Causa KlimaTicket: Warum sich Ostregion und Klimaschutzministerium nicht einig sind
Heute wurde nach monatelangen Tauziehen ein Startdatum für das österreichweite 1-2-3-Ticket, jetzt mit dem Namen KlimaTicket Now, bekannt gegeben. So wird heuer am 26. Oktober nicht nur der österreichische Nationalfeiertag gefeiert, sondern auch der bereits lang ersehnte Start der österreichweiten Ticketvariante. Wobei „österreichweit“ im Moment ein relativer Begriff ist. Im Moment fehlen noch Vertragsunterzeichnungen mit Wien, Niederösterreich und dem Burgenland, welche vereint vom Verkehrsverbund Ostregion (VOR) vertreten werden. Diese Ausnahme ist nicht unerheblich, kommen doch nach Angaben des VOR mehr als 60 Prozent der österreichischen Fahrgäste aus dem Gebiet.
Während sich die Verkehrsministerin Leonore Gewessler (Die Grünen) im Rahmen einer aktuellen Pressekonferenz zuversichtlich zeigte, dass eine baldige Einigung möglich sei und darauf verwies, dass das Angebot der ÖBB, inklusive der S-Bahn in Wien, auch in den Gebieten nutzbar sein wird, äußerte sich nun auch der Verkehrsverbund und dementierte diese Option.
Verbund: „Verwundert über Vorgehen“
In einer schriftlichen Aussendung von VOR nur wenige Stunden nach der Pressekonferenz der Verkehrsministerin zu der Einführung des KlimaTickets Now, äußerte dieser sich „verwundert über die Vorgehensweise“. Erneut äußert der VOR einige Kritikpunkte, welche auch in der jüngeren Vergangenheit bereits einige Male im Zusammenhang mit dem Klimaticket genannt worden sind. So fordert der Verkehrsverbund eine einheitliche Umsetzung aller drei Ticketvarianten zu einem gleichen Zeitraum, eine Erweiterung des Bus- und Bahnangebotes und eine „lebensnahe Lösung“ für Pendler:innen zwischen dem Burgenland und Wien, da diese auch durch Niederösterreich fahren müssen und sich so eine Nutzung der ersten zwei Stufen ausschließt. Auch bemängelt der Verkehrsverbund, dass der vorgesehene Finanzierungsbedarf des Bundes nicht für die Ostregion ausreiche – laut eigenen Angaben sei für die Abgeltung der Erlösausfälle ein dreistelliger Millionenbetrag von Nöten – und eine kundengerechte Abwicklung des Vertriebes nicht sichergestellt sei. Gefordert wird eine finanzielle Planungssicherheit, welche über die bisher festgelegten zwei Jahre Finanzierung hinausgeht.
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Klimaschutzministerium: Nutzung von ÖBB und der Westbahn auch ohne Einigung möglich
Als direkten Widerspruch gegenüber den Aussagen der Bundesministerin Gewessler äußerte sich VOR in der Aussendung verneinend zu der Möglichkeit, auch ohne eine rechtzeitige Einigung mit dem KlimaTicket Now ab dem 26. Oktober die Verbindungen der ÖBB, wie der Wiener S-Bahn, nutzen zu können. Der Verkehrsministerin zufolge, können auch ohne Einigung die Züge der Westbahn, des Regiojets und eben der ÖBB in dem Gebiet genutzt werden. Laut VOR wird das KlimaTicket Now „keine Gültigkeit am Regional- und Nahverkehr der ÖBB sowie auf Strecken der Wiener S-Bahnen, der Wiener Lokalbahnen, der Raaberbahn und der Niederösterreichbahn haben“.
Auf Rückfrage von Tech & Nature beim Klimaschutzministerium widersprach dieses wiederum der Aussage des Verkehrsverbundes. So gebe es diesbezüglich ein KlimaTicket-Gesetz, welches die Nutzung der regionalen Verkehrsmittel von ÖBB und Westbahn in der besagten Region auch ohne Einigung des Bundes mit VOR garantiere. Für die ÖBB bestätigt das das staatliche Unternehmen ebenfalls in einer schriftlichen Reaktion: „Mit Beginn der Gültigkeitsdauer ist das KlimaTicket in allen Zügen der ÖBB gültig“, so der Leiter der ÖBB Konzernkommunikation, Robert Lechner. Auch er verweist dafür auf das KlimaTicket-Gesetz und auf eine ergänzende Verordnung des Klimaschutzministeriums als Basis.
VOR: Verbund ist „nicht gleich die ÖBB“
Auf Rückfrage von Tech & Nature bei VOR bezüglich des KlimaTicket-Gesetzes gab der Verkehrsverbund bekannt, dass aktuell eine „rechtliche Prüfung der bestehenden Verträge läuft“ und somit dazu bisher noch keine weitere Aussage getätigt werden könne. Grundsätzlich beziehe sich der Verbund aber auf die sogenannte „Verbundexklusivität“. Unter diese fallen 40 Verkehrsunternehmen in der Region und der Verbund sei damit „nicht gleich die ÖBB“. Entsprechend wäre eine Nutzung anderer öffentlicher Verkehrsmittel, welche nicht zu der ÖBB oder der Westbahn gehören, ohne eine Einigung nicht möglich.
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Während die Bundesministerin Gewessler sich zuverlässig zeigte, dass sich beide Parteien bald einigen, sieht der VOR das kritisch. „Wir brauchen eine entsprechende Vorlaufzeit. Selbst wenn die Rahmenbedingungen dann geklärt wären, braucht es eine Umstellung der Systeme und entsprechende Schulungen der Mitarbeiter:innen. Bisher sind noch sehr viele Fragen offen“, so die Pressesprecherin von VOR, Christina Maria Bachmaier. Ihrer Ansicht nach hat die Bundesministerin Gewessler den „Druck auf sich selbst erhöht, dass die Vorschläge des Verkehrsverbundes auch Priorität bekommen.“ Laut der Bundesministerin hat es bereits 40 Verhandlungsrunden mit VOR bezüglich des Klimatickets gegeneben. Das bestätigen diese, verweisen aber auf die Notwendigkeit von mehr „Qualität statt Quantität“ bei den Verhandlungen.