Bitcoin: „Bürgerkrieg“ droht die Kryptowährung zu entzweien – und wie man sich darauf vorbereitet
Millionen von Nutzern, die virtuelles Geld im Wert von aktuell mehr als 45 Milliarden Dollar handeln und pro Tag 300.000 Transaktionen durchführen: Bitcoin ist seit seiner Einführung im Jahr 2009 zu einem digitalen Handelsgut, zum Objekt vieler Spekulationen und zu einem Zahlungsmittel gewachsen, das von Regulatoren immer genauer ins Visier genommen wird. Doch nach wie vor weiß niemand so ganz genau, wie es nach dem 1. August mit der Kryptowährung weitergehen wird. Denn auch nach den Versuchen, einen Kompromiss zu finden, tobt – wie der britische Economist schreibt – ein „Bürgerkrieg“ in der Bitcoin-Community. Dabei geht es darum, wie die Blockchain, auf der Bitcoin basiert, künftig technisch funktionieren wird, und auch darum, wer die Kontrolle über die eigentlich dezentrale Währung haben kann.
Die Blockchain, also quasi das Kassenbuch, auf der Bitcoin basiert und in der alle Transaktionen gespeichert werden, schafft derzeit drei Transaktionen pro Sekunde – und ist damit an die Grenzen ihrer aktuellen Leistungsfähigkeit gestossen. Zum Vergleich: Die Kreditkartenfirma VISA schafft bis zu 4.000 Transaktionen pro Sekunde. Für Bitcoin-Besitzer, die zum Beispiel etwas mit Kryptowährung bezahlen wollen, bedeutet es, dass sie hohe Gebühren zahlen müssen, wenn sie eine Transaktion schnell abwickeln wollen.
Miner gegen Coder
Die Bitcoin-Blockchain wird aktuell etwa alle zehn Minuten um einen Block ergänzt. Ein Block ist ein Megabyte groß. Um mehr Transaktionen abwickeln zu können, soll die Block-Größe ab 1. August auf 2 Megabyte (mit dem so genannten Update „SegWit2x“) erweitert werden. Doch das stößt bei einigen Fraktionen auf wenig Gegenliebe – weil es eben um viel Geld geht. Stellen morgen einige wichtige Bitcoin-Miner nicht auf das neue Bitcoin-Protokoll um, dann droht eine Aufspaltung in zwei Währungen, also ein sogenannter „Hard Fork“: Bitcoin und Bitcoin Cash. Befürchtet werden in Folge starke Kursschwankungen und ein massiver Vertrauensverlust.
Firmen wie Blockstream von CEO Adam Back zählen zum so genannten „Bitcoin Core“, also jenen Entwicklern, die die Kryptowährung wesentlich mitprägen. Sie wollen, dass Bitcoin weiterhin einfach, schnell, zuverlässig und vor allem dezentral funktioniert. Back und andere wollen, dass die Block-Größe klein bleibt, damit weiterhin viele Privatnutzer bzw. deren Computer die Berechnungen schaffen und die Macht über Bitcoin sich nicht in die Rechenzentren weniger Firmen verlagert. Ein so genannter „User Activated Soft Fork“ (UASF) will erzwingen, dass keine Verdoppelung der Block-Größe eingeführt wird und die zur Verfügung stehende Datenmenge durch eine Auslagerung der Signatur (SegWit, kurz für „Segregated Witness“) erhöht wird.
Dem gegenüber stehen Mining-Firmen wie Bitmain aus China von CEO Jihan Wu, die Bitcoins mit großer Rechenpower schürfen. Wu und andere sind dafür, die Block-Größe zu verdoppeln und später noch größer zu machen – schließlich haben sie die Kapazitäten, um die Berechnungen zu schaffen. Bitmain kontrolliert eigenen Angaben zufolge rund 10 Prozent der gesamten Rechenleistung des Systems, rund 60 Prozent der Rechenkapazitäten sollen Schätzungen zufolge in China liegen. Dort sind Rechenzentren und die dazu nötige Energie günstiger als im Westen. Der Kompromiss “SegWit2x” hat zwar die Unterstützung von fast allen Minern bekommen, doch kurzfristig könnte noch jemand einen Rückzieher machen – und damit die Spaltung vorantreiben. Sollte sich UASF ein Erfolg werden, hat Bitmain angekündigt, einen „Hardfork“ zu erzwingen.
Vorbereitungen für den großen Tag
Wer Bitcoins hält, der sollte für die Umstellung des Bitcoin-Protokolls und einen möglichen „Hard Fork“ am 1. August folgendes berücksichtigen:
- Bitcoins in unabhängigen Börsen bzw. Wallets aufbewahren, damit man sich selbst für ein Fork (Bitcoin oder Bitcoin Cash) entscheiden kann. Unabhängige Börsen und Wallets unterstützen beide Chains.
- Rund um den 1. August keine Transaktionen tätigen
- Sollten zwei Bitcoin-Varianten entstehen, einige Zeit abwarten, bevor man sich für eine entscheidet
- Nicht beide Blockchains parallel verwenden – Bitcoin-Börsen werden ohnehin verhindern, dass zwei Mal der gleiche Coin ausgegeben wird