Blue Planet Ecosystems: Österreichisches BioTech-Startup holt Millioneninvestment im Silicon Valley
Sie sind mit einer ganz großen Idee ausgezogen und kommen jetzt mit einer Bombenmeldung zurück: Das Wiener Startup Blue Planet Ecosystems, das vollautomatische, aquatische Ökosysteme zur Fischzucht entwickelt, hat sich bei Investoren im Silicon Valley ein Investment von umgerechnet rund einer Million Euro geholt. Hat bereits der Life-Science-Accelerator IndieBio aus San Francisco ein kleines Investment getätigt, sind jetzt BioXclan aus Südkorea und der weltweit tätige Frühphasen-VC SOSV an Bord gekommen. Laut Paul Schmitzberger, CEO von Blue Planet Ecosystems, haben die Investoren rund zehn Prozent des Unternehmens bekommen.
Sonnenlicht in Fisch verwandeln
Das Startup, das nach seiner Zeit im Startup-Accelerator von IndieBio in San Francisco nun wieder in Wien zurück ist um im 23. Bezirk sein Büro eröffnet hat, hat es sich tatsächlich zum Ziel gesetzt, „Sonnenlicht in Fisch“ zu verwandeln. “Wir bauen aquatische Ökosysteme nach”, sagt Schmitzberger im Gespräch mit Trending Topics. “Wir machen quasi das nach, was auch in einem Teich passiert.”
Das Konzept, das Blue Planet entwickelt, wurde LARA getauft – kurz für „Land-based Automated Recirculating Agriculture.“ Verkürzt gesagt: Das Startup will Fische in von Software überwachten Tanks züchten, die mit Sonnenenergie betrieben werden und auch in verwüsteten Gegenden aufgestellt werden können.
Und das soll so funktionieren: In so genannten „Closed Loop Photo Protein Reactors“ werden zuerst Algen gezüchtet, die wiederum als Nahrung für Plankton dienen, und diese wiederum dienen als Futter für Fisch. Stattfinden soll dieser dreistufige, automatisierte Prozess in großen Schiff-Containern. In San Francisco hat das Startup, das Paul Schmitzberger gemeinsam mit Thomas Daniele Georg Schmitzberger gründete, den ersten Prototypen gebaut.
+++ Das Wiener Startup, das Fische in der Wüste züchten will. Mit Solarenergie. +++
Am neuen Standort in Wien soll jetzt dieser kleine Labor-Prototyp auf industriellen Maßstab gebracht werden. “Das Funding soll uns soweit bringen, dass wir das System erstmals demonstrieren können”, sagt Schmitzberger. “Wir würden gerne Mitte 2020 das erste Mal Fisch produzieren. Das Ziel ist, ein komplett geschlossenes System zu bauen, wo CO2 und Sonnenlicht die Primär-Inputs sind.” Produzieren will man in ersten Schritten Süßwasserfische und Shrimps.
Tierisches Protein im industriellen Maßstab
Hinter dem Plan, aquatische Ökosysteme im industriellen Maßstab künstlich nachzubauen, steckt natürlich eine große Idee. „In den nächsten 50 Jahren wird sich die Menge an tierischem Protein die weltweit konsumiert wird verdoppeln. Die landwirtschaftliche Nutzfläche, die uns zur Produktion dieses Proteins zur Verfügung steht, nimmt jedoch laufend ab“, so Schmitzberger. „Die Ressourcen unserer Erde werden nicht reichen, den wachsenden Bedarf an tierischem Protein nachhaltig zu decken. Fische aus unserem System sind – im Gegensatz zu Fischen aus dem Ozean – frei von Mikroplastik und Pestiziden und werden unabhängig von externen Inputs wie Fischmehl erzeugt.“
Wien als präferierter Standort
Blue Planet Ecosystems ist trotz der großen Funding-Runde noch in einer sehr frühen Phase, in der sich viel um „De-risking“ dreht – also jener Prozess, in dem es darum geht, möglichst viele Faktoren zu eliminieren, die ein Scheitern der Technologie verursachen könnten. Essenziell für das System ist, dass mittels Machine Learning, Computer Vision und IoT die Tanks permanent überwacht und reguliert werden. “Unsere Vision ist, Technologie für die große Industrie zu bauen”, sagt Schmitzberger. “In dieser Radikalität, in der wir das vorhaben, gibt es so etwas relativ selten.“ Das Geschäftsmodell sieht vor, das entwickelte System an Partner zu lizensieren – quasi als „Biology-as-a-Service“.
Um das junge, erst Ende 2018 gegründete Unternehmen voranzutreiben, hat sich das Team Wien als Standort ausgewählt – zum einen, weil zwei der drei Gründer von hier sind, zum anderen, weil die österreichische Hauptstadt in Sachen Kosten doch einige Vorteile im Vergleich zum kostspieligen Silicon Valley hat. In den USA gibt es eine Niederlassung (eine Inc.), in die die Investoren ihr Geld gesteckt haben, die Forschungsarbeit wird in Österreich von der US-Tochter durchgeführt. Derzeit sind sieben Personen – ein Biologe, ein Aquakultur-Experte, vier Techniker und eine Teilchen-Physikerin – für das Startup tätig.