Baillie Gifford: Tesla-Investor jagt nun gezielt Österreichs institutionelle Investor:innen
Gründer:innen, freut euch nicht zu früh. Die Ankündigung „Baillie Gifford baut Geschäft in Österreich aus“ bedeutet nicht, dass der schottische Investor (u.a. Tesla, Amazon, Spotify, Climeworks, Blockchain.com, Lilium) sich nun auf die intensive Suche nach Investment-Targets in österreichische Tech-Soonicorns begibt. Sondern vielmehr, dass das Unternehmen hierzulande sein Geschäft mit institutionellen Investoren, Dachfonds, Vermögensverwaltern und Family Offices ausbauen möchte.
Dazu wurde die für die Kundenbeziehungen in Österreich verantwortliche Managerin, Tanja Schneider, am Donnerstag im Rahmen einer Pressekonferenz in Wien vorgestellt. „Wir haben ein klar umrissenes Angebot an unsere Kunden – hoch konzentrierte, aktiv gesteuerte Portfolios mit dem Anspruch, die Wachstumschampions von morgen zu finden“, so Schneider.
Baillie Gifford ist ein vor mehr als 100 Jahren gegründeter Asset Manager, dessen verwaltetes Vermögen sich auf 400 Milliarden Euro beläuft. Über die Jahre haben sich die Schotten als frühzeitige Investoren etwa in Amazon oder Tesla einen sehr guten Namen in der Tech-Branche erarbeitet. Nun wird vor allem der Standort Wien intensiver bearbeitet, nachdem man vor drei Jahren in Frankfurt und vor einem Jahr Büros in Zürich eröffnete – damit ist nun auch der dritte deutschsprachige Markt besetzt.
AVCO: „Es muss gelingen, dass auch Pensionskassen, Versicherungen und Stiftungen investieren“
„Wir haben in Österreich bereits institutionelle Investoren wie Pensionskassen und Versicherungen“, sagt Schneider. Ihr Job ist es nun, weitere hochkarätige Kund:innen für die Schotten in Wien zu ködern. Der österreichische Markt ist attraktiv. Die Austrian Private Equity and Venture Capital Organisation (AVCO) schätzt, dass österreichische institutionelle Investoren (wie eben Pensionskassen, Stiftungen oder Versicherungen) etwa 200 Milliarden Euro für Investments zur Verfügung haben – und diesen Markt will Baillie Gifford mit einem ausgezeichneten Track Record bei Tech-Investments nun angehen. Auch interessant: Business Angels sind kein spezielles Ziel von Baillie Gifford, aber professionelle Investor:innen aus Österreich können ohnehin längst Kunde bei den Schotten werden.
Positionierung als Alternative zum Aktienmarkt
Dabei positioniert sich Baillie Gifford als Spezialist für langfristige Finanzierungen von Privatunternehmen. „Wir sind nicht wirklich am Aktienmarkt interessiert“, sagt Partner Stuart Dunbar in Wien. Baillie Gifford wolle lange an Bord von Wachstumsunternehmen bleiben, im Schnitt würde man Firmenanteile acht Jahre halten. Gute Argumente für nicht börsennotierte Unternehmen liefert Dunbar einige. So hätten nur etwa 1 Prozent der 1990 börsengelisteten Unternehmen (ca. 800 Firmen von 60.300) bis 2018 einen Börsenwert von 44,7 Billionen Dollar generiert – während 60 Prozent der Firmen ihren Wert verloren hätte. Baillie Gifford sieht sich als smarter Investor in sehr selektiv ausgewählte Unternehmen, die künftige Riesenmärkte bedienen können. Aktuell werden etwa die frühen Investments in die Batteriespezialisten Northvolt (Schweden) und CATL (China) hervorgehoben.
40 Prozent der bei Baillie Gifford angelegten Vermögen kommen aus den USA, 32 Prozent aus UK, 12 Prozent aus China, nur 6 Prozent aus EMEA. Mitteleuropa ist deutlich unterrepräsentiert. Auch wenn Österreich nun kein neuer Fokus-Markt für Investments ist (die Analyst:innen sitzen weiter zentral in Edinburgh), Beteiligungen in Österreich werden zumindest nicht ausgeschlossen. „Ja klar, warum nicht, es ist eigentlich egal, wo eine Firma sitzt“, sagt Dunbar. Der Launch in Wien hänge nicht damit zusammen, der österreichische Markt würde hinsichtlich potenzieller Investitionen ohnehin wie alle anderen bereits analysiert.
Zur generellen Investment-Stimmung nach dem Rekordjahr 2022, zu dem Baillie Gifford mit Investments in Northvolt, Lilium oder Blockchain.com ordentlich beigetragen hat, sagt Dunbar: „Es wird weiter rege Investment-Aktivität geben.“ Auch wenn auch ihm klar ist: Ukrainekrieg, gestörte Lieferketten durch Corona und die hohe Inflation drücken die Laune von Risikoinvestments doch spürbar.
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