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Buy Now Pay Later: So sexy können Schulden sein

Leere Taschen. © Towfiqu barbhuiya on Unsplash
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Was klingt nach einem besseren Deal: Sneaker um 120 Euro, oder Sneaker, für die man die nächsten zwölf Monate jeweils 11 Euro pro Monat abdrückt? Auch wenn der erste Deal der günstigere ist, für immer mehr Menschen fällt die Wahl auf Nummer zwei. Denn Buy Now Pay Later-Dienste (BNPL), direkt integriert in Online-Shops, bieten die schnelle Möglichkeit, sich einen Ratenkredit auf Knopfdruck zu besorgen und die Rechnung über Zeit (und mit satten Zinsen) abzustottern.

BNPL ist der letzte Schrei am Fintech-Markt. Nachdem der europäische Marktführer Klarna dieses Jahr auf eine Bewertung von 37,5 Mrd. Euro (45,6 Milliarden US-Dollar) kletterte und der US-Payment-Dienst Square erst gestern 24,4 Mrd. Euro (29 Mrd. Dollar) für den australischen BNPL-Anbieter Afterpay bezahlte, ist klar: Hier wittern Investoren und Tech-Unternehmen das ganz große Zukunftsgeschäft. Denn die Statistik zeigt: Die Bewertungen der BNPL-Firmen sind, gemessen am Jahresumsatz, sprichwörtlich fabelhaft:

Bewertung Gewinn/Verlust 2020 Umsatz 2020 Umsatz-Multiple
AfterPay 29 Mrd. Dollar – 17 Mio. Dollar 384 Mio. Dollar 75x
Klarna 45,6 Mrd. Dollar – 167 Mio. Dollar 1,1 Mrd. Dollar 41x
Affirm* 17 Mrd. Dollar – 55 Mio. Dollar 834 Mio. Dollar 20x

* vorläufige Zahlen, Geschäftsjahr endete Juni 2021

Dafür ist aber auch das Wachstum gehörig. Afterpay hat seinen Umsatz von 2019 auf 2020 verdoppelt und im ersten Halbjahr 2021 noch einmal eine Verdoppelung berichtet. Klarna, das bis vor einigen Jahren profitabel unterwegs war, wird derzeit mit Hilfe massiver Investitionen zu einer Consumer-Brand aufgepumpt, die gleichzeitig Einkaufszentrum und Kreditinstitut ist und dem hungrigen Konsumenten alles (Produkt, Lieferung, Finanzierung) aus einer Hand bieten will. Auch Apple will wie berichtet ein eigenes BNPL-Angebot stellen (mehr dazu hier).

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Vervierfachung des Marktes

Woher kommt die Lust der Industrie auf BNPL? Ganz klar: Das enorme Wachstumspotenzial. Juniper Research zufolge wird der globale Markt für BNPL von 226 Milliarden Dollar 2021 auf 995 Milliarden Dollar im Jahr 2026 wachsen – sich innerhalb von fünf Jahren also mehr als vervierfachen. 2026 sollen 24 Prozent der weltweiten E-Commerce-Transaktionen via BNPL abgewickelt werden, im Vergleich zu nur 9 Prozent im Jahr 2021. Im Kern findet eine Verlagerung von Konsumentenkrediten und Ratenkäufen weg von Banken hin zu Tech-Unternehmen (meistens oft selbst Neobanken) statt – ein Milliardengeschäft für die, die sich in den Online-Shops als De-Facto-Lösung für BNPL positionieren können und sich überall, wo viel Geld fließt, einbinden lassen.

Und auch wenn die Anbieter nicht gerne darüber sprechen – natürlich ist es die Corona-Krise, die ihnen den ganz großen Schub verpasst hat. „Die Unsicherheit in Bezug auf Beschäftigung und Finanzen hat dazu beigetragen, das Wachstum im Bereich BNPL voranzutreiben. Und im Jahr 2020 nutzten die Menschen diese Möglichkeit zunehmend, um kleinere Anschaffungen zu finanzieren – und nicht nur große. Selbst Verbraucher mit finanziellen Mitteln haben nach verantwortungsvollen Möglichkeiten gesucht, um Einkäufe zu finanzieren, ohne dass Gebühren anfallen“, heißt es seitens PayPal, das mittlerweile ebenfalls Ratenzahlungen („Installments“) anbietet.

