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Beteiligungsprogramme – Auswirkungen von Sperrfristen auf die Beteiligungszurechnung

(v.l.n.r.) David Gloser, Christoph Puchner und Manfred Hinteregger von ECOVIS Austria © ECOVIS Austria
(v.l.n.r.) David Gloser, Christoph Puchner und Manfred Hinteregger von ECOVIS Austria © ECOVIS Austria

Mitarbeiterbeteiligungsprogramme stellen ein wesentliches Instrument dar, um Mitarbeiter:innen an das Unternehmen zu binden und zusätzlich zu motivieren, zumal mit einer Beteiligung grundsätzlich auch eine Partizipation am wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens einhergeht.

Bei gesellschaftsrechtlichen Beteiligungsprogrammen (sogenannte Equity-Beteiligungsprogramme), wird dem Mitarbeiter ein echter Gesellschaftsanteil (zB GmbH-Anteil) übertragen. Sofern dabei auch Sperrfristen (zB Vesting) im Zusammenhang mit dem Verkauf der gewährten Anteile vereinbarten werden, stellt sich aus steuerlicher Sicht die Frage, ab welchen Zeitpunkt die Anteile dem Mitarbeiter in steuerlicher Betrachtung zuzurechnen sind.

Steuerliche Rahmenbedingungen für die Beteiligungszurechnung

Hinsichtlich der steuerlichen Auswirkungen von Equity-Beteiligungsprogrammen ist festzuhalten, dass bei einer – unentgeltlichen oder zumindest unterpreisigen – Übertragung der Anteile dem Mitarbeiter steuerlich ein sogenannter steuerpflichtiger geldwerter Vorteil eingeräumt wird, welcher mit dem progressiven Einkommensteuertarif zu belasten ist. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass beim Dienstgeber eine Verpflichtung zur Entrichtung von Lohnnebenkosten ausgelöst wird (rd. 40 Prozent des gewährten Vorteils). Der Zeitpunkt des „Zuflusses“ des geldwerten Vorteils ist davon abhängig, ob und wann der Mitarbeiter wirtschaftlicher Eigentümer der Anteile wird.

Sofern der übertragene Gesellschaftsanteil mit gewissen Verfügungsbeschränkungen in Form von Sperrfristen versehen ist (z.B. Verkauf der Anteile ist erst nach Ablauf von vier Jahren zulässig), stellt sich daher die Frage, ob dem Mitarbeiter (bereits) zu Beginn das wirtschaftliche Eigentum an dem Geschäftsanteil übertragen wurde und diesem die Beteiligung daher zuzurechnen ist.
Nach Ansicht der Finanzverwaltung liegt keine wirtschaftliche Übertragung einer Beteiligung vor, wenn der Mitarbeiter über die Beteiligung nicht frei verfügen kann bzw. ein Verkauf oder die Weitergabe an Dritte durch Vereinbarungen mit dem Arbeitgeber auf Dauer eingeschränkt ist oder dem Mitarbeiter in wirtschaftlicher Betrachtungsweise nur ein Verfügen über die Erträge aus der Beteiligung für eine bestimmte Zeit (z.B. während der Dauer des Dienstverhältnisses) eingeräumt wird. Insbesondere wird laut Finanzverwaltung wirtschaftliches Eigentum dann nicht übertragen, wenn dem Arbeitergeber ein Rückkaufsrecht zu einem vorab definierten Preis eingeräumt wird.

Seitens der Finanzverwaltung wird weiters ausgeführt, dass internationale Unternehmen das Modell „restricted stock“ als Mitarbeiterbeteiligung praktizieren. Ein Dienstnehmer eines internationalen Konzerns erhält im Zeitpunkt X („grant date“) eine bestimmte Anzahl von Aktien ohne Kosten zugesprochen. Ab dem „grant date“ hat der Dienstnehmer Stimmrechte und Dividendenbezugsrechte, darf die Aktien aber nicht verkaufen. Ab dem „vesting date“ (annahmegemäß maximal vier Jahre nach dem „grant date“) kann der Dienstnehmer uneingeschränkt über die Aktien verfügen. Scheidet der Dienstnehmer vor dem „vesting date“ aus, verliert er alle Rechte. In diesem Zusammenhang geht die Finanzverwaltung davon aus, dass der Zufluss im Zeitpunkt des „grant date“ erfolgt.

