Birkenstock-IPO: Schafft die Rebellen-Sandale den Höhenflug an der Börse?
Die Birkenstock Holding hat heute die Preisgestaltung für ihr erstes öffentliches Angebot von 32.258.064 Stammaktien zu einem Preis von 46 Dollar pro Aktie bekannt gegeben. Damit soll das Unternehmen hinter der traditionsreichen Hippie-Sandale beim heutigen Börsengang in New York unter dem Symbol „BIRK“ mit 8,64 Milliarden Dollar (8,14 Mrd. Euro) bewertet werden. Der Mehrheitseigentümer, die Beteiligungsgesellschaft L Catterton, hat damit eher das untere Ende der Price Range, die zuvor bei 44 bis 49 Dollar festgelegt wurde, gewählt.
Birkenstock, bereits 1774 gegründet und in den letzten Jahren zu einer hippen Marke gewachsen, wird heute nachmittag an der NYSE in den USA an der Börse starten. Zuvor war schon von einer Bewertung von bis zu 9,2 Milliarden Dollar die Rede gewesen, nun fällt die angepeilte Valuation deutlich geringer aus. Das kann auch damit zu tun haben, dass die Stimmung an den Märkten deutlich durchwachsen ist. Bei Börsengängen von Chip-Spezialist Arm oder dem Lebensmittelzusteller Instacart hat man zuletzt gesehen, dass die Luft nach dem IPO schnell wieder draußen war – zudem drückt der Krieg in Israel zusätzlich die Stimmung.
Bei Birkenstock, das zuletzt mit seinen für das Fußbett besonders gesunden Sandalen im „Barbie“-Film gefeaturet wurde, setzt man darauf, Mainstream geworden zu sein. „In den 1960er und 1970er Jahren machten sich die weltweite Friedensbewegung und die Hippies Birkenstock zu eigen und trugen unsere Produkte in Madrid, Arizona und Boston, als Teil ihrer Feier der Freiheit und des Freigeistes. In den 1980er Jahren machte sich die grüne Bewegung Birkenstock zu eigen und trug unsere Produkte mit Stolz, weil sie ethisch einwandfrei produziert und konsumiert wurden“, heißt es im Börsenprospekt. „In den 1990er Jahren, inspiriert durch die feministische Bewegung, trugen immer mehr Frauen Birkenstocks, um sich von den langjährigen Modenormen zu befreien, die das Tragen von schmerzhaften hohen Absätzen und anderem einschränkenden Schuhwerk vorschrieben.“
Die Sandalen mit dem besonderen Kork-Fußbett werden also als durchaus rebellisches Schuhwerk gesehen, das nun Mainstream und Teil der Popkultur wurde. Heute würden Kund:innen die „gesunden, qualitativ hochwertigen Produkten“ schätzen und gleichzeitig der formellen Kleiderkultur“ eine Absage erteilen.
Wie üblich bei Börsenprospekten musste auch Birkenstock, seit 2021 mehrheitlich in Besitz der Beteiligungsgesellschaft L Catterton (sie gehört wiederum zum französischen Luxusgüter-Konzern LVMH), tiefe Einblicke in die Risiken für Unternehmen, Produkte und Marke geben. Neben üblichen Risiken für börsennotierte Unternehmen wie Wirtschaftslage, Lieferketten usw. Spannend zu lesen ist aber auch, dass es starke Abhängigkeiten im B2B-Geschäft – also wenn Birkenstocks über Schuhhändler:innen vertrieben werden – gibt und man deswegen weiter die D2C-Strategie ausbauen möchte. Denn das gehört auch zum Unternehmenskern: Möglichst viel Kontrolle über alles.
Birkenstock: Kult-Schlapfen suchen IPO-Bewertung von bis zu 9,2 Milliarden Dollar
Birkenstock: Vertikale Integration und D2C im Fokus
„Ein wesentliches Unterscheidungsmerkmal von Birkenstock ist unsere vertikal integrierte Fertigung, die in einer Branche, die die Produktion seit den 1980er Jahren weitgehend ins Ausland verlagert hat, starke Wettbewerbs- und Betriebsvorteile schafft“, heißt es. Fast alle Produkte werden in fünf Fabriken in Deutschland (vor allem in Ostdeutschland) hergestellt, der D2C-Anteil am Umsatz beträgt etwa 38 Prozent – also wenn über den eigenen Online-Shop oder die derzeit 45 eigenen Retail Stores verkauft wird. Kontrolle von Produktion bis Absatz ist enorm wichtig für das Unternehmen, denn anders als Hochtechnologie sind die Produkte nicht vor Nachahmern gefeit.
„Einige unserer Schuhdesigns, einschließlich einiger unserer Hauptprodukte, sind nicht durch Geschmacksmuster oder andere Designrechte geschützt. Dies kann bedeuten, dass wir Dritte nicht rechtlich daran hindern können, Lookalike-Produkte oder Produkte, die unsere Designs anderweitig verwenden, herzustellen. Ab 2018 haben wir unseren Ansatz für den Schutz und die Durchsetzung von geistigem Eigentum geändert und begonnen, unsere Designrechte konsequenter zu registrieren, Patente für neue Produkte zu beantragen und unsere geistigen Eigentumsrechte konsequent gegen Verletzungen durchzusetzen“, heißt es im Prospekt. „Unsere Fähigkeit, unsere IP-Rechte in Bezug auf gefälschte oder verletzende Produkte durchzusetzen, ist jedoch auf dem Markt kann in einigen Fällen von den Beklagten als verjährt angefochten werden, und zwar auf der Grundlage der Behauptung, dass wir unsere IP-Rechte nicht rechtzeitig durchgesetzt haben.“
Bedeutet also: Im B2B-Schuhhandel könnte es schnell passieren, dass Birkenstock-Sandalen neben sehr ähnlichen Schuhen anderer Hersteller stehen, die aber günstiger sind. Das zeigt, wie abhängig Birkenstock von der vollen Kontrolle über die gesamte Wertschöpfungskette ist – und deswegen wird auch die vertikale Integration so stark betont.