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Bitcoin: Wie das Lightning Network die Kryptowährung beschleunigt

Lightning Bolt. © Zuza Gałczyńska on Unsplash
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Bitcoin ist zum Traden oder Hodeln da – diese Meinung ist heute noch weit verbreitet. Doch das Beispiel von El Salvador, dass BTC als offizielles Zahlungsmittel einführt (mehr dazu hier), führt vor Augen, dass das begehrte Krypto-Assets auch im Alltag eine immer größere Rolle spielen kann. Um BTC-Zahlungen im Alltag schneller und günstiger zu machen, wird die Entwicklung des Lightning Network vorangetrieben – eine so genannte Layer-2-Lösung für das Bitcoin-Netzwerk.

Johannes Grill von Bitcoin Austria und Daniel Weigl und Johannes Zweng von Coinfinity erläutern im großen Interview, wie das Lightning Network funktioniert, wie man den Einstieg schafft, wie Smart Contracts funktionieren und warum es nicht für anderen Krypto-Assets, abgesehen von Litecoin, gedacht ist.

Trending Topics: Banale Frage zuerst: Ist das Lightning Network (LN) selbst eine Blockchain?

Johannes Grill: Nein, das LN ist keine Blockchain. Das Netzwerk wird hier von (mittlerweile zig-tausenden) Zahlungskanälen gebildet, über das Zahlungen äußerst günstig und schnell gesendet werden können.

Auf der Bitcoin-Blockchain wird nur beim Öffnen eines neuen Kanals und beim Schließen eine Transaktion geschrieben. Solange ein Kanal offen ist, können dort beliebig viele Zahlungen durchgeführt werden, ohne das etwas in die Blockchain geschrieben wird. Ein Kanal kann auch für immer geöffnet bleiben.

Daniel Weigl und Johannes Zweng: Nein, aber es nutzt Funktionen, die die darunter liegende Blockchain anbietet, wie etwa Multisig oder Locktime. Die Blockchain wird bei LN nur im Ausnahmefall benutzt. Wenn etwa einer der Teilnehmer nicht mehr erreichbar ist, kann der Channel geschlossen werden und wird dadurch auf der Bitcoin-Blockchain beglichen, aber im Regelfall muss ein LN-Channel prinzipiell nie geschlossen werden.

Für das Verständnis wichtig: Die Bitcoins in einem Lightning Channel sind immer genauso “echte” Bitcoins. Eine Lightning Wallet hat zu jedem Zeitpunkt gültig signierte Bitcoin-Transaktionen in der Hand, die sie jederzeit sofort on-chain broadcasten könnte (um die Bitcoins on-chain zu bewegen). Das Elegante daran ist: Man kann, aber muss das nicht tun. Wichtig ist nur, dass man das jederzeit tun könnte. Man hat volle Verfügungsgewalt über seine Bitcoins genauso wie on-chain, aber spart wertvolle Ressourcen in der Blockchain, indem man seine Transaktionen nur im Ausnahmefall on-chain veröffentlicht.

Wer treibt die Entwicklung des Lightning Networks wesentlich voran? Ist diese Entwicklung „dezentral“?

Grill: Am meisten verbreitet sind die LN-Node-Implementierungen von C-Lightning (Blockstream) und LND (Lightning Labs). Man kann bei LN aber auch durchaus sein eigenes Süppchen kochen und neue Features integrieren. Der zwingende Protokoll-Konsens ist hier nicht so streng wie bei Bitcoin auf Blockchain-Ebene. So gesehen verläuft die Entwicklung hier dezentraler als bei Bitcoin selbst.

Für den Anwender viel interessanter ist die mittlerweile gute Zahl an Bitcoin-Wallets, die LN unterstützen. Mit Breez, Phoenix, Muun oder Wallet of Satoshi kann auch ein technisch nicht versierter Nutzer sehr einfach LN-Zahlungen empfangen und senden.

Weigl/Zweng: Es gibt wie gesagt zwei größere Projekte (LND und C-Lightning) und einige kleinere, die bringen die meisten Neuerungen ein. Aber auch zahlreiche Individuen die keinem Projekt direkt zugeordnet sind. Es gibt nicht die eine Firma “Lightning GmbH”, die alle Fäden in der Hand hält. Alles in allem schätzen wir die Arbeit an Lightning noch dezentraler ein, als die Arbeit an Bitcoin Core.

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Wie dezentral ist LN selbst?

Grill: Aktuell sind 15.000 Nodes mit 65.000 öffentlichen Channels aktiv und 2.300 BTC an Liquidität im LN. Die Nutzung steigt 2021 rasant mit einer Rate von etwa 10 Prozent pro Monat. Projekte wie RaspiBlitz oder Umbrel bieten eine vergleichsweise einfache Möglichkeit, eine eigene Bitcoin-Fullnode mit Lightning Network zu betreiben. Mit einer eigenen Node ist man völlig unabhängig, im Alltag reicht aber auch eine der oben genannten Wallets.

Wie funktionieren die Smart Contracts bei LN? Was sind die besten Beispiele dafür?

​​Weigl/Zweng: LN an sich führt keine neue Smart Contract-Funktionalität in Bitcoin ein. Allerdings wird nach dem Taproot-Softfork-Update auch Smart-Contract-Funktionalität im Bitcoin-Netzwerk ermöglicht (nicht nur auf LN). Im Unterschied zu Ethereum, wo der gesamte Code und Storage eines Contracts on-chain liegt, sind dies Contracts, bei denen die Ausführung Off-Chain erfolgt (von den beteiligten Parteien selbst) und nur das Ergebnis des Contracts dann On-Chain vollzogen wird. 

