Kreislaufwirtschaft

Biofabrique Vienna: Neue Materialien aus Industrie- und Lebensmittelabfällen

Neu in der Großstadt: Die Biofabrique Vienna verarbeitet ungenutzte Ressourcen und wandelt diese in neue Materialien um. © Wirtschaftsagentur Wien
Neu in der Großstadt: Die Biofabrique Vienna verarbeitet ungenutzte Ressourcen und wandelt diese in neue Materialien um. © Wirtschaftsagentur Wien
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Ein neues Projekt mit dem Namen „Biofabrique Vienna” befindet sich inmitten des Nordwestbahnhofareals im 20. Wiener Gemeindebezirk. Die Vision: Aus Abfällen wie Ziegelsplitter und Fußmehl, die normalerweise entsorgt werden, neue Rohstoffe herzustellen. Die Biofabrique Vienna ist ein Pilotprojekt der Wirtschaftsagentur Wien und Atelier LUMA in Partnerschaft mit der TU Wien. Bei der heutigen Pressekonferenz wurden die ersten nachhaltigen Ziegel-Prototypen präsentiert. Vor Ort waren Wiener Wirtschaftsstadtrat Peter Hanke und Wirtschaftsagentur Wien Geschäftsführer Gerhard Hirczi.

Die Biofabrique stellt sich vor

100 Tage lang hat das eigens für die Biofabrique zusammengestellte Team Zeit, an neuen Materialien zu forschen. Die Vorgabe: Es muss sich bei den verwendeten Substanzen um Abfallströme der Industrie oder der Lebensmittelproduktion handeln. Ungenutzte Ressourcen der Stadt dürfen ebenso für die Experimente herangezogen werden. Gemeinsam mit internationalen Expert:innen stellt das Team, zu dem auch 60 Studierende zählen, neues Material für Architektur, Design und Industrie her. „Es ist, als würden wir Rezepte für Baustoffe erstellen“, erzählt Biofabrique-Mitglied und Architektin Sophie Coqui vom Studio Dreist. Inspiriert wurde das Projekt vom Programm LUMA Arles, einem künstlerischen Kulturkomplex aus Frankreich, der durch interdisziplinäre Zusammenarbeit neue Werke produziert – zum Beispiel Designmöbel, aber stets mit dem Ziel vor Augen weniger umweltbelastende Materialien zu entwickeln.

Nachhaltige Prototypen aus Lehm, Mehl, Orangen und Whey-Protein

In Wien werden nun seit drei Wochen vor allem alternative Bau- und Ziegelsteine hergestellt. Einen davon nahm Wirtschaftsstadtradt Peter Hanke genauer unter die Lupe. Dabei handelt es sich um eine Mischung aus Lehm und überschüssigem Ziegelsplit von Wienerberger. Der Ziegel wiegt relativ weniger und lässt sich zum Beispiel für den Bau von Zwischenwänden einsetzen, verrät Diplom-Ingenieur und Senior Artist Thomas Amann aus dem Projektteam der Biofabrique. Ein weiterer Ziegel-Prototyp der Biofabrique ist der erste „Wiener Ziegel”, der sich aus dem Lehmgemisch des Öffi-Ausbaus der Wiener Linien und dem Fußmehl der Bäckerei Ströck zusammensetzt. Auch wird an einer Materialmischung aus Treber – Rückstände des Braumalzes bei der Bierherstellung-,  Mehl und Wasser geforscht, die sich eventuell für Paneele zur Wandverkleidung eignet. Zu den ersten Partnern, die der Biofabrique ihre Abfallströme zur Verfügung stellen, zählt neben Ströck und den Wiener Linien auch Wienerberger. Fest steht: Materialien können viele gebraucht werden. Das Forschungsteam experimentiert zum Beispiel auch mit Orangenschalen, Heu und Stroh sowie dem Whey Protein, das man sonst aus Proteinshakes kennt.

So sehen die ersten Prototypen der Biofabrique Vienna aus. © Trending Topics/Julia Gerber
So sehen die ersten Prototypen der Biofabrique Vienna aus. © Trending Topics/Julia Gerber

Kreislaufwirtschaft und Weiterverwendung von Materialien

Projekte wie diese werden ins Leben gerufen, um neue nachhaltige Wege zu gehen. Es sei eine von vielen Möglichkeiten, gegen den Klimawandel vorzugehen, so Stadtrat Hanke. „Im städtischen Alltag zeigt sich besonders deutlich, dass unsere Ressourcen begrenzt und wertvoll sind. Das Pilotprojekt der Biofabrique Vienna ist daher ein wichtiger Schritt hin zu einer funktionierenden Kreislaufwirtschaft und der Wieder- beziehungsweise Weiterverwendung von Materialien. Mit der Biofabrique gehen wir hier ganz neue Wege”, so Hanke. Die Arbeit teilt man sich folgendermaßen auf: Während das französische Atelier LUMA die Expertise liefert, ist die TU Wien als Forschungspartner mit dabei. Die Wirtschaftsagentur unterstützt finanziell sowie zu einem späteren Zeitpunkt auch bei der strategischen Umsetzung von Konzeptideen.

Next Phase: Gastro-Bereich der Vienna Design Week

Im September 2024 findet wieder die „Vienna Design Week“ statt. Dabei soll der Gastro-Bereich mit den neu entwickelten Materialien gestaltet werden, so Projektmitglied und Architektin Luisa Zwetkow vom Studio Dreist. Gerhard Hirczi, Geschäftsführer der Wirtschaftsagentur Wien, verlautbart: „Die Ausstattung der Vienna Design Week ist der erste Schritt auf dem Weg zu einer klimaneutralen Produktion in Wien. Unsere Vision ist, das Modell auch in der industriellen Produktion zu nutzen. Hoch- und Tiefbau sollen genauso profitieren wie die Lebensmittelindustrie. Wir arbeiten darauf hin, das Modell in alle Bereiche des städtischen Alltags zu übersetzen.” Im Rahmen der Klima Biennale, die noch bis zum 14. Juli läuft, kann die Biofabrique besichtigt werden. „Wer Visionen hat soll zu uns in die Biofabrique kommen”, so Hirczi abschließend.

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