AI-Fabriken sollen EU-Startups Zugang zu Supercomputern geben
OpenAI und Microsoft sowie einige weitere US-Startups dominieren die Szenerie, während sich aufstrebende europäische Startups wie Mistral AI oder Aleph Alpha vor der kommenden EU-Regulierung des AI Act fürchten: Die Debatte rund um ein weiteres Zurückfallen der EU in Sachen Künstliche Intelligenz hinter die USA und China ist im vollen Gange. In dieser Situation lässt die EU-Kommission nun mit einem neuen Plan aufhorchen: Sie möchte im Rahmen eines neuen Maßnahmenpakets „AI-Fabriken“ aufbauen, um Startups und KMU bei der Entwicklung einer vertrauenswürdigen künstlichen Intelligenz zu unterstützen.
Wie das gehen soll? Vor allem durch die Änderung der EuroHPC-Verordnung. Diese stammt aus dem Jahr 2021 und hatte zum Ziel, High Performance Computing-Kapazitäten (kurz HPC) in der EU aufzubauen. Nun will die EU-Kommission durch eine Reform dieser Verordnung den Zugang zu diesen KI-spezifischen Supercomputern für „eine große Zahl öffentlicher und privater Nutzer:innen, einschließlich Startup-Unternehmen und KMU“ erleichtern. Außerdem soll es eine zentralen Anlaufstelle für Startups und Innovatoren geben, an die sie sich wenden können, sollten sie Zugang zu diesen Supercomputern wünschen.
Was kann man sich unter diesen AI-Fabriken genau vorstellen? „Heute kündigten wir die Einführung von KI-Fabriken an, in denen die „Rohstoffe“ für KI zusammengeführt werden: Rechenleistung, Daten, Algorithmen und Talente. Sie werden als zentrale Anlaufstelle für europäische KI-Startups dienen und es ihnen ermöglichen, die fortschrittlichsten KI-Modelle und industriellen Anwendungen zu entwickeln. Wir machen Europa zum weltweit besten Ort für vertrauenswürdige KI“, meint EU-Kommissar Thierry Breton, zuständig für den Binnenmarkt. KMU und Startup-Unternehmen sollen „einen privilegierten Zugang zum Netz europäischer Supercomputer“ bekommen, heißt es auch seitens Margrethe Vestager, Exekutiv-Vizepräsidentin der EU-Kommission.
Was der AI Act für Startups, die mit GPT-4 und Co arbeiten, bedeutet
4 Milliarden Euro Investitionen sollen mobilisiert werden
Klar ist ihnen aber auch, dass es auch nicht ohne frische Geldmittel gehen wird. Deswegen werden die AI-Fabriken durch zusätzliche finanzielle Unterstützung im Rahmen von Horizont Europe und dem Programm „Digitales Europa“ für generative KI flankiert. „Dieses Paket wird bis 2027 zusätzliche öffentliche und private Investitionen in Höhe von insgesamt rund 4 Mrd. Euro generieren“, heißt es seitens EU-Kommission. Das mag nach viel Geld klingen, aber im Vergleich zu den finanziellen Mitteln, die alleine OpenAI (+10 Mrd. Dollar) zur Verfügung stellen, dann doch gar nicht so viel; vor allem deswegen weil diese Investitionen sich wohl auf dutzende oder sogar hunderte Firmen verteilen werden. Weiteres Risikokapital für Startups soll auch durch das EIC-Accelerator-Programm und das Programms InvestEU mobilisiert werden.
Um eine Vorstellung zu bekommen, wie diese europäischen Supercomputer aussehen: LUMI im finnischen Kajaani, der von HP und dem dortigen IT Center for Science (CSC) gebaut bzw. betrieben wird, schafft in der Spitze 539 Petaflops. Zum Vergleich: Der Supercomputer von Meta Platforms, der seit 2022 gemeinsam mit Chip-Riese Nvidia unter dem Projektnamen AI Research SuperCluster (RSC) zum Training von neuen AI-Modellen aufgebaut wird, schafft in der Spitze 1.895 Petaflops. Das finnische AI-Startup Silo AI hat bereits Zugang zu LUMI, und das Ziel, das größte Open-Source-Sprachmodell der Welt zu entwerfen, zu schaffen.
Diese FLOPs (Floating Point Operations) sind übrigens auch rechtlich relevant. Denn im AI Act ist vorgesehen, dass für die Einstufung als „systemisches Risiko“ die Rechenleistung ist, die zum Training der AI-Modelle zum Einsatz kam. Sie wird in so genannten FLOPs bemessen. Alles, was über 10^25 FLOPs liegt, kann als „systemisches Risiko“ angesehen werden. 10^25 FLOPs sind bereits im Yottaflops-Bereich, also Potenzen über dem Petaflops-Niveau.
Noch ist die Initiative der EU-Kommission nicht durch. Das Europäische Parlament und der Rat werden nun die von der Kommission vorgeschlagenen Änderungen der EuroHPC-Verordnung prüfen und müssen sie nicht abnicken.
AI Act: The Good, the Bad & The Ugly – mit AI-Anwältin Jeannette Gorzala