Ant Financial: Chinesisches Fintech plant größten IPO des Jahres
„Customers first, Employers second, Shareholders third.“ Die oberste Regel in der Firmenkultur des chinesischen Fintech-Riesen Ant Financial Services Group könnte 2020 etwas aus dem Gleichgewicht geraten. Denn dieses Jahr geht es um das Unternehmen aus Hangzhou in China darum, an die Börse zu gehen und möglicherweise den größten IPO des Jahres zu schaffen. Und da sind die aktuellen und künftigen Shareholder eine Priorität.
Ant Financial Services Group, das ist eine von Alibaba abgespaltene Firma, die früher Alipay hieß. Ja genau, Alipay, eine von zwei chinesischen Payment-Apps (neben WeChat), die es geschafft hat, mehr als eine Milliarde Nutzer von seinen Diensten zu überzeugen. Ant Financial gilt auch als das wertvollste private Fintech-Unternehmen, der Wert der Firma wird auf bis zu 200 Milliarden Dollar geschätzt. Spekuliert wird, dass Ant Financial fünf bis zehn Prozent der Anteile an die Börse bringen könnte und so 10 bis 20 Milliarden Dollar beim IPO einnehmen könnte.
Mehr als bloß Alipay
Den bisherigen IPO-Rekord 2020 hält der chinesische Online-Händler JD.com mit etwa 3,9 Milliarden Dollar – für Ant Financial wäre das leicht zu schlagen. Und würde sogar an die größten Börsengänge aller Zeiten herankommen. Der Ölriese Saudi-Aramco nahm 2019 bei seinem IPO 25,6 Milliarden Dollar ein, Alibaba (also die Mutter von Ant Financial) holte 25,03 Mrd. Dollar im Jahr 2014. Bloomberg-Berichten zufolge ist eine doppelte Börsennotierung in Hongkong als auch in Shanghai geplant, begleiten sollen den IPO die chinesische Investmentbank China International Capital sowie die US-Großbanken Citigroup, JP Morgan und Morgan Stanley.
2014 war dann auch das Jahr, in der der Bezahl-Dienst Alipay in die Selbstständigkeit entlassen wurde und von Alibaba vor dem Börsengang abgespalten wurde. Seither heißt das Unternehmen, das noch zu 33 Prozent Alibaba gehört, eben Ant Financial. Denn das Unternehmen bietet nicht nur Alipay an, sondern ist noch in viele weitere Bereiche vorgedrungen:
- Ant Fortune: Digitale Vermögensverwaltung
- MYbank: Online-Bank
- Zhima Credit: Digitale Kreditdienstleistungen
- Ant Financial Cloud: Cloud-Services für Finanzunternehmen
Auf Augenhöhe mit PayPal
Und: Ant Financial ist nicht auf China beschränkt. Durch unterschiedlichste Partnerschaften hat das Unternehmen seine Fühler in viele andere Märkte ausgestreckt, unter anderem auch in der EU. Wie berichtet wurden mit den Fintechs Bluecode (Österreich/Schweiz), Momo Pocket (Spanien), Pagaqui (Portugal), Vipps (Norwegen), ePassi und Pivo (Finnland) Partnerschaften geschlossen. Gemeinsam soll ein einheitliches QR-Code-Format etabliert werden, um bei Mobile Payment eine Alternative zu Google und Apple zu schaffen (Trending Topics berichtete).
Die Finanzzahlen von Ant Financial können sich sehen lassen. Reuters zufolge machte Ant 2019 einen Umsatz von umgerechnet 17 Milliarden Dollar und einen Nettogewinn von etwa 2,4 Milliarden Dollar. Zum Vergleich: PayPal aus den USA setzte 2019 etwa 17,7 Milliarden Dollar um und wies einen Jahresüberschuss von 2,46 Milliarden Dollar aus. Der Börsenwert von PayPal liegt derzeit bei etwa 210 Milliarden Dollar. Insofern kann man damit rechnen, dass Ant Financial in die gleiche Liga vorstoßen wird.