Bubble.AI
Der AI-Hype hat Auswüchse angenommen, die immer öfter für Stirnrunzeln sorgen. denn Während die Unternehmensbewertungen von Software- als auch Hardware-Riesen wie Microsoft, Google oder Nvidia neue Rekorde erreicht haben, passen die Umsätze, die mit AI-Tools gemacht werden, noch so gar nicht zu diesen fantastischen Bewertungen. OpenAI etwa wird mit etwa dem 40-fachen seines Umsatzes, der bei etwa 2 Milliarden Dollar hoch gerechnet auf 12 Monate liegen soll bewertet. Noch fantastischer ist die 24-Milliarden-Dollar-Bewertung von xAI von Elon Musk – bei noch gar keinem ersichtlichen Umsatz.
Was ist passiert? Artificial Intelligence hat in Gestalt von ChatGPT, Gemini und Co die Zukunftsaussichten der C-Level und Investor:innen beflügelt. Wenn AI viele Jobs effizienter machen oder ersetzen kann, dann sorgt das für mehr Wertschöpfung. Alleine für Österreich, rechnet die „Digital Austria“-Initiative des Bundeskanzleramts vor, soll der verstärkte Einsatz von Künstlicher Intelligenz „bis 2035 rund sieben Milliarden Euro mehr Wertschöpfung bringen“. Laut Unternehmensberater PwC soll KI potenziell 15,7 Billionen Dollar zur Weltwirtschaft bis 2030 beitragen, dass wäre ein BIP-Anstieg von +26% bis 2030.
Diese These von Produktivitätssteigerungen quer durch sämtliche Branchen dank KI hat vor allem Big Tech genutzt:
- Microsoft ist 2023 zum wertvollsten Unternehmen der Welt aufgestiegen (+3 Billionen Dollar Market Cap)
- Nvidia ist in den vergangenen 12 Monaten um 190% gewachsen
- Google ist erstmals in der Geschichte auf mehr als 2 Billionen Dollar Market Cap gewachsen
- Meta Platforms ist in den vergangenen 12 Monaten um 77% gewachsen
- Amazon als größter Cloud-Anbieter ist in den vergangenen 12 Monaten um 46% gewachsen
Führender AI-Gründer sieht AI als „größte Blase aller Zeiten“
Marktbewertungen und Umsätze passen nicht zusammen
Insgesamt haben die 5 Unternehmen Apple, Microsoft, Alphabet, Amazon und Nvidia 2023 2,4 Billionen Dollar an Marktkapitalisierung zugelegt. Das ist größer als das Bruttoinlandsprodukt von Italien (2023: 2,3 Billionen Dollar), der acht größten Volkswirtschaft der Welt. Damit ist erst mal klar, wer die Gewinner an der Börse dieser steilen Entwicklung sind.
Doch welche Umsätze stehen diesen Rekordwerten gegenüber? 2023 haben die Tech-Riesen einer Analyse von Sequoia Capital zufolge satte 50 Milliarden Dollar die AI-Chips von Nvidia ausgegeben, um damit ihre nächsten AI-Modelle zu trainieren. Damit wirklich erwirtschaftet haben sie Sequoia zufolge im vergangenen Jahr jedoch nur 3 Milliarden Dollar Umsatz.
2024 steigen die Ausgaben für diese AI-Chips noch einmal drastisch: Meta Platforms, also die Mutter von Instagram und WhatsApp, wird alleine dieses Jahr satte 40 Milliarden Dollar in AI investieren. Google will pro Quartal etwa 12 Milliarden Dollar in AI-Infrastruktur investieren, Microsoft, der große OpenAI-Investor, hat im vergangenen Geschäftsquartal 14 Mrd. Dollar in das Feld gesteckt – und wird voraussichtlich nicht auf die Bremse steigen.
Fragt sich natürlich: Wie soll dieses ganze Geld jemals wieder zurück verdient werden? Bei den Big-Tech-Playern wird es schwer sein, dass wirklich getrennt auszuweisen, weil sie AI-Tools quer durch die Bank in ihre Produkte und Services integrieren und so versuchen attraktiver zu machen. Der weltweite Umsatz im Bereich Künstliche Intelligenz in den Anwendungsfeldern Hardware, Software und IT-Services könnte sich laut Prognose im Jahr 2024 auf rund 554,3 Milliarden US-Dollar belaufen, heißt es bei Statista.
Werden AI-Modelle zur „Commodity“?
Für die reinen Anbieter von AI-Modellen jedoch könnte es viel schwieriger werden. OpenAI, Anthropic und einige andere haben üblicherweise 2 Geschäftsmodelle: Im B2C-Bereich gibt es kostenpflichtigen Zugriff auf Premium-Varianten ihrer Chatbots, und im B2B-Bereich werden AI-Modelle via API-Zugriff auf Token-Basis für Input und Output abgerechnet. Die Preise pro 1.000 Token fallen in der intensivierten Konkurrenz zwischen OpenAI (GPT-4), Google (Gemini 1.5 Pro), Anthropic (Claude 3) oder Mistral AI regelmäßig – müssen sie auch, denn Entwickler:innen gehen auch nach diesen Preisen und nicht nur nach der Qualität der AI-Modelle selbst. Oft reichen für bestimmte Anwendungen auch die günstigeren, älteren AI-Modelle.
Deswegen gehen immer mehr Beobachter:innen davon aus, dass AI-Modelle zu einer Art „Commodity“, also einem Rohstoff ohne große Margen werden wird. Anshu Sharma, Geschäftsführer des AI-Datenschutz-Startups Skyflow und ehemaliger Vizepräsident des Business-Software-Riesen Salesforce, etwa glaubt, dass die Zukunft für KI-Startups wie OpenAI und Anthropic düster aussehen könnte. Er sei zwar optimistisch, dass große Unternehmen wie Microsoft und Google in der Lage sein werden, genügend Nutzer anzulocken, damit sich ihre KI-Investitionen lohnen, doch müssen dazu über lange Zeit riesige Summen investieren; kleinere AI-Startups hätten diesen langen Atem nicht, selbst wenn sie Milliarden bekommen haben.
Blasenwarnungen und Rückschläge
Schon länger gibt es die Warnungen, dass AI die „größte Blase seit den 1990ern“ oder sogar die „größte Blase aller Zeiten“ sein könnte. „Das Innovationstempo im Bereich der KI verlangsamt sich, ihr Nutzen ist begrenzt, und die Kosten für ihren Betrieb sind nach wie vor exorbitant“, resümiert das Wall Street Journal aktuell in einer Analyse. Noch aber wird die Welle geritten. Nvidia hat am Sonntag auf der Computex-Messe in Taiwan bereits die übernächste AI-Chip-Generation („Rubin“) angekündigt, bevor nächste Generation („Blackwell“) überhaupt auf dem Markt ist.
Währenddessen mehren sich die Rückschläge: Googles AI-unterstützte Suchmaschine wurde wegen der vielen Fehler in den „AI Previews“ schon zurück geschraubt, die neuen AI-Notebooks von Microsoft und Partnern (Copilot+ PCs) sind nicht wirklich eingeschlagen, und die Reaktionen auf OpenAIs neuestes Modell GPT-4o waren eher verhalten – auf was die Welt wirklich wartet, ist GPT-5.
War also 2023 das Jahr des Booms und des Hypes, wird 2024 das Jahr, in der AI zeigen muss, was sie wirklich kann.
Warnung: „Die AI-Blase ist größer als die Tech-Blase in den 1990ern“