„Wirtschaftliches Comeback“: Geschäfte dürfen ab 14. April schrittweise öffnen
Mit Mundnasenschutz beim Einzug in den Raum der Pressekonferenz und dann hinter Plexiglas zum Volk: Die Regierung hat heute, Montag vormittag, ihre Pläne für eine “schrittweise Öffnung der Gesellschaft” in der Corona-Krise skizziert. “Unser Ziel ist es, schneller als andere aus der Krise herauszukommen”, so Bundeskanzler Sebastian Kurz, man wolle ein “wirtschaftliches Comeback” besser als andere Länder schaffen.
Der Plan für die “neue Normalität” sieht nun so aus:
- ab 14. April dürfen kleine Shops bis 400 Quadratmeter sowie alle Bau- und Gartenmärkte wieder öffnen. Pro 20 Quadratmeter ist ein Kunde zugelassen
- ab 1. Mai sollen alle Geschäfte, Einkaufszentren und Friseure wieder öffnen dürfen
- Alle anderen Dienstleistungen (z.B. Kosmetik, Fitnesscenter), Gastronomie und Hotels sollen frühestens ab Mitte Mai stufenweise öffnen dürfen
- Kontrolliert werden die Geschäfte stichprobenartig
- der Schulbetrieb soll bis Mitte Mai wie derzeit als “Home Schooling” fortgesetzt werden
- das Unisemester wird voraussichtlich digital stattfinden, jedenfalls sollen Prüfungen stattfinden können
- Veranstaltungen dürfen bis Ende Juni keine stattfinden, eine Regelung für den Sommer soll Ende April verkündet werden
- die derzeit geltenden Ausgangs- und Verkehrsbeschränkungen werden bis Ende April verlängert
- Das Tragen von Mundnasenschutz bzw. Bedecken von Mund und Nase wird ab 14. April auf die Öffis ausgeweitet (auch Halstuch oder Schal gilt)
- In Firmen sollen Arbeitgeber im Einvernehmen mit Arbeitnehmer beschließen, ob Masken getragen werden müssen oder nicht
- Bundesgärten werden ab 14. April geöffnet, Polizei wird geregelten Zugang kontrollieren
Keine verpflichtende App
Was noch unklar ist: Wie man sich künftig in Österreich bewegen darf. Zum Thema Reisefreiheit soll es im Laufe der nächsten Woche neue Informationen geben. Konkrete Pläne zu einer Corona-App wurden vorerst noch nicht ausgeführt. “Wir setzen auf einen Mix, bei dem die Freiwilligkeit eine große Rolle spielt“, so jedenfalls Vizekanzler Werner Kogler in Bezug auf das Stichwort „Überwachungsstaat“. „Die App, wenn sie kommen wird, wird auf freiwilliger Basis sein“, so Kurz. Auch Gesundheitsminister Rudolf Anschober spricht von Freiwilligkeit bei einer App.
Details für den Handel
Der Handelsverband hatte im Vorfeld der Pressekonferenz bereits Lockerungen für den Handel gefordert. Analog zur Abholung vorbestellter Speisen in der Gastronomie (sofern diese nicht vor Ort konsumiert werden) solle auch die Abholung vorbestellter Waren im Handel, (so genanntes „Click & Collect“) noch vor Ostern ermöglicht werden. Darüber hinaus solle es nach Ostern allen Geschäften wieder ermöglicht werden zu öffnen, und zwar unter gleichen Regeln für alle.
„Was wir derzeit auf keinen Fall brauchen, ist kollektive Verunsicherung durch unklare, komplizierte Regelungen. Wir schlagen daher eine ganz simple 1-10-Regel vor, um den Mindestsicherheitsabstand von einem Meter gewährleisten zu können: Ein Kunde pro 10 Quadratmeter Verkaufsfläche für jedes Geschäft – egal welche Branche, egal welche Unternehmensgröße, egal wie groß die Fläche“, so Rainer Will vom Handelsverband. Laut Bundeskanzler Kurz gilt allerdings eine 1:20-Regel – ein Kunde pro 20 Quadratmeter ist erlaubt.