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Kaufen, was man sich nicht leisten kann

Eine Untersuchung von Netfluential und PayPal hat auch gezeigt, das vor allem junge Konsumenten zwischen 18 und 39 gerne auf BNPL zugreifen. 28 Prozent würden eher wieder bei einem Händler einkaufen, wenn dieser eine BNPL-Option anbietet, und 32 Prozent würden Einkäufe tätigen, die sie sonst aufgeschoben hätten. Laut Marktführer Klarna würde der durchschnittliche Bestellwert mit Hilfe von BNPL um 58 Prozent höher liegen und die Conversion im Checkout (also wenn der Kunde wirklich auf Bestellen klickt) um 30 Prozent steigen – und wäre für Händler ein gutes Tool, um mehr Umsatz zu machen.

Dass gerade junge Menschen auf BNPL abfahren, ist kein Wunder. Überall – von Facebook über Instagram und Pinterest bis hin zu TikTok – werden ihnen Konsumgüter aller Art mit allen erdenklichen Tricks schmackhaft gemacht und sie in Online-Shops getrieben. dort hilft es dann, die Dinge, die sie sich gar nicht auf einmal leisten können, in Ratenzahlungen abstottern zu können.

Klarna-Gründer und CEO Sebastian Siemiatkowski meint dazu: „Verbraucher:innen lehnen Kreditangebote mit Zinsen und Gebühren ab und bevorzugen zunehmend Debitkarten, während sie gleichzeitig nach Einkaufserlebnissen suchen, die besser zu ihren Bedürfnissen passen.“ Klarna sei eben bequemer und würde die „veralteten Modelle“ des Kredits in Frage stellen.

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BNPL statt Kreditkarte

Genau: BNPL ist für viele ein Ersatz für die Kreditkarte. Die bekommen viele Menschen nicht mehr, stattdessen gibt es Debitkarten bei Neobanken mit saftigen Überziehungszinsen (wenn man überhaupt sein Konto überziehen kann). BNPL sorgt nun dafür, dass man in Raten abstottern kann – und wenn man die Fristen verpasst, dann schlagen die Anbieter mit dicken Gebühren zu. Und das wiederum hat bereits Regulierungsbehörden auf den Plan gerufen. Denn in den USA etwa sagen 45 Prozent der BNPL-Nutzer, dass sie so Käufe getätigt haben, die sie sich gar nicht leisten konnten. Und 31 Prozent der BNPL-Kunden haben wegen einer verpassten Zahlung eine Säumnisgebühr zahlen müssen – und sind damit mitten im Geschäftsmodell der Anbieter gelandet.

Die britische Finanzaufsicht (FCA) hat dieses Jahr angekündigt, den BNPL-Markt einer Überprüfung hinsichtlich neuer Regeln zu unterziehen. „Es sind dringend Änderungen erforderlich, um BNPL in die Regulierung einzubinden und die Verbraucher zu schützen“, so Christopher Woolard, Vorsitzender der FCA, in einer Presseerklärung. „Neue Formen der Kreditaufnahme und die Auswirkungen der Pandemie verändern den Markt: Milliarden von Pfund werden nun unreguliert abgewickelt und Millionen von Verbrauchern sind stärker von finanziellen Schwierigkeiten bedroht.“ Deswegen müsse eine bessere Schuldnerberatung angeboten werden.

Ungleiche Auswirkungen der Pandemie

In Großbritannien, dem in Europa fortschrittlichsten Fintech-Markt, zeigten sich sehr schnell die Auswüchse des neuen Geschäfts. Die Inanspruchnahme von BNPL-Produkten hat sich 2020 fast vervierfacht und beläuft sich derzeit auf 2,7 Milliarden Pfund, wobei 5 Millionen Menschen diese Produkte seit Beginn der Coronavirus-Pandemie genutzt haben. Jeder zehnte Kunde, der BNPL nutzte, sei bereits im Zahlungsrückstand.

„Unbezahlbare Kredite können das Leben von Menschen beeinträchtigen, die ohnehin schon Schwierigkeiten haben, ihre täglichen Ausgaben zu bewältigen“, so Charles Randell, Vorsitzender der FCA. „Während wir in den Jahren vor dem Coronavirus Fortschritte bei der Verringerung der unbezahlbaren Schulden gemacht haben, hatte die Pandemie ungleiche Auswirkungen auf die Haushalte. Viele Menschen konnten ihre Schulden abbauen, aber einige der Ärmsten in unserer Gesellschaft haben ihre Ersparnisse aufgebraucht oder weitere Schulden angehäuft.“

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