Capito: Mit Künstlicher Intelligenz gegen unverständliches „Behördendeutsch“
Behördendeutsch – dieser Ausdruck steht stellvertretend für viele schriftliche Werke von eben diesen, Behörden, aber auch Versicherungen, Banken und anderen Organisationen, welche im Leben der Menschen unverzichtbar sind, deren Texte aber besonders komplex, sachlich und für Laien teils unverständlich sind. Allein indem diese Ausdrucksform bereits als eine eigene Sprache umgangssprachlich bezeichnet wird, wird damit ein Problem deutlich. Denn, wie bei anderen Fremdsprachen auch, ist das Verstehen von diesem Behördendeutsch einigen Menschen nicht möglich.
Verstehen ermöglichen
„Verständliche Information ist der Schlüssel zur Welt“, so das Gründungsduo von Capito, Walburga Fröhlich und Klaus Candussi. Diese wollen daher diesen Schlüssel für alle zugänglich machen. Entstanden ist Capito als eine der Dienstleistungen von der Mutter-Organisation Atempo, ein inklusives Sozialunternehmen, das Produkte und Dienstleistungen entwickelt, welche Menschen mit und ohne Behinderung ein gleichberechtigteres Leben ermöglichen sollen.
Capito bietet die „Übersetzung“ von Texten in Leichter Sprache. Auch bietet das steirische Unternehmen eine automatisierte Schreibhilfe an, welche direkt beim Verfassen von Text in leicht verständlicher Sprache unterstützt. Capito ist ein Social Franchise Netzwerk, mit Niederlassungen in Deutschland, Österreich und der Schweiz, so das Unternehmen.
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Automatisierte Vereinfachungs-Software geplant
Hinter den beiden Unternehmen steht Walburga Fröhlich. Für die Mitgründerin und CEO von Capito ist das Verstehen von Nachrichten eine wichtige Voraussetzung für eine faire Gesellschaft. „Nicht Verstehen können, ist eine erste Stufe zur Spaltung einer Gesellschaft“, so Fröhlich. Ist ein Text zu schwer verständlich, würde das dazu führen, dass andere, leichter verständliche Quellen konsumiert würden, welche dann gegebenenfalls weniger seriös seien.
Um in Zukunft daher noch niederschwelliger schwerer verständliche Texte in leichter verständliche Texte umzuwandeln, entwickelt Capito im Moment etwas Neues und erhält dafür Unterstützung von der EU. 1,72 Millionen Euro sicherte sich das steirische Unternehmen jüngst im Rahmen des EIC (European Innovation Council)-Accelerator. “Die EIC Förderung ermöglicht uns zwei ganz wichtige Entwicklungsschritte“, so Fröhlich, „Zum einen können wir nun die automatisierte Vereinfachungs-Software, von capito und die dahinter liegende künstliche Intelligenz mit voller Kraft weiter entwickeln; zum anderen die digitalen Angebote künftig auch für Englisch, Spanisch und Französisch anbieten und so mehr als 100 Millionen Menschen weltweit helfen, wichtige Informationen zu verstehen.“
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Den Launch der voll-automatisierten Sprachvereinfachung, welche dann als ‚Software as a Service‘ in jegliche digitale Anwendung integriert werden können soll, ist in zwei Jahren geplant. Im Moment steht die Entwicklung der KI an. Trainiert wird dafür unteranderem mit den zahlreichen Texten, welche das Unternhemen in den letzten 20 Jahren leichter verständlich verfasst hat. Aber auch „Human-Feedback-Loops“ gehören zu der Entwicklung, bei welchen sowohl Expert:innen, als auch Menschen mit niedriger Lesekompetenz die von der KI generierten Texte auf Verständlichkeit prüfen. Schon jetzt arbeite Capito mit Pilotkund:innen zusammen, welche bei der Entwicklung unterstützen, so Fröhlich.
Gleiche Chancen für alle
Die Vision des Unternehmens sei eine Welt, „in der jeder Mensch jede Information verstehen kann, weil sich der Komplexitätsgrad der Mitteilung automatisiert an die individuellen Kompetenzen der Anwender:innen anpasst. Eine Welt, in der alle die Chance haben, gut informierte Entscheidungen für ihr Leben und für die Gesellschaft zu treffen, weil sie auch die Inhalte von seriösen Quellen leicht verständlich lesen und verstehen können“, so Capito. Das eine Notwendigkeit dafür besteht, hat sich spätestens während der COVID-19 Pandemie gezeigt.