Analyse: Bitpanda spielt jetzt in der Oberliga der globalen Krypto-Industrie
3,5 Milliarden Euro – mit dieser Bewertung gehört Bitpanda nicht nur zu den wertvollsten Unternehmen Österreichs, sondern hat sich (fast) an die Spitze jener Wachstumsunternehmen weltweit gesetzt, die dieses Jahr mit enormen Summen ausgestattet wurden. Sieht man einmal von den beiden Börsenneulingen Coinbase (ca. 67 Mrd. Dollar) und Robinhood (41% des Umsatzes kommt aus Crypto, Market Cap bei 35 Mrd. Dollar) sowie den großen Exchange-Betreibern wie Binance ab, gibt es kaum Unternehmen, die an Bitpanda heranreichen.
Gemessen an den Finanzierungsrunden des Jahres 2021, die auch in der Krypto-Industrie für eine beispiellose Geldschwemme gesorgt haben, liegt Bitpanda mit insgesamt 443 Mio. Dollar (Series C: 263 Mio. / Series B: 180 Mio. Dollar) auf Platz 2. Nicht einmal der US-Börsenkandidat und Stablecoin-Macher Circle oder Blockchain.com aus Großbritannien haben bisher so viel Risikokapital aufgenommen – wenn auch Circle im vierten Quartal noch einmal bis zu 690 Millionen Dollar im Zuge eines SPACs erhalten könnte.
Auch in Sachen Bewertung spielt Bitpanda international in der Oberliga mit. FTX.com, einer der großen Herausforderer von Binance, liegt schon bei 18 Milliarden, und Bullish Global sucht eine Börsenbewertung von 9 Milliarden Dollar – doch dahinter kommen dann schon Blockchain.com (5,2 Mrd. Dollar), Chainalysis (4,2 Mrd. Dollar und Bitpanda (4,2 Mrd. Dollar). Die Tabelle zeigt das Ranking im Überblick:
Die größten Finanzierungsrunden für Krypto-Firmen 2021:
| Investment | Bewertung | Investoren | Vertical | Herkunft | |
| FTX.com | 900 Mio. Dollar | 18 Mrd. Dollar | Paradigm, Sequoia Capital, Thoma Bravo, SoftBank, Ribbit Capital, Insight Partners, Third Point, Lightspeed Venture Partners, Altimeter, BOND, NEA, Coinbase Ventures, Willoughby Capital, 40North, Senator Investment Group, Sino Global Capital, Multicoin, VanEck, Hudson River Trading, Circle | Exchange | Hongkong/ Antigua & Barbuda |
| Bitpanda | 443 Mio. Dollar (Series C: 263 Series B: 180) |
4,1 Mrd. Dollar | Valar Ventures, Partner von DST Global | Neobroker | Vienna, AUT |
| Circle | 440 Mio. Dollar | 4,5 Mrd. Dollar | Digital Currency Group, Fidelity Management, FTX | Stablecoins | Boston, USA |
| Blockchain.com | 420 Mio. Dollar (Series B: 120 Series C: 300) |
5,2 Mrd. Dollar | DST Global, Lightspeed Venture Partners, VY Capital, Google Ventures | Crypto Wallet | London, UK |
| Ledger | 380 Mio. Dollar | 1,5 Mrd. Dollar | 10T Holdings, Cathay Innovation, Draper Esprit, Draper Associates, Draper Dragon, DCG, Korelya Capital, Wicklow Capital | Crypto Wallet (Hardware) | Paris, France |
| BlockFi | 350 Mio. Dollar | 3 Mrd. Dollar | Valar Ventures, Galaxy Digital, Fidelity, Akuna Capital, SoFi, Coinbase Ventures | Crypto Lending | New York, USA |
| Solana Labs | 314 Mio. Dollar | tba. | Andreessen Horowitz, Polychain Capital, Alameda Research, Blockchange Ventures, CMS Holdings, Coinfund, CoinShares, Collab Currency, Memetic Capital | Blockchain | San Francisco, USA |
| Fireblocks | 310 Mio. Dollar | 2,2 Mrd. Dollar | Sequoia Capital, Stripes, Spark Capital, Coatue, DRW VC, SCB 10X | Infrastructure | New York, USA |
