Austrian Startup Monitor: „Herausforderungen haben sich seit 2018 nicht verändert“
2017 ist, rückblickend betrachtet, ein entscheidendes Jahr für die Startup-Industrie Österreichs gewesen. Damals gab es bereits eine Reihe von größeren Investments (z.B. Tricentis, Hookipa, TenX, uvm, siehe hier), Google investierte groß in den Wiener Wiener Audiostreaming-Spezialisten StreamUnlimited, Amabrush ging auf Kickstarter durch die Decke, der einstige Startup-Hub weXelerate öffnete seine Tore, und der damals 14-jährige Wiener Schüler Moritz Lechner erreichte als Österreichs jüngster Startup-Gründer Berühmtheit. Ach ja, und Trending Topics wurde gegründet.
2017 ist aber noch eins passiert. Damals erreichte die Zahl der Neugründungen von Startups im engeren Sinne ihren vorläufigen Höhepunkt. Seither ist die Zahl relativ konstant bei 360 neuen Startups pro Jahr geblieben. “In unserer Erhebung sehen wir, dass rund 360 Startups pro Jahr in Österreich gegründet werden. Das ist fast täglich ein Unternehmen, das zu mehr Innovation und Wachstum in Österreich beiträgt. Mehr als 25.000 Personen sind aktuell in Startups tätig und eine zusätzliche Aufstockung der Mitarbeiter:innen um 40% ist geplant”, so Studienleiter Karl-Heinz Leitner vom AIT bei der Präsentation des neuen Austrian Startup Monitor 2022 (ASM) am Dienstag.
Oder anders ausgedrückt: Die Zahl neuer Startups in Österreich stagniert seit 2017, also nunmehr fünf Jahren, bei etwa 360. Dafür lassen sich sicher viele Gründe finden, aber einige davon sind sicherlich die Rahmenbedingungen am Standort Österreich. Auch wenn regelmäßig beteuert wird, dass Startups so wichtig für die Innovationskraft und den Arbeitsmarkt in Österreich sind, große Würfe bei neuen Gesetzen gab es bisher keine. Zwar wurde am Dienstag der neue Gründungs-Fonds der aws mit bis zu 72 Mio. Euro angekündigt (mehr dazu hier), doch Neuigkeiten zu weiteren brennenden Themen wie Dach-Fonds, Mitarbeiter:innenbeteiligung oder Beteiligungsfreibetrag für Investor:innen gibt es weiterhin nicht – die scheinen weiter zwischen den Ministerien zu hängen.
Warum es in Österreich jedes Jahr nur 360 neue Startups gibt
Verschlechterte Situation beim Fundraising
“Die Top 3 Herausforderungen haben sich seit 2018 jedoch nicht verändert. Immer noch fordern Startups eine Senkung der Lohnnebenkosten, Anreizsysteme für private Risikokapitalfinanzierung und bessere Möglichkeiten der Mitarbeiter:innen-Beteiligung am Unternehmenserfolg”, so Hannah Wundsam, Geschäftsführerin von AustrianStartups, bei der Präsentation des ASM. Hier die weiteren zentralen Ergebnisse des ASM 2022:
- Jedes zweite Startup verfolgt übergeordnete Unternehmensziele in den Bereichen Ökologie und/oder Soziales. Rund ein Drittel kann als Green Startup bezeichnet werden, rund ein Sechstel als Social Startup
- Der Anteil der Startups, die externes Eigenkapital eingeworben haben, hat sich mit 56% im Vergleich zum Vorjahr (57%) kaum verändert. Der Anteil der Startups, die mehr als 500.000 Euro akquiriert haben, ist indes von 23% auf 26% gestiegen. 42% der Startups geben an, dass sich die Möglichkeiten zum Einwerben von externem Eigenkapital im Jahr 2022 verschlechtert (27%) oder stark verschlechtert (15%) haben.
- Nach einem Rückgang der Exportquote im Vorjahr kann in diesem Jahr wieder ein Anstieg der Exportumsätze auf 40% beobachtet werden. 35% der österreichischen Startups erzielen dabei mehr als 50% ihrer Umsätze im Ausland, jedes fünfte macht sogar mindestens 90% der Umsätze auf internationalen Märkten.
- Der Anteil von weiblichen Personen an der Gesamtzahl aller Gründer:innen liegt bei 19% und ist damit marginal gestiegen. Der Anteil der Startups, die zumindest eine Frau im Gründungsteam haben, ist im Vergleich zum Vorjahr von 36% auf 39% gestiegen.
- Während sich Gründer:innen mit und ohne Migrationshintergrund in Bezug auf ihre Gründungserfahrung und Ausbildung kaum unterscheiden, stellen fehlende Netzwerke, Sprachbarrieren, kulturelle Unterschiede und bürokratische Hürden für einen Teil der Migrant:innen spezifische Herausforderungen bei der Gründung dar.
- Steuererleichterungen, insbesondere der Lohnnebenkosten, sind mit 61% mittlerweile die wichtigste Forderung der Gründer:innen am Standort Österreich an die Politik. Es folgen bessere Anreizsysteme für die private Risikokapitalfinanzierung mit 49%, der ewige Dauerbrenner von Seiten der Startup-Community. Am dritthäufigsten wird von 46% der befragten TeilnehmerInnen nach besseren Möglichkeiten zur Beteiligung von Mit- arbeiter:innen am Unternehmenserfolg gerufen.
- 25% der Startup-Gründer:innen weisen einen Migrationshintergrund auf, das heißt, dass sie selbst und/oder beide Elternteile außerhalb Österreichs geboren wurden. Dies entspricht dem Anteil an der österreichischen Gesamtbevölkerung. Bei der Mehrheit der GründerInnen mit Migrationshintergrund liegt die Herkunftsregion in anderen europäischen Ländern, wobei die größte Gruppe Wurzeln in Deutschland hat und lediglich 16% aus Ländern außerhalb Europas stammen.
Der Austrian Startup Monitor 2022 entstand unter der Leitung des AIT Austrian Institute of Technology, in Kooperation mit AustrianStartups und dem Gründungszentrum der Wirtschaftsuniversität Wien. 702 Gründer:innen und Geschäftsführer:innen haben an der Befragung 2022 teilgenommen und Antworten auf Status, Perspektiven und Umfeld gegeben.
Neuer Gründungs-Fonds geht mit 72 Millionen Euro an den Start