Kommentar

Balkon-„Kraftwerke“ verdienen ihren Namen noch nicht – leider

Oliver Janko & Jakob Steinschaden. © Trending Topics
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Die Idee ist natürlich verlockend: Man montiert sich draußen am Balkon eine Solaranlage, und schon fährt man Putin an der Nase vorbei in die Energieautarkie. Kann er er doch am Gashahn drehen, wie er will, ich produzier‘ mir jetzt einfach meinen eigenen Strom. Schön wär’s. Während es bei manchen sparsamen Einfamilienhäusern, die ordentlich in die neueste Technologie investiert haben, durchaus möglich ist, dass man sich an manchen Tagen den benötigten Strom selber per PV-Anlage am Dach produziert, bleibt das in der Stadt (und da lebt nun mal 70 % der Menschheit) eine Illusion.

Trotzdem gab es in Deutschland und Österreich einen Run auf die so genannten Balkonkraftwerke. Ausverkauft und wieder lieferbar irgendwann 2023, man weiß es wegen den Lieferengpässen und der starken Nachfrage nicht so genau. Doch haben sich da möglicherweise einige Kund:innen getäuscht? Denn wenn man genauer hinsieht, dann ist der Begriff „Kraftwerk“ hinter dem Balkon nicht wirklich angebracht.

Balkonkraftwerke: Solarstrom für zuhause erlebt Boom

Nur Grundrauschen im Eigenheim

Denn realistisch ist, dass man mit kleinen bis großen Solar-Panelen am Balkon so zwischen 300 bis 600 kWh pro Jahr Strom produzieren kann. Das ist leider nur ein Bruchteil dessen, was ein durchschnittlicher Haushalt an Strom benötigt. Ein Haushalt, in dem das Warmwasser elektrisch aufbereitet wird, kommt bei zwei Personen im Schnitt auf etwa 3.000 kWh/ Jahr, bei vier Personen sind es schon 4.000 bis 4.800 kWh/Jahr. Schon alleine das zeigt, dass ein Balkon-„Kraftwerk“ nur ein Tropfen auf dem heißen Stein sind. Berücksichtigen muss man auch die hohen Anschaffungskosten – Mietmodelle gibt es in dem Feld leider noch nicht.

Realistischerweise können Solar-Panele auf dem Balkon lediglich das elektrische Grundrauschen im Haushalt abdecken – zum Beispiel den Energiebedarf einer Waschmaschine und eines Flat-TVs, wenn überhaupt. Was in diesen Rechnungen noch gar nicht berücksichtigt wird, sind E-Autos. Die drängen ebenfalls in die Haushalte. Aber ein Balkonkraftwerk hat da keine Chance. Dass Standard-Model 3 von Tesla etwa hat einen 60-kWh-Akku, den schafft die PV-Anlage pro Jahr dann fünf bis zehn Mal aufzuladen (vorausgesetzt, man sammelt die Energie in einem Haus-Akku).

In der Stadt muss man auf Kooperation bauen

Bedeutet unterm Strich: Der Traum von der Unabhängigkeit von Kraftwerken in der Stadt platzt ziemlich schnell. Am Ende sind die Menschen entweder weiter auf die zentralen Stromversorger angewiesen oder können darauf hoffen, dass am Dach des Wohnhauses Solar-Panele installiert werden (und auch die schaffen nicht, alle Wohnungen mit Strom zu versorgen). Oder die Technologie schreitet schnell voran, und man wird einmal ganze Häuserfronten mit Solarzellen zukleben können. Erst dann, aber auch nur vielleicht, wird PV es schaffen, die Wohnung mit Strom einzudecken.

Das ist der eine Teil unserer Kommentarserie Double Trouble. Die Meinung von Oliver Janko zu Balkonkraftwerken liest Du hier:

Mini-PV-Anlagen für den Balkon: Verteufelt nicht die ersten Schritte

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