In der einschlägigen österreichischen Literatur wird davon ausgegangen, dass eine Veräußerungsbeschränkung an sich dem Übergang des wirtschaftlichen Eigentums nicht entgegensteht, sofern dem Mitarbeiter zumindest die Stimmrechte und die Beteiligungserträge zustehen. Ebenso unproblematisch für den Übergang des wirtschaftlichen Eigentums ist das Vorliegen von Zustimmungserfordernissen der Gesellschaft im Falle der Veräußerung, weil dies die Ausübung der Gesellschafterrechte an sich nicht hindert.

Beispiel

Einem Mitarbeiter wird ein Geschäftsanteil an der „Dienstgeber“-GmbH (Verkehrswert des Geschäftsanteils: EUR 100.000) unentgeltlich übertragen, allerdings mit Verfügungsbeschränkungen belastet. Es besteht eine Vesting-Periode von fünf Jahren, die jährlich im Ausmaß von 20 Prozent abreift. Bei einem vorzeitigen Austritt verliert der Mitarbeiter das Recht auf die restlichen GmbH-Anteile. Unabhängig davon stehen dem Dienstnehmer jedoch die Stimmrechte sowie der Anspruch auf Gewinnausschüttungen uneingeschränkt von Beginn an (grant date) zu. Unmittelbar nach Ablauf dieser fünfjährigen Frist wird der Geschäftsanteil durch den Mitarbeiter veräußert (Verkehrswert zu diesem Zeitpunkt: EUR 500.000).

Trotz der Vesting-Periode kann der Mitarbeiter die wesentlichen Gesellschafterrechte (insbesondere Stimmrechte, Recht aus Gewinnausschüttung) von Beginn an ausüben, sodass mit der Übertragung des Anteils auch das wirtschaftliche Eigentum übergeht. Dies stellt beim Mitarbeiter grundsätzlich – sofern keine weiteren Maßnahmen (zB negative Liquidationspräferenz, Darlehenskonstruktion) ergriffen werden – einen geldwerten Vorteil dar und führt somit im Jahr der Übertragung – ohne Liquiditätszufluss – zu nichtselbständigen Einkünften, die mit dem progressiven Einkommensteuertarif zu belasten sind. Der geldwerte Vorteil in Höhe von EUR 100.000 stellt zugleich die Anschaffungskosten des Kapitalanteils des Mitarbeiters dar, welcher nach Ablauf der Sperrfrist um EUR 500.000 veräußert wird. Die damit verbundene realisierte Wertsteigerung in Höhe von EUR 400.000 führt zu Einkünften aus Kapitalvermögen, welche mit dem Sondersteuersatz von 27,5 Prozent (Flat Tax) zu veranlagen sind.

Schlussfolgerung

Sperrfristen (zB Vesting) betreffend die Veräußerungsmöglichkeit von gewährten Beteiligungen im Zusammenhang mit Mitarbeiterbeteiligungsprogrammen hindern bei entsprechender Ausgestaltung nicht den wirtschaftlichen Eigentumsübergang, welcher für die steuerliche Zurechnung der Beteiligung und die Besteuerung maßgeblich ist. Sofern dem Mitarbeiter zumindest die Stimmrechte und die Gewinnausschüttungen zustehen, wird mit der zivilrechtlichen Anteilsübertragung grundsätzlich auch das wirtschaftliche Eigentum auf den Mitarbeiter übertragen.

Gerade bei Startups wird regelmäßig eine Beteiligungszurechnung zu Beginn angestrebt, um die Steuerbelastung für alle Beteiligten möglichst gering zu halten. Sofern das Startup zum Zeitpunkt der Gewährung der Anteile bereits einen gewissen Wert hat, könnte es aufgrund des Beteiligungsprogrammes zu einem höheren „dry income“ und Liquiditätsengpass beim Mitarbeiter bzw Startup kommen. In diesem Fall könnte überlegt werden, welche Möglichkeiten bestehen, um ein „dry income“ zu reduzieren bzw vermeiden (zB negative Liquidationspräferenz, Darlehenskonstruktion).

Der Artikel wurde von David Gloser (Partner, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer), Christoph Puchner (Partner und Steuerberater) sowie Manfred Hinteregger (Steuerberater) von ECOVIS Austria verfasst. ECOVIS Austria ist eine der führenden Steuerberatungskanzleien in Österreich im Startup-Bereich.

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