Atomenergie: Gutachten sehen wenig Potenzial in Mini-Atomkraftwerken
Mit dem 11. März 2021 jährt sich der Reaktorunfall im japanischen Fukushima das zehnte Mal. Pünktlich zu diesem Jahrestag hat das deutsche Bundesministerium für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE) die neusten „Trends“ im Bereich der Energiegewinnung durch Atomkraft in zwei Gutachten untersuchen lassen. Im Mittelpunkt der Untersuchungen standen unter anderem Small Modular Reactors (SMR). Diese werden zuletzt immer häufiger als eine Lösung der Energiewende betrachtet. Der Vorteil: Kleine modulare Reaktoren, welche laut Angaben der International Atomic Energy Agency (IAEA) sicherer, preiswerter und flexibler seien als bisherige Atomkraftwerke. Auch sollen in den SMR nukleare Energien und erneuerbare Energiequellen kombiniert werden können. Der Nachteil den aktuellen Erhebungen der BASE zufolge: Die bisher ungeklärte Frage der Endlagerung des radioaktiven Abfalls bleibt.
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Bis zu zehntausend Anlagen benötigt
Um den jetzigen weltweiten Energiebedarf zu decken, bräuchte es bis zu zehntausend SMR-Anlagen. Zu dieser Ansicht kam das von der BASE in Auftrag gegebene Gutachten des deutschen Öko-Institut in Zusammenarbeit mit dem Fachgebiet für Wirtschafts- und Infrastrukturpolitik der TU Berlin sowie dem Physikerbüro Bremen. Auch seien bisher Punkte wie der Transport, Rückbau, Zwischen- und Endlagerung und die Sicherheit ungeklärt. In ihrem Gutachten bestätigen sie zwar die Aussage der IAEA, dass die SMR-Anlagen „potenziell sicherheitstechnische Vorteile“ gegenüber großen Kraftwerken hätten. Durch die hohe Anzahl der benötigten Reaktoren würde das Risiko durch diese allerdings steigen. So bräuchte es national- und international neue SMR-spezifische Sicherheitsstandards, so das Ministerium in einer Zusendung über die Gutachten.
P&T-Konzept durch BOKU Wien untersucht
Wie die BASE bekannt gibt, wurde in einem zweiten Gutachten auch das Partionierungs- und Transmutations-Konzept (P&T) von der Universität für Bodenkultur Wien (BOKU) untersucht. Dabei sollen neue Reaktoren- und Wiederaufbereitungsverfahren die Menge an radioaktivem Abfall verringern. Einer der Knackpunkte bei der bisherigen Energieerzeugung durch Atomkraft. Um das P&T umsetzen zu können, müssten zunächst viele Anlagen erbaut werden, wodurch Betriebs- oder Störfallrisiken in Kauf genommen würden, so das BASE in einer Aussendung. Auch würde es weiterhin Zwischenlager und ein Endlager benötigen.
Menge des Abfalls steigt
Für ihr Gutachten hat die BOKU Wien hypothetische Szenarien für verschiedene P&T-Technologien in Deutschland untersucht. Dabei kamen sie zu dem Ergebnis, dass einige Transurane wie u.a Plutonium mengenmäßig reduziert werden könnten, die Abfallmengen von anderen radioaktiven Produkten allerdings steigen würde, zum Teil um 75 Prozent. Als weitere Einschränkung der Methode beschrieben sie den Fakt, dass P&T nur auf abgebrannte Brennstäbe anwendbar ist. Diese würden in Deutschland aber bereits zu 40 Prozent wiederaufbereitet, so das BASE. Daraus entstehende verglaste Abfälle wären für das P&T-Verfahren nicht mehr verwendbar.
Löst nicht aktuelle Probleme
Beide diskutierte Punkten könnten außerdem die Gefahr der militärische Nutzung der Kernenergie steigern, so das Bundesministerium. Mit dem Hintergrund der beiden Gutachten, schätzt der Präsident des BASE, Wolfram König, das Potenzial der Atomenergie zum jetzigen Zeitpunkt als gering ein: „Die diskutierten Konzepte können uns unsere Verantwortung nicht abnehmen, uns jetzt konsequent auf den Pfad der nachhaltigen Problemlösung zu begeben statt mit der Hoffnung auf Technologiesprünge der Nuklearindustrie dieser Aufgabe auszuweichen. Allein der Blick auf die weltweit zu klärende Frage der Entsorgung zeigt, dass wir selbst für sichere Lösungen sorgen müssen.“ König glaubt nicht daran, dass in absehbarer Zeit die gegebenenfalls zur Verfügung stehenden Technologien Probleme, wie die Altlasten durch die Atomenergie-Nutzung oder aktuell anstehende Fragen zum Klimawandel, lösen können.