Bitpanda: Die Reise des Neobrokers geht Richtung Robinhood
Die Demokratisierung der Finanzwelt und einfach jedem das Investieren in verschiedenste Assets ermöglichen. Das ist nicht nur das Ziel der mit etwa 8 Milliarden US-Dollar bewerteten Trading-App Robinhood, sondern neuerdings auch das Ziel der Wiener Crypto-Firma Bitpanda. Nach einem Investment des Wiener VCs Speedinvest geht es neben der regionalen Expansion in die Länder Spanien, Frankreich und Türkei auch um die Ausweitung des Produkt-Portfolios.
„Es geht nicht nur um Crypto. Bitpanda will über Kryptowährungen hinaus expandieren und in neue Asset-Klassen gehen“, so Stefan Klestil, Fintech-Experte bei Speedinvest. „Das ist eine Vision, die uns begeistert.“ Naheliegend ist da natürlich, dass Nutzer neben Kryptowährungen wie Bitcoin und Ethereum sowie Edelmetallen wie Gold und Silber also künftig auch Aktien kaufen oder in ETFs investieren können – einfach über die App von Bitpanda. Crypto-Startup war gestern – Neobroker ist morgen.
Aktien, ETFs und Options Trading
Eine Ausweitung des Portfolios auf Aktien, Fonds und Options Trading würde die Bitpanda-Plattform jener des US-Startups Robinhood ziemlich ähnlich machen – hoffentlich mit dem wichtigen Unterschied, dass die Infrastruktur bei Anstürmen auch hält. In den vergangenen Wochen ist Robinhood eher negativ aufgefallen, weil die Server gerade dann nicht hielten, als die Aktienmärkte Achterbahn fuhren und Millionen Nutzer weder kaufen noch verkaufen konnten. Top-Investor Sequoia Capital und andere VCs hat das laut Bloomberg nicht davon abgehalten, frische 250 Millionen Dollar in das 2013 von Baiju Bhatt und Vladimir Tenev gegründete Unternehmen zu pumpen.
„Ich war eigentlich immer der Gegner von VC-Investments“, sagt Bitpanda-Mitgründer Paul Klanschek. „Wir waren vorher immer der Annahme, dass wir eh alles wissen und alle großen Herausforderungen schaffen. Wenn wir aber in neue Asset-Klassen und in neue Märkte gehen, dann hilft es natürlich, wenn man jemanden hat, der das schon öfter gemacht hat.“ Mit Speedinvest und insbesondere Stefan Klestil haben die Bitpanda-Gründer nun jemanden an der Seite, die in den anvisierten Märkten Spanien, Frankreich und der Türkei bereits am Fintech-Markt tätig sind und die jeweils wichtigen Regulatorien und Player von innen kennen. „Die Kurve wird viel steiler aussehen, wenn wir Venture Capital an Bord haben.“
„Unser Ziel ist, Investments zu demokratisieren“
Speedinvest, das dem Vernehmen nach weniger als zehn Millionen Euro bei Bitpanda investiert hat, ist der Türöffner für Bitpanda in neue Gefilde. „So kann man Termine bekommen, die man sonst nicht bekommt, insbesondere dann, wenn das Wort Krypto fällt“, sagt Eric Demuth, Mitgründer von Bitpanda. Solche Termine wird Bitpanda brauchen, um auch Aktien-Trading und Co. anbieten zu können. Interessant ist auch die Wahl der neuen Märkte. Im deutschsprachigen Raum ist Bitpanda bereits fest verankert, Spanien, Frankreich und die Türkei zählen zu den größten Märkten Europas. Wohlweislich ausgelassen wird – vorerst – das Finanz-Powerhouse Großbritannien. Dort ist Robinhood neben seinem Heimatmarkt USA bereits verfügbar.
Wie also wird Bitpanda künftig funktionieren? „Wenn du das iPhone kaufst, kommt es ohne Bedienungsanleitung. Genauso muss es Apps geben – und das ist das, was wir machen -, die intuitiv sind“, sagt Demuth. „Es ist unsere Aufgabe in sämtlichen Asset-Klassen jedem, egal wie viel Geld er hat und wo er herkommt, Zugang zu Investments und zum Trading geben.“ Und weiter: „Wenn man im Monat 30 Euro hat und die in einem Sparplan in Aktien anlegen will, dann wird man das bei uns tun können. Unser Ziel ist, den Finanzmarkt und Investments zu demokratisieren, damit alle die Chance haben zu partizipieren.“
„Wir sind in Österreich in der absoluten Steinzeit“
Aktuell hält Bitpanda bei rund 1,2 Millionen Nutzern, mehrheitlich solche, die gerne Bitcoin und Co kaufen. Das funktioniert gut, die Wiener Firma ist seit drei Jahren profitabel. Doch um schneller und steiler wachsen zu können, geht es jetzt darum, vor allem jüngere Menschen fürs Trading mit Aktien oder ETFs zu begeistern. „In Österreich hält sechs oder sieben Prozent der Bevölkerung Aktien. Das ist nichts“, sagt Klestil. „Wir sind in Österreich in der absoluten Steinzeit, und Player wie Bitpanda sind besonders wichtig.“ Sicher könne man bei Banken und Online-Plattformen sein Geld investieren, aber niederschwellig wären solche Angebote selten. Klestil gibt ein Beispiel. „Um bei Speedinvest zu investieren, musst du laut Gesetz mindestens 100.000 Euro investieren. Das ist höchst ungerecht.“
Der Deal zwischen Bitpanda und Speedinvest, der vergangene Woche verkündet wurde, fällt mitten in die Corona-Krise, wurde aber schon davor beschlossen (Trending Topics berichtete). Mittlerweile gehen Experten davon aus, dass die Corona-Krise so dramatisch werden könnte wie die Weltwirtschaftskrise ab 1929, mit Massenarbeitslosigkeit als Folge. Wird da überhaupt jemand Geld haben, um zu investieren? Klar, meint Klanschek. „Die Leute, die den Finanzmärkten jetzt Vertrauen schenken, die werden profitieren. Firmen, die vorher gut gelaufen sein, werden in zwei Jahren gut laufen. Junge Leute brauchen jetzt die Chance, in dieser Situation einzusteigen.“
Das Geschäft von Bitpanda selbst hat sich als krisensicher erwiesen. Anstatt eines Umsatzeinbruchs, unter dem derzeit nahezu alle anderen Unternehmen von klein bis groß leiden, laufen die Geshcäfte bei Bitpanda auf Hochtouren. „Als Trading-Company profitieren wir natürlich von der Volatilität, netto ist das für uns ein positiver Effekt“, sagt Klanschek „Das macht uns zu einer Ausnahme.“