benötige als andere High-Tech-Gewächshäuser für Tomaten. Rund 5.000 Quadratmeter groß wird die neue Indoor Farm in der arabischen Wüste – für’s erste, denn die Fläche, die Madar Farms gemietet hat, ist wesentlich größer. Schon nächstes Jahr sollen dort die ersten Tomaten geerntet werden.
8.000 Quadratmeter Farmland mit mehreren Geschoßen
Das US-Startup Aerofarms hat angekündigt, mit dem Investment ein großes Forschungszentrum in dem Technologiepark zu errichten. Mit mehr als 8.000 Quadratmeter wird es eine der weltweit größten vertikalen Farmen sein. Mehr als 60 Forscher und Techniker sollen dort an der Optimierung von Indoor-Farmen arbeiten. Naben Automatisierung und den idealen Bedingungen, geht es auch darum, spezielle Samen für diese Bedingungen zu züchten. „AeroFarms is proud to play a pivotal role to helping establish the Emirate of Abu Dhabi as a global hub for AgTech innovation“, sagt CEO David Rosenberg. Das Startup sei stolz darauf, Teil des Plans zu sein, Abu Dhabi zu einem der wichtigsten Zentren für Agrar-Innovationen der Welt zu machen. Dafür plant das Emirat weitere Investitionen – diese erste Tranche der 100 Millionen Dollar sind Teil eines 272-Millionen-Dollar-Programms.
Ein anderes US-Startup, das es in das Programm von Abu Dhabi geschafft hat, ist RDI, kurz für Responsive Drip Irrigation. RDI hat einen anderen Ansatz: Anstatt den Anbau von Gemüse in Innenräume zu verlegen und dort unter streng kontrollierten Bedingungen zu züchten, verwandelt das Jungunternehmen sandigen Grund in fruchtbaren Boden. Das soll mit einem besonders effizienten Bewässerungssystem gelingen, das auf Basis von Wurzelsäften erkennt, was genau Pflanzen zu welchem Zeitpunkt brauchen. Wasser und Nährstoffe werden dann über ein Schlauchsystem mit Mikroporen direkt zu den Wurzeln geleitet, die ein entsprechendes Signal ausgesendet haben und zwar in einer Geschwindigkeit, in der die Wurzeln die Flüssigkeit auch absorbieren können. Ergänzt wird RDI durch RNZ, ein Startup aus Dubai, das Düngemittel entwickelt, mit denen Ressourcen-effizienter angebaut werden kann.
Frischer Salat aus der Wüste für Fluggäste
Das neue Indoor-Farming-Projekt ist nicht das erste seiner Art in den Arabischen Emiraten. Vor rund zwei Jahren hat die Fluggesellschaft Emirates das US-Startup Crop One damit beauftragt, eine mehr als 10.000 Quadratmeter große „Vertical Farm“ in Dubai zu errichten, mit der Fluggäste mit frischem Salat und Gemüse versorgt werden sollen. Die Fertigstellung war für Ende 2019 geplant – angesichts der Coronavirus-Krise wird es aber wohl noch ein wenig dauern, bis in Flughöhe Salat verzehrt wird, der in der Wüste angebaut wurde.
+++ Das deutsche Startup Infarm baut Gemüse direkt im Supermarkt an +++