| Dapper Labs | 305 Mio. Dollar | 2,6 Mrd. Dollar | Andreessen Horowitz, Coatue, Michael Jordan, Kevin Durant, Ashton Kutcher, Shawn Mendes, Will Smith | NFT | Vancouver, Canada |
| Bullish | 300 Mio. Dollar (+crypto assets) |
9. Mrd. Dollar | Peter Thiel (Thiel Capital und Founders Fund), Alan Howard, Louis Bacon (Moore Capital), Richard Li (Pacific Century Group), Christian Angermayer (Apeiron Investment Group, Cryptology Asset Group), Galaxy Digital, Nomura | Exchange | tba. |
| Paxos | 300 Mio. Dollar | 2,4 Mrd. Dollar | Oak HC/FT Declaration Partners, PayPal Ventures, Mithril Capital, Senator Investment Group, Liberty City Ventures, WestCap, Bank of America, Founders Fund, Coinbase Ventures, FTX | Blockchain Infra | New York, USA |
| Bitso | 250 Mio. Dollar | 2,2 Mrd. Dollar | Tiger Global, Coatue, Paradigm, BOND, Valor Capital Group, QED, Pantera Capital, Kaszek | Exchange | Mexico City, MEX |
| BitDAO | 230 Mio. Dollar (+crypto assets) | tba. | Peter Thiel, Founders Fund, Dragonfly Capital, Pantera Capital, Alan Howard (Spartan Group), Jump Capital, Fenbushi oder Kain Warwick (Synthetix) | DeFi | tba. |
| Figure Technologies | 200 Mio. Dollar | 3,2 Mrd. Dollar | Morgan Creek Capital, 10T Holdings, Digital Currency Group, Digital Capital Mgt, DST Global | Mortgage | San Francisco, USA |
| Forte | 185 Mio. Dollar | 1 Mrd. Dollar | Griffin Gaming Partners | Gaming | San Francisco, USA |
| Helium | 111 Mio. Dollar | tba. | Andreessen Horowitz, Alameda Research, Ribbit Capital, 10T Holdings, and Multicoin Capital | Decentralized Wireless Network | San Francisco, USA |
| TaxBit | 100 Mio. Dollar | 1,5 Mrd. Dollar | Insight Partners | Crypto Tax Service | Salt Lake City, USA |
| Matrixport | 100 Mio. Dollar | 1 Mrd. Dollar | DST Global, C Ventures, K3 Ventures, Tiger Global, Qiming Ventures Partners, IDG Capital, Dragonfly Capital | Neobank | Singapore |
| Amber Group | 100 Mio. Dollar | 1 Mrd. Dollar | China Renaissance Group, Tiger Brokers, Tiger Global Management, Arena Holdings, Tru Arrow Partners, A&T Capital, Sky9 Capital, DCM Ventures, Gobi Partners, Pantera Capital, Coinbase Ventures, Blockchain.com | Crypto Gateway | Hongkong, HK |
| OpenSea | 100 Mio. Dollar | 1,5 Mrd. Dollar | Andreessen Horowitz, Coatue, Michael Ovitz, Kevin Hartz, Dylan Field, Kevin Durant, Ashton Kutcher, Tobi Lutke | NFT marketplace | New York, USA |
| Chainalysis | 100 Mio. Dollar | 4,2 Mrd. Dollar | Coatue, 9Yards Capital, Benchmark, Accel, Addition, Dragoneer, Durable Capital Partners, Altimeter, Blackstone, GIC, Pictet, Sequoia Heritage, SVB Capital | Blockchain Analytics | New York, USA |
| ConsenSys | 65 Mio. Dollar | tba. | J.P. Morgan, Mastercard, UBS, Protocol Labs (Filecoin), Maker Foundation (MakerDAO), Fenbushi, The LAO und Alameda Research | Ethereum Infra | New York, USA |
Das Interessante an Bitpanda ist, dass das Wiener Unternehmen mit mehr als drei Millionen Nutzern und mehr als 500 Mitarbeitern noch enormes Wachstumspotenzial hat. Die drei Gründer Paul Klanschek, Eric Demuth und Christian Trummer halten gemeinsam noch mehr als 50 Prozent des Unternehmens, was noch Platz für weitere große Finanzierungsrunden lässt. Zudem ist die Firma laut Bitpanda-CEO Eric Demuth seit 5 Jahren konstant profitabel und kann so das Risikokapital von einer stabilen Geschäftsbasis aus hauptsächlich für den Ausbau nutzen.
