Apple-Mitgründer Steve Wozniak: “Wäre nett, wenn man von Facebook Geld für seine Daten bekommt”
„Ihr müsst brüllen, damit er rauskommt.“ Und das taten sie dann auch, die rund 4.500 Besucher, die es auf der Entwickler-Konferenz WeAreDevelopers in den großen Saal zur heiß erwarteten Eröffnungsrede von Steve „The Woz“ Wozniak schafften. Mit der Einladung des legendären Apple-Mitgründers ist den Machern der Konferenz mit insgesamt 8.000 Teilnehmern ein Coup gelungen. Der große Name trug wesentlich dazu bei, in Wien viele Entwickler und Firmen auf den dreitätigen Event zu locken.
Zwar ist der 67-jährige, bärige Wozniak schon seit 1985 nicht mehr operativ bei Apple involviert, doch nach wie vor steht sein Name für eine Ära, in der Entwickler aus dem Silicon Valley heraus weltbewegende Computer-Firmen bauten. Alleine hätte er es, der immer detailverliebt an Rechnern und an Software schraubte, aber nicht geschafft, gestand er am Mittwoch vormittag dem gespannt lauschenden Publikum. “Du brauchst jemanden, der Erfolg auf der Welt und Geld damit verdienen will. Ohne Steve Jobs hätte sich Apple nicht so entwickelt”, sagte Wozniak über seinen 2011 verstorbenen Apple-Mitgründer. “Wir hätten Apple nie ohne Marketing hochziehen können.”
Ausstieg aus Facebook
In der knappen Stunde auf der Bühne hangelte sich Wozniak mit markigen Kommentaren dann durch sämtliche Trends, die derzeit die IT-Welt bewegen – von Artificial Intelligence über Blockchain und Facebook bis hin zu Tesla. Kritik übte er unter anderem an Facebook. “Ich lebe lieber mein Leben als damit auf Facebook anzugeben”, sagte er über seinen Ausstieg aus dem Social Network, das kürzlich von einem Datenskandal erschüttert wurde. Der sei allerdings nicht für das Löschen seines Accouns verantwortlich, vielmehr sei ihm das Netzwerk zu unpersönlich gewesen. “Ich hatte 5.000 Facebook-Freunde, die ich nicht persönlich kannte”, so Wozniak.
Auch das Geschäftsmodell von Facebook stellte Wozniak – wie viele andere vor ihm – in Frage. “Es wäre nett, wenn man von Facebook Geld für seine Daten bekommt”, so Woz. Das Prinzip der personalisierten Werbung und der von Algorithmen bestimmten Posts im Newsfeed, die User zu sehen bekommen, gefällt ihm nicht. Man würde sich in eine Blase begeben – anders als früher, als alle die gleiche TV-Werbung zu sehen bekamen. Dann relativierte er aber seine eigenen Aussagen: “Das heißt nicht, dass Facebook eine schlechte Sache ist”, viele Menschen würden großen Nutzen aus dem Social Network ziehen, nur er eben nicht.
Werbung für Apple
Die Bühne der WeAreDevelopers-Konferenz nutzte Wozniak dann auch, um die Werbetrommel für Apple zu rühren. “Ich werde mich auch bald von Google verabschieden”, so der Apple-Mitgründer. Ihm sei lieber, die iCloud etwa für Foto-Sharing oder gemeinsame Kalenderverwaltung zu nutzen, als seine Daten auf Google-Servern zu speichern. “Google weiß viel zu viel über mein Leben.“
Und dann gleich die nächste Breitseite gegen Facebook. “Zuckerberg sagt immer, dass Apple so teuer ist. Aber hey, iCloud kostet nur zwei Dollar pro Monat.“ Facebook könne wohl eine auf Privatsphäre fokussierte Version seiner Dienste für einen Dollar im Monat anbieten, ohne die Nutzerdaten für Werbetreibende auswerten zu müssen (Anmerkung: eine kostenpflichtige, werbefreie Version von Facebook wäre wohl teurer, Trending Topics berichtete).
„Blockchain wird noch eine Dekade brauchen“
Ohne dem Thema Blockchain, das auch auf der WeAreDevelopers-Konferenz für hohes Interesse bei Entwicklern sorgt, wäre der Wozniak-Auftritt nicht komplett gewesen. Auch wenn er früher Bitcoin und Ethereum gekauft hätte, sieht der Apple-Mitgründer sich nicht als Krypto-Investor. Lieber würde er das virtuelle Geld in der Praxis nutzen. “Ich will einmal ohne Kreditkarte und Bargeld verreisen können und unterwegs einfach mit Bitcoin zahlen”, so Wozniak.
Die Technologie dahinter sieht er als spannend, aber noch nicht marktreif an. “Bis sich Blockchain durchsetzt, wird es noch eine Dekade dauern.” Viele Blockchains von mit Bitcoin konkurrierenden Projekten wie Ethereum sieht er als noch nicht ausgereift an – etwa, weil sie nicht wirklich dezentral sind oder weil oft unendliche Mengen an Token geschaffen werden können. Für ihn ist Bitcoin derzeit der „Goldstandard“ der Kryptowährungen.
AI und E-Autos
Relativierende Aussagen lieferte Wozniak schließlich auch zu den Trendthemen Artificial Intelligence und Elektromobilität. “Es ist Artificial, aber es ist nicht intelligent”, sagte er über Künstliche Intelligenz. “Googles AI musst du 850.000 Bilder zeigen, damit sie einen Hund erkennen kann. Ein einjähriges Kind kann das viel einfacher. Maschinen sind also noch lange nicht intelligent.” Das menschliche Gehirn sei Computern weit überlegen.
Seinem Publikum verriet Wozniak auch, dass er sich einen Tesla für lange Strecken (wegen dem Supercharger-Netzwerk) und einen Chevy Bolt EV für tägliche kurze Strecken zugelegt hat. Seine Frau und er seien zuerst skeptisch gewesen, doch schließlich hätten sie sich als Technologie-Fans für Elektromobilität entschieden. Von Tesla zeigte sich Wozniak hinsichtlich des Funktionsumfangs ein wenig enttäuscht – etwa weil die Modelle noch weit davon entfernt sind, autonom fahren zu können. “Ich respektiere Elon Musks Visionen, aber ich glaube nicht seinem Marketing.”
Was Wozniak, der seine Bühnenpräsenz sichtlich genoss, nicht interessierte, war der Pitch-Versuch eines Besuchers im Publikum. Er bekäme täglich 12 Geschäftsideen präsentiert, aber er sei keine Firma, die Investments tätige. “Es ist sicher eine großartige Idee”, meinte er zu dem mutigen Besucher.
Unternehmen werben um Entwickler
Mit Wozniak haben es die WeAreDevelopers-Macher rund um Benjamin Ruschin geschafft, ein Zugpferd nach Wien zu bekommen. Tausende Developer, viele davon aus Osteuropa, sind von Mittwoch bis Freitag nach Wien gekommen, um sich in Talsk und Workshops über neue Technologien zu informieren. Auch wesentlich: Viele Firmen sind auf der Koferenz (u.a. auch AVL, Shpock, Anexia, Braintribe, die Post, REWE, Erste Bank, Tourradar oder willhaben), um Recruiting zu machen und die vielen anwesenden Developer für sich zu gewinnen.