Mobilität

Autonomes Fahren kommt trotz Milliardeninvestments nur schleppend voran

Selbst fahrendes Auto von Waymo. © Waymo
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Um autonomes Fahren besteht schon länger ein großer Hype. Selbstfahrende Autos könnten in Zukunft wesentlich präsenter werden und einen riesigen Markt darstellen. Goldman Sachs prognostiziert, dass der globale Markt autonomer Fahrzeuge bis zum Jahr 2025 etwa 96 Milliarden Dollar betragen wird. Doch momentan geht es noch sehr schleppend voran und die bestehenden Anwendungen halten oft nicht, was sie versprechen. Laut Bloomberg werden prominente Kritiker:innen – darunter Waymo-Gründer Anthony Levandowski, ein Pionier der Branche – immer lauter, je größer die Verluste werden.

„Gesamtumsatz liegt eher bei Null“

Im Jahr 2018 schätzten Analysten den Marktwert von Waymo, damals eine Tochtergesellschaft von Alphabet, auf 175 Milliarden Dollar. Die jüngste Finanzierungsrunde brachte dem Unternehmen eine geschätzte Bewertung von 30 Milliarden Dollar ein. Gründer Levandowski leitet heute Pronto AI, ein Startup, das autonome Lastwagen für Industrieanlagen entwickelt. Die selbstfahrenden Lkw legen ihm zufolge jeden Tag immer die gleiche Strecke zurück, ohne auf besondere Hindernisse zu stoßen. Ihm zufolge können selbstfahrende Autos auf langer Sicht auch keine komplexeren Aufgaben schaffen.

Was passiert, wenn die Polizei ein autonomes Taxi aufhält

„Es ist schwer, eine andere Branche zu finden, die so viel Geld in Forschung und Entwicklung investiert und so wenig geliefert hat“, zitiert Bloomberg Levandowski. „Vergessen Sie die Gewinne – wie hoch ist der Gesamtumsatz aller Robo-Taxi-, Robo-Truck- und Robo-Whatever-Unternehmen? Ist es eine Million Dollar? Vielleicht. Ich denke, er liegt eher bei Null.“ Hier ist zu bedenken, dass Levandowski potenziell sehr parteiisch ist. Nachdem er von Google zu Uber wechselte, verklagten seine alten Chefs seine neuen, weil er angeblich geschützte Forschungsergebnisse mitgenommen hatte. Levandowski wurde gefeuert und verurteilt. Nur dank einer Begnadigung im Jahr 2021 durch den damaligen US-Präsidenten Donald Trump konnte er einer Gefängnisstrafe entgehen.

Oft Unfälle bei Robo-Taxis und Co

Doch Levandowski gilt auch als echter Pionier der Branche, der autonome Autos zu einer echten Möglichkeit für die Industrie gemacht hat. Doch er gibt sich als desillusioniert, was den echten Fortschritt der Technologie angeht. Tatsächlich scheint diese noch nicht wirklich bei den Versprechungen, die Autokonzerne immer wieder machen, angekommen zu sein. Zum Beispiel entspricht der „Autopilot“ von Tesla nicht wirklich dem, was man sich darunter vorstellt.

Irreführende Werbung: Tesla darf Fahrassistenzsystem nicht mehr Autopilot nennen

Auch andere Konzerne wie Google, GM, Ford, und Zoox haben viel Hype um die autonomen Autos erzeugt. Doch die Fahrzeuge sind sehr selten vollautomatisch. Wirkliche Robotaxis sind sehr selten, außerdem gibt es bei ihnen immer wieder Berichte über Fehler im System. Ein fundamentales Problem besteht zum Beispiel beim Linksabbiegen. Cruise LLC – mehrheitlich im Besitz von General Motors – hat erst in diesem Jahr alle seine selbstfahrenden Fahrzeuge zurückgerufen, nachdem die Unfähigkeit eines Autos, links abzubiegen, zu einem Unfall in San Francisco beigetragen hat, bei dem zwei Menschen verletzt wurden. Auch bei anderen Anbietern kommt es immer wieder zu bizarren bis gefährlichen Zwischenfällen.

