Bremsenergie: Wie eine LKW-Karawane am Berg Strom erzeugen kann
Die Welt ist auf der Suche nach neuen grünen Energiequellen, um die Transformation hin zu Erneuerbaren Energien zu meistern. Eine etwas ausgefallene Art, Strom zu erzeugen, schlägt ein Team von Wissenschaftler:innen in der Fachzeitschrift „Energy“ vor. Laut den Forscher:innen des Internationalen Instituts für Angewandte Systemanalyse (IIASA) in Laxenburg ließe sich durch die Bremsenergie von elektrisch angetriebenen LKWs Strom erzeugen, der anschließend ins Stromnetz eingespeist werden kann.
LKWs wandeln potenzielle Energie durch Bremsen in Strom um
Ihre Idee: Besagte LKWs werden am Berg mit Wasser aus Quellen oder Bächen gefüllt und fahren im besten Fall autonom über die steilen Bergstraßen wieder ins Tal. Dadurch wird die potenzielle Energie (Lageenergie) des Wassers und des Fahrzeugs beim Bremsen in elektrischen Strom umgewandelt und gespeichert. Im Tal angekommen, wird das Wasser abgelassen und der Strom ins Stromnetz gespeist. Da der LKW bei seiner Rückfahrt auf den Berg deutlich leichter ist, wird dort weniger Energie benötigt als durch das Bremsen hinunter ins Tal erzeugt wurde.
Die Methode sei besonders für jene Orte interessant, wo es Berge mit einem bestehenden Straßennetz gibt, es aber nicht möglich ist, einen Staudamm zu errichten. Laut Forscher:innen bergen vor allem die Anden in Südamerika und das Himalaya-Gebirge in Asien ein enormes Potenzial, allein dort könnten so mehr als 1.000 Terawattstunden Strom gewonnen werden. Die Kosten belaufen sich je nach Infrastruktur auf 30 bis 100 Dollar (27-91 Euro) pro Megawattstunde, also 3-10 Cent pro Kilowattstunde. Das entspricht laut Fraunhofer-Institut für solare Energiesysteme den Energiekosten einer großen Solaranlage auf einem Dach. Für herkömmliche Wasserkraft gibt die Studie Kosten von 50 bis 200 Dollar pro Megawattstunde an.
Stromerzeugung durch Bremsenergie bereits Realität
Stromerzeugung durch elektrische LKWs ist dabei keine Zukunftsmusik, sondern werden bereits heutzutage verwendet. „Eine ähnliche Anwendung existiert bereits in der Bergbauindustrie in Polen, wo abgebaute Mineralien mit elektrischen LKWs bergab transportiert werden und dabei jedes Fahrzeug bis zu 200 Kilowattstunden pro Tag generieren kann“, schreiben die Autor:innen in ihrem Paper. Am effizientesten wären die Fahrzeuge bei einem Gefälle von 15 Prozent und einer Geschwindigkeit von 40 km/h. 68 Prozent der potenziellen Energie des Wassers könnten so in Strom umgewandelt werden.
Den Wissenschaftler:innen ist dabei klar, dass Dämme eine Lebenserwartung von 40 bis 100 Jahren haben, während ihr Ansatz mit 3 bis 10 Jahren entsprechend kurzlebig ist. In einer Kombination mit Wind- und Sonnenenergie würde eine solche Art von Wasserkraft aber zur Dekarbonisierung der Energieerzeugung beitragen, sind sich die Autor:innen sicher.