„Fundraising noch schwieriger als erwartet“: Anyline muss 20% der Jobs kürzen
Die Fundraising-Probleme, über die immer wieder berichtet werden, kommen jetzt auch in Österreichs Scale-up-Welt an. Gab es 2022 bereits Layoffs bei Bitpanda, GoStudent oder Adverity und zuletzt bei Runtastic, muss nun auch das Wiener Tech-Unternehmen Anyline die Notbremse ziehen. Wie CEO und Mitgründer Lukas Kinigadner Trending Topics berichtet, muss die auf Optical Character Recognition (OCR) spezialisierte Firma 20 Prozent der Belegschaft gehen lassen. Das betrifft 25 Personen.
„Dies ist eine sehr schmerzhafte Entscheidung. Eine der schwierigsten, die ich je getroffen habe, und eine, von der ich gehofft habe, sie nie treffen zu müssen. Aber nach langen Jahren des Wachstums – inklusive Teamwachstums – sind wir heute in einer Situation, in der erstmals eine Verkleinerung bei Anyline notwendig ist. Für das gesamte Team ist dies eine schwierige Zeit. Ich bin jedoch überzeugt, dass diese Entscheidung zum heutigen Zeitpunkt die richtige ist, um langfristig gemeinsam erfolgreich sein zu können“, so Kinigadner.
Er geht davon aus, dass anders als von vielen erwartet, die Fundraising-Situation erst wieder 2024 gut werden wird, also doch später als oft diskutiert. „Trotz positiver Marktprognosen Ende des Jahres 2022 sind die makroökonomischen Rahmenbedingungen noch immer schwierig – und eine Verbesserung des Marktes wird erst zu einem späteren Zeitpunkt eintreten. Außerdem zeigen prominente Fälle wie die Übernahme der Credit Suisse oder die Insolvenz der Silicon Valley Bank, dass im kommenden Jahr Fundraising für Unternehmen noch schwieriger sein wird als erwartet“, heißt es seitens Anyline.
Profitabilität in 12 Monaten angestrebt
Bei Anyline will man deswegen nicht von der nächsten Finanzierungsrunde abhängig sein, sondern das Unternehmen mit Millionenumsätzen nun in den nächsten zwölf Monaten in ein „Cashflow-Positiv-Szenario“ drehen. „Unsere neue Strategie fokussiert noch stärker auf die Kerngeschäfte von Anyline in den Segmenten Automotive Aftermarket sowie Energy & Utilities“, heißt es dazu weiter.
„Das bedeutet leider, dass wir nicht alle Mitarbeiter:innen auf diesem Weg mitnehmen können und dass Einsparungen in unserer Belegschaft unausweichlich sind. In den nächsten Wochen werden unsere Teams daher um 20 Prozent verkleinert. Anyline hat auf die makroökonomischen Veränderungen schnell reagiert. Dadurch müssen wir zu weit weniger drastischen Maßnahmen greifen, als sie derzeit in unserem Tech-Umfeld zu beobachten sind“, so Kinigadner weiter. Man werde die betroffenen Mitarbeiter:innen mit Job Coaching und Mental Support durch Expert:innen unterstützen.
Mit einem Schnitt von 20% bei Stellenkürzungen liegt Anyline in etwa dort, wo auch viele andere Tech-Unternehmen bei den Kürzungen angesetzt haben. Seit Anfang 2023 wurden im Tech-Sektor weltweit mehr als 150.000 Menschen gekündigt. Die größten Layoffs gabe es bei Alphabet, Meta, Microsoft und Amazon, die jeweils zwischen 10.000 und 20.000 Mitarbeiter:innen vor die Türe setzten. 2022 waren es bereits 160.000 Arbeitsplätze, die abgebaut wurden.
GoStudent: Verkalkuliert mit der „krisenresistenten Industrie“