KI hat schwere Nachteile gegenüber Menschen

Für Levandowski, der 2004 sein erstes selbstfahrendes Fahrzeug zusammengebaut hat, haben die Unternehmen, die fahrerlose Autos anbieten, alle ein großes Problem. Sie verlassen sich bei der „Ausbildung“ ihrer KI mehr auf Simulationen als auf echte Fahrsituationen. Sie hätten oft wenig mehr als sehr anspruchsvolle Demos zu bieten. „Es ist eine Illusion“, sagt er: Für jede erfolgreiche Demo gebe es Dutzende von gescheiterten Demos.

The Autonomous: So können selbstfahrende Autos sicherer werden

KIs haben beim Fahren große Nachteile gegenüber Menschen, auch wenn die Industrie ihren Kund:innen etwas anderes weismachen will. Computer können Berechnungen viel schneller durchführen als Menschen, aber sie haben immer noch keine Ahnung, wie sie viele gängige Verkehrsvariablen verarbeiten sollen. Das „Deep Learning“, das bei ihrem Training zum Einsatz kommt, ist oft nicht mehr als ein „Auswendiglernen“, sagt Gary Marcus, ein Psychologieprofessor an der New York University, der sich mit KI und den Grenzen selbstfahrender Fahrzeuge beschäftigt. „Es funktioniert nur, wenn die Situationen ausreichend ähnlich sind.“ Jedoch gebe es eine fast unbegrenzte Anzahl an „Grenzfällen“, bei denen die KI überfordert ist.

The Autonomous schlägt Lösungen vor

Autonomes Fahren muss also noch einen weiten Weg zurück legen, um wirklich das zu halten, was der Begriff verspricht. Doch wie kann die Industrie diesen Weg schneller zurücklegen? Diese Frage stand im Zentrum der Hauptveranstaltung der Initiative „The Autonomous“ in Wien letzte Woche. Der Grundtenor war dabei, dass es viel mehr branchenübergreifende Kollaboration braucht. Ein zu starker Konkurrenzkampf könne in einem derart komplexen Themenfeld keinen erfolgversprechenden Fortschritt garantieren. Vielmehr soll fachspezifisches Know-how als Open Source geteilt werden, meinte Andreas Urschitz, CMO von Infineon Technologies.

Waymo fährt Passagiere in San Francisco – aber nur unter Schweigepflicht

Ebenfalls von großer Bedeutung für den Fortschritt von selbstfahrenden Autos seien die entsprechende Regulierung sowie der Ausbau der Infrastruktur. „Autonomes Fahren ist weniger Technologie als vielmehr Infrastruktur. Damit das Konzept wirklich funktioniert, muss es mit dem Internet of Things, 5G-Ausbau und verschiedenen Sensoren auf Straßen und in Fahrzeugen eine starke Infrastruktur geben. Die Architektur der Gegenwart und Zukunft muss das berücksichtigen. Aber auch ein rechtliches Framework muss bestehen, um wirklich autonomes Fahren zu ermöglichen“, sagte Wolfgang Ebner vom Bundesministerium für Finanzen.

Autonomes Fahren braucht mehr Regulierung

Was den Bereich der Regulierung anbelangt, sei die EU auf einem sehr guten Weg. Erst im vergangenen Juni hat die Kommission hier eine neue Verordnung realisiert, deren Schwerpunkt auf automatisierten Fahrzeugen liegt, die Fahrer:innen auf Autobahnen ersetzen (Automatisierungsstufe 3), und vollständig fahrerlosen Fahrzeugen wie städtischen Pendelbussen oder Robotertaxis (Automatisierungsstufe 4). Mit den neuen Vorschriften werden die EU-Rechtsvorschriften an die neuen UN-Vorschriften für die Automatisierungsstufe 3 angeglichen und neue technische EU-Rechtsvorschriften für vollständig fahrerlose Fahrzeuge angenommen, die ersten internationalen Vorschriften dieser Art.

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„Es handelt sich bei dieser Verordnung um einen echten Meilenstein. Autonomes Fahren ist immer noch ein sehr komplexes Thema, weil die Wahrnehmung einer KI sich immer noch sehr von der eines Menschen unterscheidet. Es ist wichtig, eine gesetzliche Regulierung zu haben, die das anerkennt“, erläuterte Bryant Walker Smith, Associate Professor an der University of South Carolina. Die Regulierung könne dazu beitragen, dass Autonomes Fahren endlich aus der „Simulationsphase“ kommt und ausgereift wird. Das wäre sehr wichtig für die Mobilitätsbranche, die immer noch wenig „Return on Investment“ aus der Technologie gezogen hat.

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