Oder anders formuliert: Man kann Bitcoins dann so “sperren”, dass sie nur von jemanden bewegt werden können, der (zum Teil auch komplexe und kombinierte) Off-Chain-Bedingungen erfüllen kann (das ist der Smart Contract). Die Erfüllung und Validierung der Contracts erfolgt dabei komplett Client-seitig, aber nur dann, wenn die Erfüllung OK war, kommt ein Ergebnis raus, mit dem die Coins dann On-Chain bewegt werden können. Solche Contracts sind öffentlich auf der Blockchain nicht sichtbar.

Was sind eurer Meinung nach die Top 3 bereits funktionierenden Einsatzgebiete? Sind Micropayments das Haupteinsatzgebiet?

Grill: Micropayments war eine erste Einsatzmöglichkeit. Mittlerweile laufen auch größere Beträge gut durch das LN. Das LN ist die vielversprechendste, nachhaltige Skalierungslösung für Bitcoin-Zahlungen. Der bisher größte „Feldversuch“ startet am 7. September in El Salvador. Bitcoin im Alltagszahlungsverkehr kann sinnvoll nur über das LN gemacht werden.

​​Weigl/Zweng: Vor allem für Over-the-Counter-Payments bietet LN sich sehr gut an, da es keine Wartezeit auf eine Confirmation gibt. Wenn das Payment durchgeroutet ist, ist es bestätigt, das dauert im Regelfall weniger als 10 Sekunden. Ansonsten sind die Einsatzgebiete wie für Bitcoin.

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Wie viele TPS schafft LN, im Vergleich zum Bitcoin-Netzwerk?

Grill: Bei sogenannten Onchain-Transaktionen ist die Blockgröße der limitierende Faktor (im Durchschnitt 1 MB pro 10 Minuten). Eine LN-Transaktion „belastet“ nur die daran beteiligen LN-Nodes, der Rechenaufwand und Speicherplatzbedarf ist minimal. Weiters wächst die Verarbeitungskapazität mit den Netzwerk mit. Das LN hat also kein Limit und stellt eine nachhaltige Skalierungslösung für Bitcoin dar.

LN erscheint mir wie ein Workaround, wenn Transaktionen Off-Chain genommen werden, um sie schneller zu machen. Warum kann man Bitcoin selbst nicht schneller machen?

Grill:  Die TPS bei Bitcoin On-Chain zu erhöhen würde bedeuten, die Blockgröße zu erhöhen oder überhaupt unendlich große Blöcke zuzulassen. Diese unendlich großen Blöcke müssten nun von allen Fullnodes für immer gespeichert werden und jedenfalls für die Miner auch weiterhin sehr schnell weltweit synchronisiert werden (ansonsten würden häufig „orphaned“ Blocks entstehen). Man sieht also, dass größere Blocks keine dauerhafte Lösung sein können.

​​Weigl/Zweng: Die globale Bitcoin-Blockchain ist eine limitierte Ressource. Jede Full-Node und jeder Miner muss jede einzelne Transaktion validieren, dh. dadurch sind der Skalierung automatisch Grenzen gesetzt. Wenn man jetzt einfach die Blöcke größer machen würde, würde dies dazu führen, dass die technischen Anforderungen an Fullnodes steigen (mehr Speicherplatz/Bandbreite/Rechenpower) – sprich man würde Fullnodes verlieren, bis man irgendwann kein dezentrales System mehr hat, sondern erst wieder weltweit nur wenige Großrechner in Rechenzentren.

Es ist wichtig, dass jede/jeder selbst zuhause eine Full-Node betreiben kann, um die Regeln im Netzwerk selbst prüfen zu können. Dazu muss man kein Miner sein, Full-Nodes sind mindestens genauso wichtig wie Miner. Kurz: Man kann on-chain nicht beliebig skalieren, wenn man ein dezentrales System behalten will.

Weiters: “off-chain” klingt oft so, als wäre dies unsicherer als On-Chain. Dabei stimmt dies nicht, LN-Zahlungen basieren immer auf einer On-Chain-Transaktion – also der Transaktion, mit der der LN-Channel geöffnet wurde – und haben im Wesentlichen dieselben Sicherheitsgarantien. Eine LN Transaktion ist nach Abschluss immer sofort finalisiert und sicher unumkehrbar. Man hat die Sicherheit der on-chain Transaktion und die unbegrenzten TPS Skalierungsmöglichkeiten von off-chain. Best of both worlds!

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Funktioniert LN nur mit BTC oder auch anderen Token? Nicht jeder würde BTC als Zahlungsmittel ansehen.

Grill: Das LN ist heute für Bitcoin und Litecoin nutzbar. Das LN benötigt auf der jeweiligen Blockchain einige technische Voraussetzungen wie z.B. Multisig und HTLCs (Hash-time-locked-contracs). Mir sind keine Projekte bekannt und ich sehe auch keinen Bedarf, das LN für andere Coins nutzbar zu machen.

​​Weigl/Zweng: Es gibt eine Implementierung für Litecoin, aber primär wurde und wird LN für Bitcoin entwickelt.

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