Braucht Österreich die „Austria Limited“, Berthold Baurek-Karlic?
Berthold Baurek-Karlic ist Gründer und Geschäftsführer der auf M&A und Venture Capital spezialisierten Firmengruppe Venionaire Capital und Vorstand des European Super Angels Club (ESAC). In diesem Gastbeitrag beschäftigt er sich mit der Frage, ob die vom Wirtschaftsministerium vorgeschlagene neue Gesellschaftsform, die unter dem Begriff „Austria Limited“ behandelt wird (Trending Topics brichtete), Sinn macht.
Braucht Österreich eine Reform im Gesellschaftsrecht und im Unternehmensbesteuerungsrecht? Meines Erachtens: ja. Wir sind mit den bestehenden Formen international nicht wettbewerbsfähig und auch nicht attraktiv. Ausländische Investoren können die Gesetze nur lesen, wenn sie der deutschen Sprache mächtig sind. Das ist insbesondere ein Problem, da wir in Österreich von internationalen Investoren und Partnern stark abhängig sind.
Man muss sich nur anschauen, wieviele Ausländer via Stripe Atlas in wenigen Klicks eine Inc. in den USA gründen, oder auch eine Gründung in England vorziehen. Hier gibt es bewusste Standortentscheidungen zu Gunsten dieser Märkte, da die Gründung, das laufende Handling (Berichtswesen, Behördenwege und Kapitalmaßnahmen) und nicht zuletzt auch die Steuern attraktiv sind. Eine bewusste Standortentscheidung für Österreich ist mir im gleichen Ausmaß nicht bekannt.
Es geht nicht nur um die Gründung
Vergleicht man Fakten, erkennt man schnell warum. Hilft die digitale Gründung oder die Akzeptanz von digitalen Signaturen? Macht eine Rechtsform basierend auf Gesetzestexten auf Englisch (wie offenbar vorgesehen) alles einfacher? Leider nein.
Es geht nicht nur um die Gründung, es geht auch um die Kapitalmaßnahmen danach, für die man bisher immer zum Notar muss und Apostillen und Vollmachten einsammelt. Das ist die wahre Qual. Das Handelsregister liegt dann auch noch beim Handelsgericht, dort entscheiden Rechtspfleger über meine höchstpersönlichen Fragen als Gesellschafter – was trotz Notar immer wieder zu Ehrenrunden führt und auch nur auf Deutsch als zulässige Sprache abgehandelt wird.
Anpassung bestehender Rechtsformen
Das wird sich mit einer Körperschaft basierend auf englischen Gesetzestexten wohl kaum ändern, fürchte ich. Aber mal langsam. Was wäre mit einer Anpassung bestehender Rechtsformen? Etwa eine Reform der AG? Ich meine nicht, das man das Stammkapital herabsetzen müsste. Vielmehr wäre eine Flexibilisierung (Vertragsfreiheit) bei Organen und Struktur sinnvoll. Macht man hier bewusst Anpassungen, wäre dies eventuell einfacher und sinnvoller als eine neue “Limited”.
Wenn man das Gesellschaftsrecht angreift, sollte man wahrscheinlich auch andere Gesetze überdenken, etwa das Steuerrecht und die Regelung, dass eine GmbH derzeit keine Anteile an sich selbst halten darf. In Deutschland ist das heute schon möglich. Das würde das Ausscheiden von Gesellschaftern, aber auch das Vorhalten von Mitarbeiteranteilen vereinfachen. Kapitalmaßnahmen sollten jedenfalls zu 100 Prozent online stattfinden können, idealerweise ohne Notar.
Kleine Notiz: Sollte es bei den bisherigen Notariatsakten bleiben und entgegen meiner Einschätzung ganz viele internationale Gründer kommen, dann droht das nächste Problem: Aktuell gibt es nur wenige Notare, die englischsprachige Verträge beglaubigen dürfen. Der Engpass ist vorprogrammiert und der Gebietsschutz der Notare wäre endgültig nichts mehr wert (ist aber mit der Digitalisierung vielleicht ohnehin überholt).
Echte Anreize schaffen
Conclusio: Schlagen wir doch etwas vor, das realistisch ist. Die aktuelle GmbH kann verbessert werden: Notariatsakte online erlauben, das Halten eigener Anteile ermöglichen und Körperschaftsteuer senken – entweder für alle oder zumindest für innovative Unternehmen (mit der Definition haben wir ja bereits beim COVID-Startup-Hilfsfonds Erfahrung gemacht). Das wäre ein echter Anreiz, und das Kapital der Investoren würde in der Firma arbeiten. Die neue Limited sollte das alles jedenfalls können – wenn man damit Erfolg haben möchte.
Ganz generell ist meine Angst ist, dass die Rechtsform “Limited”, ebenso wie alle Anläufe für Änderungen des Gesellschaftsrechts (wo man auch Fondsgesellschaften nach Luxemburger Vorbild angedacht hatte) an den Notaren, dem Handelsgericht und vermutlich auch den Verfassungsexperten (wegen der “Sprache”) scheitert.