App Store Optimization: Wer bei Apple und Google seine App abheben lassen will, muss Geld in die Hand nehmen
Wie viele Apps lädt der typische US-amerikanische Smartphone-Nutzer pro Monat? Wahrscheinlich falsch geraten: Es sind null. Rund 65 Prozent, das zeigt eine Analyse des Marktforschers comScore, laden sich nie neue Apps aufs Gerät, Tendenz weiter steigend. „Der App-Boom ist zu Ende“, schreiben US-Medien im Zuge der Veröffentlichung der neuesten Zahlen von Sensor Tower, einem Unternehmen, das auf App-Store-Analysen spezialisiert ist. Lediglich Snapchat, Uber, Netflix, Pinterest und Instagram konnten im Mai 2016 mehr Apps an die Nutzer bringen als im Vergleichszeitraum des Vorjahres, insgesamt stagniert der Markt weltweit. „App-Fatigue“, also App-Müdigkeit wird die Entwicklung in der Branche bereits genannt.
Harte Zeiten also für all jene Firmen, die es mit ihren mobilen Angeboten auf die Homescreens der Nutzer schaffen wollen. Ein zusätzliches Erschwernis: In den App-Shops von Google, Apple, Amazon und BlackBerry gibt es weltweit insgesamt rund 5,5 Millionen Apps – also ein Überangebot an Software, in dem man sich durchsetzen muss. Bezahlte Anzeigen in den Suchergebnissen spielen dabei zukünftig eine immer wichtigere Rolle.
Werbung für Apps
„Die zuletzt von Apple angekündigten Search Ads werden auf den Suchanfragen der Nutzer basieren. Dabei zeigt die Suche die jeweils beworbenen Apps über der tatsächlichen Ergebnisliste an“, sagt Stefan Eipeltauer, der gemeinsam mit Michael Dorn den App-Analyse-Dienst Applyzer gegründet hat. Der iPhone-Konzern will Marketern künftig die Möglichkeit geben, ihre Apps in den Suchergebnissen des App Stores zu bewerben, in einigen Wochen soll dazu die Testphase starten. Sucht ein Nutzer etwa nach Fashion, kann man dann dafür sorgen, dass eine Mode-App ganz oben in den Suchtreffern präsentiert wird, erst danach kommen die herkömmlichen organischen Suchergebnisse – also ganz so, wie Werbung beim Konkurrenten Google schon länger funktioniert. „Google bietet die Möglichkeit der Bewerbung von Apps innerhalb von Google Play bei entsprechenden Keywords schon länger als Nebenprodukt mit an. Abgerechnet wird auf Erfolgsbasis – sprich pro Install“, sagt Thomas Kriebernegg, CEO und Mitgründer der Grazer Firma appers, die sich auf so genannte App Store Optimization (ASO) spezialisiert hat.
Wer in den App Stores von Google und Apple Werbung schaltet, zahlt nach unterschiedlichen Modellen. Bei Apples kommender Werbemöglichkeit gibt es „Cost Per Tap“ (CPT, der Nutzer tippt auf die Anzeige) oder „Cost Per Acquisition“ (CPA, der Nutzer installiert die beworbene App). Bei Google wird nach „Cost per Install“ (CPI) abgerechnet, der Werber definiert dabei, wie viel er pro Installation maximal zahlen möchte. Wer über die Werbemöglichkeiten viele App-Nutzer dazugewinnen will, der wird jedenfalls einiges an Budget lockermachen müssen.
Die Optimierer
Es müssen aber nicht immer bezahlte Anzeigen sein, die Apps in den Rankings nach oben helfen. appers aus Graz hat sich auf die bereits erwähnte App-Store-Optimierung spezialisiert und unter anderem internationale Kunden wie die Dating-App Tinder oder den Onlinehändler Zalando gewinnen können. „Das Ziel hinter App Store Optimization ist es, dass eine App auf für sie relevante Keywords gefunden wird, um so Nutzer anzusprechen, die genau auf der Suche nach einer App für einen speziellen Use Case waren“, sagt Thomas Kriebernegg von appers. Bei einer neuen App müsse man Suchwortkombinationen finden, die zum einen ein Suchvolumen haben und zum anderen nicht vom Mitbewerb dominiert werden. „Wenn die App Fahrt aufnimmt, ist es wichtig, in zyklischen Abständen die Grundplatzierung neu zu evaluieren und einen entsprechend neuen Keyword-Fokus zu setzen, da man nun höhere Chancen hat, auf lukrativere Keywords zu ranken“, so Kriebernegg.
Bei appers lässt man sich für diese Keyword-Optimierung bezahlen, je nach Umfang kostet das zwischen 250 und 500 Euro pro Monat. „Da es sich bei App-Unternehmen jedoch auch großteils um kleinere Unternehmen handelt, die nicht die personellen Ressourcen haben, um einen Mitarbeiter intern für dieses Thema abzustellen, bieten wir jedoch auch Beratungspakete an, die je nach Umfang bei etwa 2.000 Euro starten“, so der appers-Mitgründer.
Mit der Optimierung der Suchwörter ist es laut Stefan Eipeltauer von Applyzer aber nicht getan. „App Store Optimization ist das Zusammenspiel von einer Reihe von Faktoren, die eine App als in sich schlüssiges Produkt wahrnehmbar machen. Dies beginnt natürlich beim App-Icon, der Formulierung von Texten und der Darstellung von Videos und Bildern im App-Store-Eintrag.“ Auch regelmäßige Updates, positive Bewertungen der Nutzer oder eine lange und wiederholte Nutzung einer App würden in die Chancen auf eine gute Positionierung in den App Stores mit einfließen. Wie oft in der Werbung gilt auch hier: Wer ein schlechtes Produkt massiv mit Werbebudgets befeuert, hat deswegen am Ende nicht die zufriedeneren Kunden.
Braucht man noch Apps?
Eine große Frage, die 2016 aufgekommen ist: Soll man überhaupt noch eine App anbieten und bewerben, wenn sich der Markt in Richtung Chatbots dreht? Nach Facebook setzt jetzt auch Apple auf intelligente Software, die mit den Nutzern via Messaging-Apps (Messenger und WhatsApp beziehungsweise iMessage) chatten können sollen. Facebook-Chef Mark Zuckerberg etwa ist der Meinung, dass Nutzer bald keine Apps mehr installieren und stattdessen auf Chatbots vertrauen.
Doch nicht jeder ist Zuckerbergs Meinung. „Dass Bots in naher Zukunft Apps ersetzen werden, halten wir für eher unwahrscheinlich, da es unzählige Use Cases gibt, die nicht sinnvoll durch einen Bot abgelöst werden können, etwa in den Bereichen Gaming, Foto, Lifestyle oder Fitness“, sagt Kriebernegg von appers. „Bots sind kein neues Phänomen und werden schon seit Jahrzehnten, etwa in Mainframe-Computern, eingesetzt. Sie werden Apps nicht ersetzen, sondern ergänzen“, sagt Eipeltauer von Applyzer.