Politik & Startups: „Wir machen im Bildungssektor Fehler, die massive Schäden verursachen werden“
Fenstertag, Sonnenschein und trotzdem haben sich am Freitagnachmittag rund 20 Leute im Wohnzimmer im Café 7stern eingefunden, um bei unserem Event „Trending Talks“ über das Verhältnis von Startups und Politik zu diskutieren. Auf der Bühne waren der ehemalige Neos-Abgeordnete, Super-Fi-Gründer und Vice-Chef Niko Alm und Shpock-Gründer Armin Strbac. Hier die wichtigsten Sager:
Zur politischen Arbeit:
Niko Alm: „Ich war der erste, der 2013 ein Startup-Paper mit konkretem Forderungskatalog eingebracht hat. Es wäre aber auch ohne mein Zutun in einer ähnlichen Stoßrichtung weitergegangen. Trotzdem denkt man sich: „Fuck, da arbeitet man sich so tief in ein Thema ein und dann kommen Leute, von denen man mit Fug und Recht behaupten kann, dass sie von der Thematik keine Ahnung, aber viel Geld haben, um im Silicon Valley vor den Headquarters schöne Fotos zu machen.““
Armin Strbac: „Ich finde es besser, wenn Politiker bei einer Büroeröffnung eines jungen, innovativen Unternehmens sind, als dass sie sich beim Neustifter Kirchtag die Klinke oder den Maßkrug in die Hand drücken. Aus dem einfachen Grund, dass sie bei uns etwas mitnehmen können. Dort lernen sie neue Methoden der Unternehmensführung, sehen die Arbeit mit neuesten Technologien, nehmen Botschaften mit, die sie in der Politik umsetzen können. Was mich wirklich überrascht, ist, dass es nie einen Versuch der Grünen gab, sich mit uns auszutauschen. Da scheint es mehr Konflikt- als Anknüpfungspunkte zu geben. Selbiges bei der FPÖ: Ein Unternehmer arbeitet an Lösungen. Da hilft eine Weltanschauung nicht weiter, die nur auf Probleme zeigt und Schuldige dafür sucht. Das passt nicht zusammen.“
Zur politischen Kultur:
Armin Strbac: „Richtig wichtig sind die Meetings ohne Blitzlichtgewitter. Wir Vertreter der Startup-Szene werden eingeladen, um an den Papers mitzuarbeiten. Dort wird uns Gehör geschenkt und wir haben einen Einfluss.“
Niko Alm: „Mir fiel störend auf, dass nie jemand von den Oppositionsparteien zu den Hintergrundgesprächen eingeladen wurde. Natürlich decken sich die Positionen von Harald Mahrer und mir in vielen Punkten, aber mich hat nie jemand angerufen. Weshalb die politische Arbeit in Österreich parteienübergreifend nicht funktioniert, habe ich mich vor, während und – auch jetzt – nach meiner Zeit in der Politik gefragt. Das halte ich für völlig absurd. Wir kennen in Österreich nur ein Art der Regierung. Andere Länder haben mit Anderen Konstellationen Erfahrungen gemacht – Minderheitsregierungen, Dreier-Koalitionen. Ich weiß nicht was daran verkehrt wäre, Leute aus der Opposition zu Gesprächen einzuladen, die sich in ihren Themengebieten auskennen.“
Niko Alm: „Da liefert man ein Paper, das der Wirtschaftsbund verwendet und es wird dann zur ÖVP-Position. Ich habe es nicht als unbefriedigend empfunden, dass meine Positionen ins Regierungsprogramm kommen. Und die wichtigen Leute wissen ohnehin, von wem der Antrag ursprünglich kam.“
Zur abgesagten Bildungsreform:
Armin Strbac: „Jedem Menschen, der in Österreich lebt, sollte es ein Anliegen sein, dass wir im Bildungssektor weiterkommen. Wir machen in diesem Bereich Fehler, die in der Gesellschaft massive Schäden verursachen werden. Keiner hat den Mut, sich gegen die länderbeherrschte Thematik aufzustellen, Druck auszuüben und Veränderungen zu erzwingen.“
Zur Mitarbeiterbeteiligung:
Armin Strbac: „Ja, wir haben ein Startup-Paket, aber viele Dinge wurden nur halbherzig umgesetzt. Der Investitionszuschuss ist lächerlich. Im Prinzip benachteiligt man damit Unternehmen, die eine Förderung bekommen haben gegenüber jenen, die keine bekommen haben. Zuzug von Arbeitskräften, Mitarbeiterbeteiligung – es gibt viele drängende Probleme. Niemand hat ein Interesse daran, die Mitarbeiter nicht am Erfolg des Unternehmens teilhaben zu lassen. Es gibt aber einfach kein gutes Konstrukt dafür.“
Niko Alm: „Ich hätte vorgeschlagen, die Mitarbeiterbeteiligung über eine Startup AG zu lösen. Eine Mischung aus GmbH und AG, die schon in der Frühphase eine leichtere Übertragung der Anteile zur Verfügung stellt. Jeder Unternehmer kennt das: Nach zwei, drei Jahren ein Flohhaufen in der Gesellschafterrunde – 15 bis 20 Gesellschafter. Das gehört vereinfacht. Alles das könnte natürlich durch das Setup einer AG wesentlich einfacher realisiert werden. Man könnte die Startup AG auf die Frühphase beschränken. Das würde sehr viel bei Gründung und bei der Aufnahmen von Investments helfen. So würden viele Probleme auf einmal gelöst, aber natürlich kann man sich auch jedem Teilpunkt alleine widmen. Mitarbeiter-Kapitalbeteiligung wurde gerade erhöht, aber reicht nicht aus. Auch die Riskiokapitalprämie vom aws – das erlebe ich gerade – greift zu kurz. Sie kam mit widersprüchlichen Informationen und mit großer Verspätung bei mir an. Privates Kapital sollte ohne den Umweg um es über die Steuer einzunehmen und über Förderungen wieder auszuschütten direkt in private Unternehmen fliessen können.“
Über die Hürden für Unternehmer:
Niko Alm: „Wenn man etatistischer denkt, dann nimmt der Staat gern das Geld in Form von Steuern von Unternehmen entgegen und überlegt sich dann wie er mit Förderungen da und dort wieder etwas in die Wirtschaft kleckert. Man traut den Menschen nicht zu, selbstständige Entscheidungen treffen zu können. Ein Denkfehler. Es herrscht ein generelles Misstrauen in die Entscheidungsfähigkeit der Menschen. Der Rückgang der Steuereinnahmen ist die große Angst.“
Armin Strbac: „Hürden waren die ganzen Rotweißrot-Card-Anträge. Das war ein Horror. Ich hatte das Gefühl, wir werden bewusst mit unklaren Begründungen hingehalten. Obwohl wir die Mitarbeiter dringend gebraucht hätten. Wer kann es sich leisten, drei Monate auf eine Entscheidung zu warten? Weder Unternehmer noch Arbeitnehmer haben so viel Zeit. Positiv waren die Förderungen, die haben unser Business gut gehebelt. Wir haben sie aber auch x-fach zurückgezahlt. Die Förderungen für Startups werden immer hochgehalten, dabei wird vergessen, mit wie vielen Millionen Konzerne und staatsnahe Unternehmen gefördert werden.“