Calm/Storm Ventures: Mehr als vier Millionen Euro für 28 Startups
„Wir waren sicher ein Gewinner dieser Pandemie, weil die Aufmerksamkeit auf die Themen Gesundheit und Wellbeing extrem gestiegen sind, und weil man gesehen hat, dass die Gesundheitssysteme Verbesserungsbedarf haben, vor allem, was die Digitalisierung angeht.“ Lucanus Polagnoli kann gemeinsam mit Michael Ströck, seinem Co-Founder bei Calm/Storm Ventures, auf sicher stürmische vergangene 12 Monate zurückblicken. Waren es vor einem Jahr noch 12 Startups im Portfolio des auf Digital Health fokussierten Mikro-Fonds, so sind es jetzt bereits 28.
Eine stattliche Zahl an Investments also, die Calm/Storm von Wien aus in ganz Europa tätigt. 150.000 Euro investiert der Mikro-Fonds im Schnitt pro Startup, hat insgesamt also bereits etwa 4,2 Millionen Euro fließen lassen. Und das in einer Nische, die von vielen anderen Investoren nicht gesehen wird oder in die sie sich nicht hineintrauen. „Wir spezialisieren uns auf Tabuthemen, also Dinge, über die man analog kaum spricht, aber digital stark gesucht werden“, sagt Polagnoli. Erektionsprobleme, Verstopfung, Fruchtbarkeit – das sind die Themen, die „seine“ Gründer unter anderem angehen.
Tabuthemen, die sich auszahlen
Das Prinzip dahinter: Gesundheitliche Probleme wie die eben genannten werden in der analogen Welt oft nicht angesprochen, doch gibt es für sie oft gewaltige Suchvolumina im Digital-Search-Bereich, die man mit digitalen Produkten (z.B. die App blueheart, die Pärchen mit Libidoproblemen helfen soll) adressieren kann. Anstatt Nutzer Dr. Google zu überlassen, sollen Calm/Storm-Portfolio-Unternehmen sinnvolle Digital Companions bieten, die Menschen Hilfe zur Selbsthilfe geben.
Als Mikro-Fonds schwimmt der Wiener VC in einem Meer aus Investoren in Europa. 3.000 Fonds gibt es am Kontinent, und 90 Prozent davon investieren in der Seed-Stage, also meistens bei Finanzierungsrunden zwischen 750.000 bis 1,5 Millionen Euro. Als Mikro-Fonds hängt sich Calm/Storm mit seinen Finanzspritzen von im Schnitt 150.000 Euro an diese Runden dran und hat sich so ein europaweites Netzwerk aufbauen können.
„Es war nur eine Frage der Zeit“
In Österreich haben Polagnoli und Ströck, die von Business Angel Hansi Hansmann unterstützt werden, bisher nur zwei Investments getätigt, sind jedoch oft dann dabei, wenn heimische Gründer im Ausland neue Projekte angehen – wie zuletzt etwa bei Kiko oder AirBank. Dass es in Österreich mit 2021 nun endlich zwei neue Unicorns gibt, ist für Polagnoli, der früher beim Wiener VC Speedinvest tätig war, keine große Überraschung. „Es war nur eine Frage der Zeit, bis diese Erfolgsmeldungen kommen werden“, sagt er.
Dass es 2021 in Europas so viele Riesen-Deals gebe, sei nur teilweise durch den Digitalisierungs-Push der Panedmie zu erklären. Vor der Pandemie haben Fonds auf der ganzen Welt viel Geld geraised und stehen unter Investitionsdruck – Softbank und Tiger Global sind aktuell die beiden auffälligsten. Und: In den USA gibt es im Venture-Bereich eine enorme Konkurrenzsituation. Die Folge: Investoren kommen verstärkt nach Europa, wo noch niedrigere Bewertungen (und somit attraktivere Deals) zu bekommen sind.
Im Digital-Health-Bereich sind (bis auf Ausnahmen wie KRY in Schweden) noch vergleichsweise wenige neue Unicorns zu beobachten. Polagnoli: „Man kann HealthTech mit Fintech nicht vergleichen, HealthTech ist viel später gekommen. Es wird noch deutlich länger brauchen, bis wir Unicorns in Österreich oder Deutschland im HealthTech-Bereich sehen.“ Wer hat da gute Chancen? Zwei fallen Polagnoli sofort ein: Calm/Storm-Ventures ist bei zwei Startups von ehemaligen mySugr-Gründern an Bord. Eines heißt hi.health (Trending Topics berichtete), und das andere scharrt bereits in den Startlöchern.