„Renaissance der bäuerlichen Nahversorger“: Bio-Boom in Österreich nicht zu stoppen
Lockdowns, weniger Geld am Konto und eine allgemeine Verunsicherung: Fast könnte man meinen, dass die Corona-Krise dem Wachstum von Biolebensmitteln nicht zuträglich war. Doch im Gegenteil: Wie neue Zahlen aus dem heute veröffentlichten AMA-Haushaltspanel zeigen, ist der Absatz von Bioprodukten (exkl. Brot und Gebäck) im ersten Halbjahr 2020 sogar gestiegen.
Die eingekaufte Menge an frischen Bio-Lebensmitteln (exkl. Brot und Gebäck) stieg im ersten Halbjahr 2020 gegenüber den ersten sechs Monaten im Jahr 2019 um ordentliche 14,4 Prozent, der Wertzuwachs betrug sogar knapp 20 Prozent. Was man dabei aber auch berücksichtigen muss: Der Bio-Anteil steigt zwar seit Jahren kontinuierlich, hat im Juni diesen Jahres mit 10 Prozent aber erstmals überhaupt einen zweistelligen Wert erreicht. Heißt im Umkehrschluss: 90 Prozent der Lebensmittel, die in Österreich konsumiert werden, sind nicht Bio.
Nachholbedarf bei Wurst und Fleisch
Wie sieht es nun im Detail aus? Den höchsten Bio-Anteil im österreichischen Lebensmitteleinzelhandel verbuchen die Sortimente Milch und Eier. Erdäpfel, Gemüse und Fruchtjoghurt liegen ebenfalls über dem Durchschnitt. Jedes zehnte Produkt in den Warengruppen Butter, Käse und Obst stammt somit aus biologischer Landwirtschaft. Unterdurchschnittlich fällt der Bio-Anteil bei Wurst und Schinken sowie Fleisch und Geflügel aus – hier gibt es deutlichen Nachholbedarf. Einzig bei Eiern gab es dieses Jahr einen Rückgang. Das lag aber nicht an sinkender Nachfrage, sondern an der geringen Verfügbarkeit.
Der Gesamtmarkt für Biolebensmittel hat laut AMA im Jahr 2019 erstmals die Marke von zwei Milliarden Euro geknackt. Plus von 6,7 Prozent gegenüber 2018. Geht es 2020 so weiter, dann wird auch dieses Jahr wieder ein Rekordwert erreicht werden.
Boom bei Direktvermarktung
Wo besorgen sich die Österreicher die Biolebensmittel? Mehr als drei Viertel aller biologischen Produkte wurden im Lebensmitteleinzelhandel gekauft, 15 Prozent im Fachhandel oder direkt beim Bio-Bauern, 7 Prozent in der Gastronomie. Besonders interessant ist im Corona-Jahr 2020 das direkte Bestellen bei Produzenten geworden.
Man kann fast schon von einer Renaissance der bäuerlichen NahversorgerInnen sprechen. Die Menschen haben sich in der Krise wieder vermehrt der bäuerlichen Direktvermarktung zugewandt. Bio-Kistl-Anbieter haben einen regelrechten Ansturm erlebt und mussten teilweise sogar einen Aufnahmestopp von NeukundInnen vornehmen
, heißt es seitens Gertraud Grabmann, Obfrau von Bio Austria. Das Netzwerk der österreichischen Biobäuerinnen und Biobauern hat die neuen Zahlen gemeinsam mit AMA bei einer Pressekonferenz präsentiert.
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