Blutbad für Bitcoin, Cryptos und Tech: US-Zinswende lässt die Märkte krachen
„The labor market is extremely tight, and inflation is much too high. Against this backdrop, today the FOMC raised its policy interest rate by 1/2 percentage point and anticipates that ongoing increases in the target rate for the federal funds rate will be appropriate.“
Es sind zwei kurze Sätze, die zeigen, wo der Hammer wirklich hängt. Vor einer Woche, am 4. Mai, veröffentlichte die US-Notenbank Federal Reserve ihre Ankündigung, den Leitzins in den USA als Abwehrmaßnahme gegen die hohe Inflation um einen halben Prozentpunkt zu erhöhen. Obwohl diese Zinserhöhung längst absehbar war, schickte Jerome Hayden „Jay“ Powell, seines Zeichens Chef der Fed, Schockwellen um den Globus. Die Zinserhöhung, die Investments in Risiko-Assets wie Tech-Aktien und Krypto-Assets unattraktiver macht, hat Billionen Dollar an Marktkapitalisierung ausgelöscht, Bitcoin unter 30.000 Euro geschickt und Tech-Aktien einen Tritt in den Allerwertesten verpasst.
Dass ein alter weißhaariger Mann am Ende so viel Macht hat, das haben wir schon mal hier geschrieben. Powell ist es natürlich nicht alleine – aber wenn die noch mächtigste Nation der Welt ihre Geldpolitik nach 22 Jahren Nullzins dreht, dann dreht sich sehr viel mit. Die Logik vor allem bei institutionellen Investor:innen, die Abermilliarden an Werten bewegen können: Warum in Risiko-Assets investieren, wenn man wieder Zinsen für sein Geld bekommt? Und die andere Logik: Wenn Kredite nun wieder teurer werden, dann werden sich Durchschnittsbürger:innen in Zukunft einfach weniger leisten wollen.
Wie ein alter grauhaariger Mann den Wert deiner Assets beeinflusst
„Negative Feedback Loops“
Und nun dreht sich die Spirale. Und zwar so heftig, dass die Fed nicht einmal eine Woche nach Zinswende vor „negativen Feedback-Loops“ warnt, weil sich die Marktliquidität verschlechtert. Die Angst, wenn Geld vom Markt genommen wird, um es in Zinsfreundlichen Umfeldern zu platzieren, als es in zum Beispiel Tech-Aktien zu investieren, dann schickt das negative Signale in den Markt, und weitere Anleger:innen werden dazu bewegt, selbiges zu tun. Und die Spirale dreht sich.
Bereits jetzt, eine Woche nach der US-Zinswende sieht man also die Effekte. Bereits die Aussicht auf diese Zinserhöhung hat im Laufe des Jahres Tech-Aktien und Krypto-Assets wanken lassen, aber nun gibt es dramatische Folgen. Und da muss man auch anmerken: Im Vergleich zu den Verlusten, den so manche börsennotierte Unternehmen beigebracht werden, nehmen sich die (ebenfalls satten) Verluste von Bitcoin gar nicht so übel aus. Bitcoin fällt aktuell weiter ab und ist am Mittwoch nachmittag nun bei weniger als 28.000 Euro angelangt. Das entspricht einem Kursverlust von 26 Prozent in 7 Tagen oder 38 Prozent seit Jahresbeginn.
Insgesamt verliert der Krypto-Markt seit Jahresbeginn eine satte Billion Dollar und fällt demnach von 2,22 auf nur mehr 1,23 Billionen Euro Marktkapitalisierung.
Der Vergleich seit dem Tag der US-Zinswende (=7 Tage)
- Bitcoin = Blau
- Coinbase = Orange
- MicroStrategy = Gelb
- Rivian = Weiß
- Tesla = Grün
- ARKK = Violett (bekannter Tech-ETF)
- Nasdaq Composite = Türkis
- S&P500 = Türkis
Big Tech wird schwer getroffen
Es sind die wertvollsten Unternehmen der Welt mit Milliarden an Kund:innen und satten Gewinnen, aber auch sie sind nicht vor Einbrüchen gefeit. Wie berichtet haben die größten Tech-Unternehmen der USA an den vergangenen Handelstagen seit dem Start der US-Zinserhöhung gemeinsam etwa eine Billion Dollar an Marktkapitalisierung verloren. Beispiel Apple: War der iPhone-Riese vor kurzem noch auf dem Weg zu einer Marktkapitalisierung von 3 Billionen Dollar, sind es heute nur mehr etwa 2,5 Billionen Dollar.
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Unicorns – aber wie lange noch?
Während erst seit kurzem an der Börse notierte Unternehmen wie Coinbase, Rivian oder UiPath, deren IPOs in den letzten Jahren erst bejubelt wurden, derzeit stark einbrechen, ist auch der Privatmarkt längst nicht mehr sicher. Nachdem Investor:innen schon seit mehreren Monaten nicht mehr gewillt sind, für SaaS oder Fintech die hohen Bewertungen von 2020 oder 2021 zu bezahlen, geht nun die Angst um, dass aus den Unicorns von 2021 die Zombies von 2022 werden könnten – also Firmen, die aufgrund von großen Finanzierungsrunden noch leben, aber wegen dem gebeutelten Marktumfeld das geplante Wachstum nicht hinkriegen.
Tiger Global, einer der aggressivsten Investoren in Tech-Unicorns des letzten Jahres, musste bereits einen Verlust von unglaublichen 17 Milliarden Dollar dieses Jahr wegen dem Tech-Selloff hinnehmen.
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Die Unicorns von 2021 könnten zu den Zombies von 2022 werden
NFT-Blase geht die Luft aus
Bis vor kurzem war noch alles, wo NFT draufstand, ein großer Hype. Aber nun zeigt sich, dass der ohnehin sehr jungen und instabilen NFT-Branche die Luft ausgeht. So leiden NFTs doppelt – zum einen sind ihre Preise im Absinken, und das verdoppelt sich durch die gleichzeitig sinkenden Ethereum-Preise, in denen NFTs meist gehandelt werden. Ein gesunkener Floor Price in ETH bei Bored Ape Yacht Club (BAYC) von 18 Prozent in 7 Tagen bedeutet in Dollar gerechnet ein Minus von 40 Prozent:
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NFT Charts: Bored Apes & Co trotz leichter Erholung schwer angeschlagen
Stablecoin UST bricht in sich zusammen
Die Idee, einen algorithmischen Stablecoin zu schaffen (UST), den man jederzeit in einen anderen Krypto-Token (LUNA) tauschen kann, ist offenbar nach hinten losgegangen. Terra USD auf der 2021 gehypten Terra-Blockchain stürzt aktuell wie ein Kartenhaus in sich zusammen. UST ist nicht mehr einen Dollar, sondern aktuell nur mehr 34 US-Cent wert, der LUNA-Token ist unter einen Dollar gestürzt und damit innerhalb eines Tages um 98 Prozent eingebrochen.
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„Stablecoin“ UST kollabiert vor den Augen der Krypto-Community