Regulierung

MiCA: Die EU hat das Zeug dazu, zum weltweit führenden Krypto-Block zu werden

Blocks. © Esther Jiao on Unsplash
Blocks. © Esther Jiao on Unsplash
Startup Interviewer: Gib uns dein erstes AI Interview Startup Interviewer: Gib uns dein erstes AI Interview

Die Schlinge zieht sich enger. Bald wird man in der EU keine Stablecoins mehr kaufen können, Security Token Offerings wird man keine mehr durchführen können, und Kryptowährungen könnten im schlimmsten Fall sogar generell verboten werden. Die einzigen, die noch Cryptos auf den Markt bringen dürfen, sind die Zentralbanken, die sich über die so genannten „Central Bank Digital Currencies“ trauen.

Dieser Eindruck entsteht, wenn man die News zu der geplanten EU-weiten Regulierung von Krypto-Assets, kurz MiCA (Markets in Crypto-Assets) liest. So sollen sich die Finanzminister der fünf größten Euro-Länder gar miteinander verschworen haben, um Verbote für gefürchtete Krytowährungen wie Libra (du erinnerst dich, Facebook und so…) durchsetzen zu können. Doch wo Schatten, da auch Licht, wo Verbote, da auch Erlaubnisse.

„Europa an die Spitze setzen“

Denn gar so hart will die EU ja gar nicht gegen Kryptowährungen vorgehen. Wer sich den geleakten Vorschlag der EU-Kommission zu MiCA mit seinen 168 Seiten im Detail reinzieht, der gelangt gar zum Eindruck, dass es da gar nicht um Blockaden einer neuen Technologie geht, sondern vielmehr um den Versuch, zum führenden Krypto-Block der Welt zu werden – noch vor den Kontroll-Freaks in China und den ICO-vergifteten USA.

„Dieser Vorschlag unterstützt einen ganzheitlichen Ansatz zu Blockchain und DLT (Distributed Ledger Technology, Anm.), der darauf abzielt, Europa an die Spitze der Innovation und Adoption zu setzen“, heißt es im Vorwort des MiCA-Papers. Und tatsächlich: Es findet sich vieles darin, das weit über ein plumpes Libra-„Wir haben Angst vor Facebook“-Verbot hinausgeht.

4 große Ziele

MiCA wird von der Kommission als Teil des „FinTech Action Plan“ von 2018 gesehen, soll eine Verordnung werden, wird aber voraussichtlich nicht vor 2022 in Kraft treten. Vorher werden sich die Mitgliedstaaten noch zusammen rauf müssen, ob die am Tisch liegenden Vorschläge nun wirklich der beste Weg sind, um Europa zum echten und besten Crypto-Valley der Welt zu machen. Jedenfalls werden folgende 4 großen Ziele verfolgt:

  1. Rechtssicherheit: Damit sich innerhalb der EU Krypto-Asset-Märkte entwickeln können, bedarf es eines soliden
    Rechtsrahmens für die regulatorische Behandlung aller Krypto-Assets, die nicht die unter die bestehende Gesetzgebung für Finanzdienstleistungen fallen.
  2. Unterstützung der Innovation: Um die Entwicklung von Krypto-Assets und die breitere Anwendung von DLT zu fördern, ist es notwendig, einen sicheren und verhältnismäßigen Rahmen zur Unterstützung von Innovation und fairem Wettbewerb zu schaffen
  3. Anlegerschutz: Es soll ein angemessenes Niveau des Verbraucher- und Anlegerschutzes und der Integrität des Marktes erreicht werden angesichts der Tatsache, dass Krypto-Vermögenswerte vorhanden sind, die nicht von den bestehenden Finanzdienstleistungsgesetzen abgedeckt sind
  4. Sicherstellung der finanziellen Stabilität: Weil einige Stablecloins das Potenzial haben, breit akzeptiert zu werden, brauche es Finanzstabilität und eine geordnete Geldpolitik, um auf sich daraus ergebende Risiken reagieren zu können.

So weit so gut, das sind mal die Rahmenbedingungen, die die EU dem ganzen Komplex geben will. Innovation durch Crypto ja, aber nur, solange die Coins und Token nicht Konsumenten, Anleger und den Euro-Raum gefährden. ICOs und Libra-Coins wird es insofern nicht geben, aber andere Dinge schon.

Einige Vorteile erkannt

Denn die EU-Kommission hat den Wert von Crypto-Assets gerade für kleine und mittlere Unternehmen erkannt, ergo auch Startups. „Die Ausgabe von Krypto-Assets kann eine billigere, weniger belastende und umfassendere Art der Finanzierung für kleine und mittlere Unternehmen ermöglichen, indem sie die Kapitalbeschaffungsprozesse rationalisiert und den Wettbewerb verbessert“, heißt es im MiCA-Papier. Und weiter: „Wenn sie als Zahlungsmittel eingesetzt werden, könnten Token auch Chancen auf billigere, schnellere und effizientere Zahlungen bieten, insbesondere auf grenzüberschreitender Basis, indem sie die Anzahl der Vermittler begrenzen.“ (Liebe Grüße von Ripple, sry, XRP).

Ohne das Kürzel auszusprechen, hat die EU-Kommission also ein offenes Ohr für Security Token Offerings (STOs), weil das ja Firmen eine Möglichkeit gibt, Fundraising zu betreiben, wie es bisher schon beim Crowdfunding üblich ist. Und auch gibt es die Erkenntnis, dass Payment-Token Papier und Münzen noch obsoleter als bisher zu machen und Blockchains durch Peer-to-Peer-Netzwerke Vermittler und ihre Gebühren ausschalten – was sicher im Interesse von Konsumenten ist.