So manche kritische Stimme hat Bitpanda in der vergangenen Woche als einfache Wechselstube zwischen Fiat und bitcoin bezeichnet. Krypto-Trading ist sicher das Hauptgeschäft, lässt aber außer acht, was in dem Unternehmen noch alles steckt. Hier ein Überblick über die Geschäftsfelder:
1. Krypto-Brokerage:
Coinbase hat 56 Millionen Nutzer, Robinhood 21 Millionen Nutzer – und Bitpanda nur drei Millionen? Das ist auf den ersten Blick wenig, auf den zweiten aber nicht zu unterschätzen. Denn Bitpanda brauchte für das Wachsen von 2 auf drei Millionen Nutzer (+50 Prozent) weniger als ein halbes Jahr. Geht es in dieser Tonart weiter (und jetzt gibt es ordentlich viel Marketing-Budget), dann sind die zehn Millionen User in den nächsten zwei Jahren realistisch.
Mit einem Angebot von mehr als 60 Krypto-Assets (und es werden ständig mehr) ist Bitpanda für viele Mitteleuropäer bereits Anlaufstelle Nummer eins, um Bitcoin und Co. zu kaufen. Mittelfristig stellt die Frage, ob sich Bitpanda gegen Revolut oder den Börsenriesen PayPal behaupten muss, die ihre Krypto-Angebote ebenfalls in Europa ausweiten. Hier könnte ein Kampf um Nutzer über Handelsgebühren folgen. Die sind bei Bitpanda vergleichsweise hoch.
2. Aktien & ETFs:
Klares Ziel von Bitpanda ist, zur „Nummer 1 unter den Investmentplattformen in Europa“ zu werden. Noch ist das Angebot an Aktien und ETFs bei dem Neobroker überschaubar, bei Trade Republic ist die Auswahl viel größer (mehr dazu hier). Doch auch hier wird das Angebot ständig ausgeweitet, und zudem geht Bitpanda einen eigenen Weg.
Denn bei den Aktien und ETFs handelt es sich eigentlich um Derivatprodukte, die Bitpanda mit dem Partner BNP Paribas umsetzt. Das ermöglicht zwei Dinge: Nutzer können so etwa Teilaktien kaufen, und das 24/7. Beim konkurrierenden Neobroker Trade Republic etwa kann man nur ganze Aktien handeln, braucht also nach aktuellem Stand mehr als 580 Euro, um etwa bei Tesla einsteigen zu können. Bei Bitpanda hingegen kann man Tesla-Aktien bereits ab einem Euro kaufen – das kommt jungen Menschen mit wenig Geld entgegen.
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3. Exchange-Business:
Nach Handelsvolumen auf Platz 87 aller weltweit etwa 400 Krypto-Exchanges. Damit ist Bitpanda Pro natürlich viel kleiner als Binance, Coinbase Pro oder FTX.com, aber nicht zu unterschätzen. Das gemeldete Handelsvolumen pro Tag pendelte 2021 stark zwischen grob 4 und 30 Millionen Euro – stark abhängig davon, wie die Stimmung am Krypto-Markt war.
Während so manche Krypto-Exchange, allen voran Binance, ihre Angebote derzeit schrittweise rückbauen müssen, um den Auflagen der Regulierungsbehörden zu entsprechen, agiert Bitpanda (Konzession als Wertpapierfirma) aus einer stabilen Lage heraus. So ist durchaus denkbar, dass sich vor allem (institutionelle) Nutzer in Europa vermehrt solchen Exchanges zuwenden, die regulierte Firmen anbieten, und die Finger von Binance und Co. lassen.
4. B2B-Software:
Bitpanda muss man auch immer mehr als Software-Unternehmen verstehen. Denn eine neue White-Label-Lösung wird seit kurzem anderen Unternehmen angeboten, die ihre Kunden ebenfalls Zugang zu Teilaktien, ETFs, Kryptowährungen und Edelmetallen geben wollen. Neobanken, FinTechs, traditionelle Banken, Robo-Advisors oder Online-Plattformen kommen dafür als Kunden in Frage. Bitpanda-CEO Eric Demuth zufolge sind bereits drei Firmen aus Spanien, Italien und Frankreich Kunden.
