500 Dollar/Monat einfach so: Eine US-Stadt testet das Grundeinkommen
500 Dollar pro Monat auf einer Kreditkarte ohne Bedingungen: So viel Geld haben 125 Menschen in der kalifornischen Stadt Stockton in den vergangenen acht Monaten bekommen. Denn im Rahmen der so genannten „Stockton Economic Empowerment Demonstration“ (kurz SEED) wird derzeit getestet, wie sich ein bedingungsloses Grundeinkommen (BGE, Basic Income) auf das Leben von Menschen auswirkt. Stockton ist damit die erste US-Stadt, in der mit einem Grundeinkommen experimentiert wird.
Nach acht Monaten – das Programm wird noch zehn weitere Monate laufen – wurden nun die ersten Ergebnisse veröffentlicht. Denn besonders interessant ist, wofür die Menschen das quasi geschenkte öffentliche Geld ausgeben, immerhin gibt es viele Bedenken gegen das BGE, Menschen würden das Geld lediglich verprassen. Doch die Zahlen über das Kaufverhalten der kleinen Testgruppe zeigen etwas anderes.
40 Prozent für Lebensmittel
So wurden fast 40 Prozent des Geldes für Nahrungsmittel ausgegeben, weitere 24 Prozent für Einkäufe etwa in Supermärkten, 11 Prozent für das Begleichen von Rechnungen für Betriebskosten wie Strom, und 9 Prozent für Sprit und Reparaturen am Auto. Der Rest verteilt sich auf Ausgaben für Medikamente, Versicherungen, Freizeitgestaltung, öffentlichen Verkehr, Ausbildung und sogar Spenden. Das Geld wurde auf Pre-Paid-Kreditkarten ausgegeben. Da Teilnehmer jedoch Barbehebungen gemacht haben, lässt sich das echte Ausgabeverhalten nur durch zusätzliche Befragungen erheben.
Um in den Genuss der 500 Dollar/Monat zu kommen, müssen die nach einem Zufallsverfahren ausgewählten Personen älter als 18 Jahre alt sein und in einem Haushalt mit einem Jahreseinkommen von weniger als 46.033 Dollar leben. „SEED zielt darauf ab, eine einfache und doch innovativ Lösung für Armut und Ungleichheit zu testen“, heißt es seitens der Initiatoren rund um Stocktons Bürgermeister Michael Tubbs. Die Stadt mit rund 300.000 Einwohnern unweit des Silicon Valley in Kalifornien leidet nach Krisenjahren nach wie vor an hoher Kinderarmut, unterdurchschnittlichem Bildungsgrad, unterdurchschnittlichen Haushaltseinkommen und einer überdurchschnittlich hohen Arbeitslosenquote.
Nur „nette Anekdoten“?
„In diesem Land haben wir ein Problem damit, Menschen, die wirtschaftlich kämpfen, und Menschen mit Hautfarbe mit Lastern wie Drogenkonsum, Alkoholkonsum, Glücksspiel zu verbinden“, sagte Bürgermeister Tubbs gegenüber der Associated Press. „Ich dachte, es wäre wichtig zu veranschaulichen, dass die Leute dieses Geld nicht für solche Dinge verwenden. Sie benutzen es für das buchstäbliche Notwendigkeiten.“
Auch wenn das SEED-Experiment von unabhängigen Wissenschaftlern begleitet wird, gibt es Kritik daran. Für Matt Zwolinski, Director des Center for Ethics, Economics and Public Policy an der University of San Diego hätte das Experiment mehr mit „netten Anekdoten“ und „Storytelling“ zu tun als mit echter Sozialwissenschaft. Der Zeitraum des Tests (18 Monate) sei zu kurz, um wirklich herausfinden zu können, ob Menschen ihr Verhalten ändern oder nicht.
Viele Versuche
Versuche mit dem BGE gab es bereits anderswo – in Finnland etwa. Dort haben zwischen Jänner 2017 und Dezember 2018 rund 2.000 arbeitslose Finnen ein Zahlung von 560 Euro pro Monat erhalten. Konkrete Ergebnisse soll es Anfang 2020 geben, in einem ersten Zwischenbericht hieß es, dass sich Teilnehmer subjektiv wohler fühlten und weniger Stress hatten. Zu weniger Arbeitslosigkeit hat das BGE aber nicht geführt. Die finnische Regierung hat allerdings mittlerweile beschlossen, das Experiment nicht fortzusetzen. In der Schweiz wurde die Einführung des BGE in einer großen Volksabstimmung 2016 mit großer Mehrheit (78 Prozent) abgelehnt.