Angst vor Stablecoins

Wovor die EU-Kommission dann doch merklich Angst hat, sind Stablecoins, die durch Facebooks Libra-Projekt und durch den Aufstieg von Tether (USDT, mittlerweile 15 Milliarden Dollar (!!!) Market Cap) eine größere Bekanntheit erlangt haben. Die sind den Brüsselern (und vielen anderen) nicht ganz geheuer, weil man beim einen private Unternehmen am Drücker und beim anderen nicht ganz gefüllte Treasuries fürchtet. Aber, und da zeigt sich die Kommission mutig, einfach verbieten will man Stablecoins nicht.

Denn ein Verbot von Stablecoins hat zwei Probleme. Einerseits wäre es nicht konsistent mit den EU-Zielen, Innovation im Finanz-Sektor zu fördern, und andererseits könnten sich EU-Bürger Stablecoins aus Nicht-EU-Ländern zuwenden (also den USA, China oder Russland), und das würde wiederum die Stabilität des Finanzsektors gefährden. Also besser selber Stablecoins zulassen und regulieren als dabei zuschauen, wie Libra oder DCEP (Digital Currency Electronic Payment, Chinas Stablecoin in Entwicklung) zu rollen beginnen.

Generell will die EU-Kommission zwischen verschiedenen Typen von Crypto-Assets unterscheiden, die dann unterschiedliche Regeln bekommen:

  • Asset-referenced Tokens: Krypto-Assets, deren Hauptzweck die Verwendung als Tauschmittel ist und die einen stabilen Wert erhalten, indem sie sich auf den Wert mehrerer Fiat-Währungen, einer oder mehrerer Rohstoffe (z.B. Gold, Silber, Öl, Immobilien) oder einer oder mehrerer Krypto-Assets oder einer Kombination solcher Vermögenswerte beziehen. Ein Beispiel dafür wäre eben Libra, das seinen Wert aus einem Korb unterschiedlicher Fiat-Währungen berechnet.
  • E-Money Tokens: Krypto-Assets, deren Hauptzweck die Verwendung als Tauschmittel ist und die einen stabilen Wert aufrechterhalten, indem sie eine Fiat-Währung spiegeln (hallo E-Euro)
  • Utility Token: Der Gutschein unter den Tokens; es sind Krypto-Assets, die dazu bestimmt sind, den digitalen Zugriff auf eine Anwendung, Dienste oder Ressourcen zu ermöglichen, die auf einem verteilten Ledger verfügbar sind, und die nur vom Aussteller dieses Tokens akzeptiert werden

Unterschieden wird dann noch, ob Asset-Token oder E-Money-Token „bedeutend“ sind oder nicht. Wenn sie als solche eingestuft werden, unterliegen sie einer noch strengeren Kontrolle als den „normalen“ Tokens. „Bedeutend“ oder „signifikant“ werden Token dann, wenn sie eine bestimmte Größe erreicht haben, und sie unterliegen dann der Zulassung der Europäischen Bankaufsicht (EBA). Was ist nun eine signifikante Größe? Die EU-Kommission schlägt vor:

  • mehr als 2 Millionen Nutzer
  • Marktkapitalisierung höher als 2 Milliarden Euro
  • mehr als eine Million Transaktionen pro Tag
  • mehr als eine Milliarde Euro in Transaktionen pro Tag
  • mehr als zwei Milliarden Euro in der Reserve
  • der Token wird in mindestens sieben EU-Mitgliedstaaten verwendet

Durchaus Startup-freundlich

So sehen also die Pläne für die großen Krypto-Assets aus. Was aber passiert am unteren Ende? Da zeigt sich die EU-Kommission durchaus Startup- und KMU-freundlich. Prinzipiell will sie von den Ausgebern neuer Kryptowährungen ein ausführliches Whitepaper, in dem genau drinnen steht, was der Coin oder Token tut (das ist bei vielen Crypto-Projekten ohnehin üblich).

Doch KMU sind von Veröffentlichung eines solchen Informationsdokuments ausgenommen, wenn der Gesamtgegenwert des Angebots von Krypto-Assets über einen Zeitraum von 12 Monaten weniger als eine Million Euro beträgt. Emittenten von Stablecoins müssen keine Genehmigung einer zuständigen nationalen Behörde einholen, wenn der Betrag der Stablecoins unter 5 Millionen Euro liegt. Auch soll es keine strengen Regeln geben, wenn ein neues Crypto-Asset weniger als 150 Personen pro Mitgliedstaat angeboten wird oder wenn man es nun qualifizierten Investoren verkaufen will.

Werbung
Werbung

Specials unserer Partner

Die besten Artikel in unserem Netzwerk

Deep Dives

#glaubandich CHALLENGE Hochformat.

#glaubandich CHALLENGE 2025

Österreichs größter Startup-Wettbewerb - 13 Top-Investoren mit an Bord
© Wiener Börse

IPO Spotlight

powered by Wiener Börse

Austrian Startup Investment Tracker

Die Finanzierungsrunden 2024

Trending Topics Tech Talk

Der Podcast mit smarten Köpfen für smarte Köpfe

2 Minuten 2 Millionen | Staffel 11

Die Startups - die Investoren - die Deals - die Hintergründe

The Top 101

Die besten Startups & Scale-ups Österreichs im großen Voting

BOLD Community

Podcast-Gespräche mit den BOLD Minds

IPO Success Stories

Der Weg an die Wiener Börse

Weiterlesen