Akkus für Elektroautos: Wird Lithium das neue Öl?
Eine schneeweiße Ebene und darüber blitzblauer Himmel: Die Salzwüste Salar de Uyuni in Bolivien ist spektakulärer Touristen-Magnet und die größte ihrer Art. Doch nicht nur für Touristen ist sie Anziehungspunkt: Sie ist Teil des so genannten Lithium-Dreiecks, das sich über Chile, Bolivien und Argentinien streckt. Wie der Name schon sagt: Das Element Lithium, wichtiger Bestandteil von Akkus, findet sich hier in der höchsten Konzentration weltweit. Rund 70 Prozent der natürlichen Vorkommen sollen in den ausgetrockneten Salzseen des Dreiecks lagern. Eine Gegend mit großer Zukunft also, immerhin kommt hier der Rohstoff her, der künftig viele Elektroautos das Fahren ermöglicht.
Die Nachfrage nach Lithium ist im letzten Jahr explodiert, der Preis für das Material hat sich mehr als verdoppelt. Tesla allein will bis 2020 rund 500.000 Elektroautos bauen und bräuchte dafür Expertenschätzungen zufolge rund 24.000 Tonnen reines Lithium. Das ist enorm viel, schließlich wurden 2016 „nur“ 40.000 Tonnen produziert. Ankündigungen von Staaten wie England, Frankreich oder China, den Verbrennungsmotor von ihren Straßen verbannen zu wollen, werden die Nachfrage weiter steigen lassen. Bis 2025 soll der weltweite Bedarf auf 500.000 Tonnen steigen.
Die Autobauer reagieren längst: Kaum eine Woche vergeht, in der nicht zumindest ein Hersteller den Umstieg oder zumindest den Ausbau ihres E-Auto-Angebots verkünden. Zuletzt VW: Der Volkswagen-Konzern will bis 2030 sämtliche seiner 300 Modelle auch in einer Elektrovariante anbieten. Andere Hersteller wie Volvo und Jaguar haben ähnliche Ankündigungen bereits gemacht.
Dreieck mit Zukunft
Die steigende Nachfrage treibt nicht nur den Preis (12.000 bis 14.000 Euro kostet eine Tonne Lithiumkarbonat mittlerweile, vor einem Jahr waren es noch 6.000 Euro), sondern auch die Aktienkurse von Förderern und Verarbeitern – etwa von Marktführer Albemarle oder der Sociedad Quimica y Minera de Chile (SQM). Bei Analysten gilt Lithium mittlerweile als „das neue Öl“, als Schlüsselrohstoff der elektrisch angetriebenen Mobilitäts-Zukunft.
Auch europäische Firmen drängen deswegen ins „Lithium Triangle“. Das deutsche Unternehmen K-UTEC AG Salt Technologies will ab 2018 jährlich 30.000 Tonnen Lithiumkarbonat in Bolivien produzieren. Auch in anderen Ländern mit großen Vorkommen wird die Lithium-Produktion angekurbelt – etwa in Chile, Australien oder China. Umweltbedenken gibt es wegen dem Ausbau der Förderung auch. „Die Lithiumgewinnung im Salar de Atacama wirkt sich direkt auf die Wasserreserven aus“, heißt es seitens der Umweltschutzorganisation Global 2000. „Folglich sind Wiesen und Feuchtgebiete vom Austrocknen bedroht,
was eine direkte Gefahr für fragile Lebensräume, nistende Vogelarten und ursprüngliches Weideland darstellt.“
Mit dem künftigen Boom der Elektroautos (mehr dazu hier) könnten sich die Machtverhältnisse nicht nur weg von ölreichen hin zu Lithium-reichen Ländern verschieben. Der von vielen Beobachtern vorausgesagte „Tod des Verbrennungsmotors“ könnte auch die Automibilindustrie selbst durcheinander wirbeln.
Machtverschiebung unter der Motorhaube
2016 wurden weltweit nur 750.000 Elektroautos verkauft, das ist lediglich 1 Prozent des gesamten Absatzes. Je nachdem, wen man fragt, wird dieser Absatz aber stark steigen. Bloomberg rechnet bis 2040 mit mehr als 500 Millionen Elektroautos, die OPEC mit mehr als 250 Millionen, Exxon Mobile mit immerhin 100 Millionen Stück. Derzeit haben bei der Produktion von Lithium-Ionen-Batterien US-amerikanische, japanische, chinesische und südkoreanische Konzerne die Nase vorne. Teslas Gigafactory ist das größte Gebäude der Welt und soll, wenn einmal im Vollbetrieb, 100 Gigawattstunden an Batterieleistung pro Jahr ausspucken.
Top 5 Produzenten | Gigawattstunden 2017 | Gigawattstunden 2020 |
Panasonic/Tesla (JPN/USA) | 12 | 51 |
CATL (CHN) | 2 | 45 |
BYD (CHN) | 10 | 24 |
LG Chem (KOR) | 12 | 18 |
Samsung SDI (KOR) | 9 | 17 |
Quelle: Cairn ERA/US Department of Energy/The Economist
Die von Diesel-Gate gebeutelte deutsche Automobilindustrie muss reagieren: Die Daimler-Tochter Deutsche Accumotive soll künftig die Akkus für Mercedes-Benz und Smart bauen, und VW plant eine eigene Batterie-Fabrik, um seine Automarken mit den Motoren der Zukunft ausstatten zu können und nicht bei asiatischen Konkurrenten einkaufen zu müssen. 50 Milliarden Euro lässt der Konzern für seine Batterie-Strategie springen (Trending Topics berichtete).