Agro Innovation Lab

AgTech: Warum Startups Landwirte mit Drohnen, Mehlwürmern und Kuh-Sensoren versorgen wollen

Reinhard Bauer, Geschäftsführer des Agro Innovation Lab. © Wolfography
Reinhard Bauer, Geschäftsführer des Agro Innovation Lab. © Wolfography
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Mehlwürmer-Farmen, Drohnen über den Feldern und Sensoren in den Mägen von Kühen: Die Landwirtschaft der Zukunft hat wenig mit dem zu tun, wie man sich noch heute einen typischen Bauernhof vorstellt – zumindest, wenn es nach Startups geht. Beim Agro Innovation Lab (AIL), einem Joint Venture der RWA Raiffeisen Ware Austria AG und der BayWa AG, arbeiteten junge Unternehmen aus der ganzen Welt an Innovationen im Agrikultur-Bereich.

„Wir haben die Zeit intensiv genutzt, um mit den Startups unter anderem Pilotversuche zu starten, Produkte zur Serienreife zu bringen, Businesspläne zu entwickeln, detaillierte Marktanalysen zu erstellen oder Kooperationsvereinbarungen mit wichtigen strategischen Partnern zu treffen“, sagte AIL-Geschäftsführer Reinhard Bauer im Rahmen des Demo Days, bei dem am Donnerstag Abend in Wien sechs Startups vor rund 300 geladenen Gästen pitchten.

Kooperationen gehen vor Investments

Das Ziel des Accelerator-Programms, das zum zweiten Mal stattfand, sind vor allem Kooperationen mit Startups. Sowohl RWA als auch BayWa können den Jungunternehmern ihre Kunden zugänglich machen. Die rund 90 Lagerhaus-Genossenschaften in Österreich (ihnen gehören zusammen 50 Prozent der RWA) kaufen agrarische Erzeugnisse an, lagern diese und vermarktet sie für die Bauern, außerdem bekommen Landwirte in den Lagerhäusern von Saatgut über Betriebsmittel bis hin zum Futtermittel vieles, das sie für ihren Betrieb brauchen. Warum also über die Lagerhäuser nicht auch digitale Services oder neuartige Agrarprodukte anbieten?

Investments hat die RWA aber auch schon getätigt. Gemeinsam mit der BayWa hat man sich kürzlich etwa am italienischen Startup Evja zu jeweils 2,5 Prozent beteiligt. Evja, das sich auf Sensoren für Anbauflächen spezialisiert hat, war eines der besten vier Jungunternehmen aus dem ersten AIL-Batch von 2016. In den zweiten Batch 2017 wurden sechs Startups, die sich unter 265 Bewerbungen aus 61 Ländern durchsetzten, aufgenommen:

Livin Farms: Mehlwurm-Farmen für den Landwirt

Das Startup Livin Farms der beiden Österreicherinnen Katharina Unger und Julia Kaisinger ist Trending Topics-Lesern bereits bekannt. Sie verkaufen Mehlwurm-Farmen für zu Hause, damit sich Nutzer selbst eine Protein-Alternative züchten können. Jetzt geht man im Zuge des AIL-Accelerators aber stark in Richtung B2B. Geplant ist, Landwirten Mehlwurm-Farmen in Container-Größe anzubieten. Die Erzeugnisse will man den Bauern dann abkaufen und als Lebensmittel auf den Markt bringen. Durch die neue EU-Richtlinie zu „Novel Foods“ besteht seit Anfang 2018 auch die Möglichkeit, Insekten einfach EU-weit als Nahrungsmittel zulassen zu können. Bei AIL wurden eine Pilotanlage konzipiert und erste interessierte Landwirte gefunden.

Julia Kaisinger und Katharina Unger von Livin Farms. © Wolfography
Julia Kaisinger und Katharina Unger von Livin Farms. © Wolfography

FarmHedge: Marktplatz für Bauern

Das irische Startup FarmHedge will Landwirten einen Online-Marktplatz bieten, über den sie einfach ihre agrarischen Erzeugnisse handeln können. Funktionen wie die einfache Vergabe von Mengenrabatten oder das Targeting spezieller Zielgruppen (z.B. nur Milchbauern im Umkreis) sollen die Nutzung attraktiv machen. Als Vermittler will sich die Firma über kleine Transaktionsgebühren finanzieren. Die Online-Plattform zur Bildung von Ein- und Verkaufsgemeinschaften von FarmHedge wird voraussichtlich noch im Laufe des heurigen Jahres österreichischen Landwirten zur Verfügung stehen.

DroneClouds: Drohnen über den Feldern

Das südafrikanische Startup DroneClouds will Landwirte ihre Felder mit Hilfe von Drohnen- und Satellitenbildern analysieren lassen – etwa in punkto Wasserbedarf, Reife und Gesundheitszustand der Pflanzen. In Südafrika hat die Firma mit rund 450 Farmen bereits zusammengearbeitet. Gemeinsam mit PayWa will man den service, der ab rund 300 Euro verfügbar ist, jetzt in anderen afrikanischen Ländern anbieten. Der nächste Coup könnte eine Kooperation mit der Europäischen Weltraumbehörde ESA sein. Von dort sollen hochauflösende, metergenaue und aktuelle Satellitenbilder bezogen werden.

Livestock Technologies: Sonden im Kuhmagen

Livestock Technologies aus Südkorea (LTS) ist bereits seit 2012 am Markt und verkauft Sensor-Sonden, die im Pansen von Kühen Daten über den Gesundheitszustand der Tiere erfassen. 20.000 der Hightech-Kapseln wurden bis dato verkauft. In Europa hofft die Firma auf einen neuen Markt, immerhin gibt es hier rund 88 Millionen Kühe. Allerdings muss der Preis der Sensor-Kapsel (bis dato rund 100 Euro) für den europäischen Markt noch ein wenig reduziert werden. Kuhbauern sollen von den erfassten Daten profitieren, weil sie so schneller Krankheiten erkennen oder den Abkalbungszeitpunkt besser vorhersagen können.

Batch 2 des Agro Innovation Lab. © Wolfography
Batch 2 des Agro Innovation Lab. © Wolfography

BartsParts: Das Ersatzteillager im Netz

BartsParts.nl hat einen Online-Marktplatz für Ersatzteile gestartet, die Landwirte für ihre Maschinen benötigen. Rund 250.000 Ersatzteile finden sich aktuell auf der Webseite. Diese kaufen die Gründer aus Restbeständen (Ladenhüter) zusammen und bieten sie gebündelt auf einer Plattform an.

Agrar2b: Das „Facebook“ für Landwirte

Agrar2b aus Deutschland sieht sich nicht wie viele andere als Marktplatz, sondern als Kommunikations-Dienst. Landwirte sollen mit dem SaaS-Tool (Premium für 10 Euro/Monat) Handels-Communities aufbauen können, um ihre Produkte online zu traden. Neben der Nutzungsgebühr gibt es auch eine Provisionsgebühr von 0,25 Prozent bei erfolgreichen Verkäufen.

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