„Buy the Rumours, Sell the News“: Wie Krypto-Investor:innen oft ticken
Wenn größere Neuerungen bei Krypto-Assets oder auch bei Aktien passieren, aber die Kurse – für viele überraschend – kaum reagieren, dann sagen Fachleute gerne analytisch: „Das wurde schon eingepreist“. Bedeutet: Oft sind etwa technische Upgrades wie zuletzt bei Ethereum („The Merge“) schon monatelang bekannt, und Investor:innen haben schon längst ihre Investments diesbezüglich gemacht.
So geschehen etwa vergangene Woche bei Ethereums großen Umstieg auf Proof of Stake. Ethereum-Entwickler:innen haben satte sechs Jahre an dem Monsterprojekt gearbeitet, immer wieder wurde das Datum nach hinten verschoben. Technisch gesehen hat sich das ausgezahlt. Nach unzähligen Tests ist die Beendigung der Mining-Ära glatt über die Bühne gegangen (Trending Topics berichtete).
Doch am Kurs konnte man The Merge eigentlich nicht erkennen. Seit der Verschmelzung von altem Mainnet und neuer Beacon Chain lief technisch alles glatt, aber der Kurs von ETH ist seit dem Morgen des 15. September nicht gestiegen – sondern im Gegenteil gefallen, und zwar um satte 18 Prozent. Zwar sind auch andere Krypto-Assets im gleichen Zeitraum im Preis gefallen, aber die meisten nicht so deutlich und im einstelligen Prozentbereich (z.B. Bitcoin um ca. 8 Prozent).
Klar wiegen andere Faktoren auch schwer. So steht heute am späten Nachmittag aller Voraussicht nach die nächste US-Leitzinserhöhung auf nunmehr 3 und mehr Prozent an, um die hohe Inflation zu bekämpfen. Doch auch hier hat man gesehen: Ethereum und Bitcoin sind zu Wochenbeginn (und auch davor) schon mal vorsorglich gesunken, eben in Erwartung der Zinserhöhung die bereits ihre Schatten vorauswirft (Trending Topics berichtete).
Aber zurück zu Ethereum: Sieht man sich den ETH-Kurs über den Sommer an, dann wird man feststellen, dass Ether im Preis überdurchschnittlich gegenüber Bitcoin gewachsen ist. Hier die Charts der vergangenen 3 Monate:
Ethereum wuchst vor The Merge stark – und fiel danach stark
Hier zeigt sich klar, dass Ethereum sich Mitte Juli von der Kursentwicklung des Bitcoin löst und viel stärker steigt. Das sind auch die Monate bis zu The Merge, in denen das endgültige Datum immer klarer wurde. Zwar wartete die Ethereum Foundation sehr lange, um den genauen Zeitpunkt zu kommunizieren, aber immer neue Gerüchte wollten es schon früher wissen und sagten den Zeitpunkt immer genauer voraus. Das beflügelte dann auch den Ether-Kurs.
Auch in der Vergangenheit bei Bitcoin konnte man immer wieder sehen, dass große Neuerungen bereits Wochen oder Monate vor dem tatsächlichen Happening eingepreist worden waren. Mehrere Tage vor dem großen Taproot-Upgrade am 14. November 2021 erreichte BTC bereits am 10. November 2021 sein bisheriges Allzeithoch von 69.320 Euro. Danach ging es seither meistens bergab. Aktuell sind Krypto-Anleger:innen in Erwartung des Urteils der US-Börsenaufsicht SEC im Fall Ripple/XRP. Der Entscheid ist noch nicht da, aber auf Basis von Gerüchten ging der Kurs des XRP-Tokens zuletzt wieder deutlich nach oben (mehr dazu hier).
Diese und andere Beispiele zeigen immer wieder: Trotz aller Daten, Graphen und technischen Analysen wird der Krypto-Markt sehr stark durch Gerüchte und Erwartungen in Bezug auf künftige Ereignisse getrieben – und weniger von den Hard Facts, die etwa technische Upgrades liefern. Der Turbo für die Verbreitung dieser Marktgerüchte sind Twitter, Telegram-Gruppen und so manche Blogs. Immer wieder bewahrheitet sich da ein altes Trader-Sprichwort: „Buy the Rumours, Sell the News“.
„Buy the Rumor, Sell the News“: Schlacht der Schlagzeilen am Krypto-Markt