Auch in Österreich gefordert: Lieferkettengesetz in Deutschland ist fix
Seit Monaten bietet es den verschiedenen Für- und Widersprechern Diskussionsmaterial, nun wurde es im deutschen Bundestag offiziell verabschiedet: Das Gesetz zur Einhaltung von Menschenrechten in Lieferketten, kurz Lieferkettengesetz. Nach mehreren Entwürfen konnten sich die verschiedenen deutschen Parteien nun auf die aktuelle einigen – Auch wenn dafür einige Abstriche nötig waren, wie Kritiker bemängeln. Ab 2023 sollen zunächst Unternehmen ab 3000 Mitarbeiter für Menschenrechts- und Umweltschutzverletzungen entlang ihrer Lieferkette haften, ab 2024 dann Unternehmen ab 1000 Mitarbeitern. Damit sollen Kinder- und Zwangsarbeit, Umweltzerstörungen und schlechte Arbeitsbedingungen bei der Herstellung und dem Vertrieb von Waren eingedämmt werden.
Einen „wichtigen Tag für Menschenrechte“ nennt der deutsche Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD), den heutigen Tag einem Bericht von „Zeit Online“ zufolge. Ab 2023 können Unternehmen ab 3000 Mitarbeiter für Missstände entlang ihrer eigenen Lieferkette, als auch bei ihren unmittelbare Zulieferern belangt werden. Sollten Fälle von Menschenrechtsverletzungen bekannt werden, sollen auch mittelbare Zulieferer einbezogen werden. Wie „Zeit Online“ berichtet, wird das zukünftig auch für ausländische Unternehmen mit deutschen Niederlassungen oder Tochterunternehmen gelten. Wird ein Verstoß gegen das Lieferkettengesetz festgestellt, drohen hohe Bußgelder.
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Österreichisches und Eu-weites Lieferkettengesetz gefordert
Eine zivilrechtliche Haftung für Unternehmen bei festgestellten Missständen, die in vorherigen Versionen des Gesetzes gefordert war, wird es allerdings nicht geben. Das führt zu Kritik an der jetzigen Gesetzesausführung. Auch die österreichische Menschenrechtsorganisation Südwind nennt sowohl diesen Punkt, als auch die Beschränkung auf große Unternehmen und direkte Zulieferer „grobe Mängel“. Trotzdem sehen sie in dem heutigen Beschluss einen wichtigen Schritt für ganz Europa und für Österreich: “ Das deutsche Lieferkettengesetz ist Realität und muss wie auch schon das Französische eine Vorbildwirkung für Österreich und ganz Europa haben“, fordert Stefan Grasgruber-Kerl, Menschenrechtsexperte von Südwind in einer schriftlichen Reaktion. „Dass eine Große Koalition unter einer konservativen Kanzlerin ein Lieferkettengesetz beschließt, zeigt, dass die Idee der freiwilligen Unternehmensverantwortung endgültig gescheitert ist. Auch Österreichs Schwestern-Partei ÖVP und der Grüne Koalitionspartner müssen endlich nachziehen.“ Dafür hat die Menschenrechtsorganisation gemeinsam mit der Allianz Netzwerk Soziale Verantwortung die Petition „Menschenrechte brauchen Gesetze!“ ins Leben gerufen. Mit dieser wollen sie sowohl den Beschluss eines rechtlich bindenden Lieferkettengesetzes in Österreich bewirken, als auch einen strengen Rechtsrahmen für Konzernverantwortung auf EU- und UN Ebene.
Ähnliches fordert auch die Initiative Bürger*innen-Iniative für ein Lieferkettengesetz. Laut eigenen Aussagen wird die Initiative im Moment durch mehr als 40 Mitglieder getragen, unter anderem von Arbeitsmarktexpertin Veronika Bohrn Mena, Klimaforscherin Helga Kromp-Kolb und Umweltmediziner Hans-Peter Hutter. Neben einem lokalen Lieferkettengesetz sehen diese auch großes Potenzial in einem EU-weiten Gesetz. Ein entsprechender Entwurf hätte bereits spätestens im Juni 2021 von der EU-Kommission vorgestellt werden sollen, wurde aber verschoben, kritisiert die Initiative. Sie fordern mehr Einsatz für das europäische Lieferkettengesetz von der österreichischen Regierung: „Wir fordern die österreichische Bundesregierung auf sich nun endlich öffentlich zu einem Lieferkettengesetz zu positionieren und damit für Dynamik auf EU-Ebene zu sorgen“ so Veronika Bohrn Mena, Sprecherin der Bürgerinitiative für ein Lieferkettengesetz in einer schriftlichen Reaktion Ende Mai.