Klarheit wünscht sich der Handel in Sachen Kosten für die MNS-Masken. Wer soll für die dadurch entstehenden Mehrkosten schlussendlich aufkommen? Der Handelsverband schätzt die derzeitigen Beschaffungskosten für MNS-Masken auf rund 40 Cent bis 1 Euro pro Stück. Rewe hat bereits angekündigt, dass Billa, Merkur, Penny, Bipa und Adeg die MNS-Masken künftig zu einem Preis von einem Euro verkaufen werden. „Der Kostenbeitrag liegt unter unserem Selbstkostenpreis – wir verdienen daran selbstverständlich keinen Cent“, so Marcel Haraszti, Vorstand der REWE International AG. Die Regierung will übrigens auch kontrollieren, dass Unternehmen durch den Verkauf von MNS-Masken keinen Gewinn machen.
„Geschafft, die Kurve zu verflachen“
Man habe sich die Detailzahlen näher angesehen: “Wir kommen zu einem berechtigten Schluss: Der erste Kraftakt auf unserem Weg ist gelungen”, erklärt Anschober eingangs. Man habe richtige Maßnahmen zum richtigen Zeitpunkt gesetzt, “wir sind in dieser Frage auf einem guten Weg”.
Mitte März sei die Kurve täglich um 40 Prozent bis zu 45 Prozent gestiegen. Anschober: “Hätte sich das fortgesetzt, wäre das eine Katastrophe mit 2,7 Millionen Kranken geworden”. Es sei der Regierung gelungen, diese Rate, “diese massive exponentielle Kurve zu verflachen” – das sei mit heutigem Tag geschafft. “Wir haben es geschafft, die Kurve zu verflachen”, erklärte Anschober, die tägliche Steigerung heute liegt bei 1,6 Prozent.
Alle Bundesländer waren im Schnitt der letzten fünf Tage unter fünf Prozent. Der Trend gehe “in Richtung tägliche Reduktion.” Wesentlich seien in dieser Hinsicht auch die Verdoppelungszahlen. Mitte März dauerte es 3,6 Tage, bis sich die Zahl der Infizierten verdoppelte, letzte Märzwoche dann 5,9 Tage und von 30. März bis heute etwa 16,5 Tage. Der Trend stimme auch hier, “wir haben die richtige Richtung eingeschlagen”.
Österreich habe 187 Neuinfektionen in den letzten 24 Stunden, bei 465 neuen Genesenen. 257 Personen befinden sich in intensivmedizinischer Betreuung, auch diese Zahlen seien stabil. Und: Das sei der stärkste Rückgang innerhalb der europäischen Union. Anschober bedankt sich bei der Bevölkerung: “Danke, unglaubliche viele in Österreich machen mit und haben mitgemacht.” Das alles sei zwar ein “riesiger Erfolg, aber nur erster Etappensieg. Diese Woche muss genauso konsequent fortgesetzt werden, was wir an Maßnahmen realisiert haben.”
Ziel ist laut Gesundheitsminister Rudolf Anschober, Spielraum für die Öffnung zu schaffen. Sein Appell: Die Osterfeiertage nichts riskieren, konsequent sein, “auch wenn es verlockend ist”, sich draußen zu treffen.
Was ist nun Ostern erlaubt?
Über das Wochenende sorgte der Erlass vom Freitag für viele Diskussionen, ganz klar war nicht, was erlaubt ist – und was nicht. Das ist hiermit vom Tisch. Anschober: “Der Erlass vom Wochenende ist nicht mehr erforderlich, also zurückgezogen, die Verkehrsbeschränkungen gelten ohnehin weiter.” Insofern: Einkaufen, Spazieren (mit Mitbewohnern und entsprechend Abstand), Hilfe für andere Menschen und Arbeit (samt Weg zur und von der Arbeitsstelle) sind erlaubt. Die kontrollierte Öffnung wird noch laut Anschober deutlich schwieriger, da “steht ganz ganz viel auf dem Spiel”. Diese bereits bestehende Regelung wird bis zum 30. April verlängert.
Anschober erklärt die Hintergründe: “Wir werden durch diese Maßnahmen in der Lage sein, jederzeit auch Notbremse ziehen zu können. Die kontrollierte Öffnung und die Gesundheit der Bevölkerung steht im Mittelpunkt. Es darf nicht passieren, dass wir diesen Etappenerfolg gefährden”.