ChatGPT-Integration konnte Bing-Marktanteile nicht wesentlich verbessern
Man hätte Google zum Tanzen aufgefordert, prahlte Microsoft-CEO Satya Nadella Anfang 2023. Damals wurde GPT-3.5 in eine neue Chat-Funktion von Microsofts Suchmaschine Bing integriert. Der große Plan: Search von Grund auf verändern und Platzhirsch Google wichtige Marktanteile wegschnappen. Nur: Dieser Plan ist offenbar nicht aufgegangen. Denn Marktanteile von Suchmaschinen zu Jahresbeginn 2024 zeigen, dass die Nutzung von Bing kaum gestiegen ist.
Zahlen von StatCounter, das seit vielen Jahren die Marktanteile von Suchmaschinen erhebt, ist der Share von Bing im vergangenen Jahr seit der Integration von GPT-Technologien kaum gewachsen – um weniger als 1 Prozentpunkte auf aktuell etwa 3,4 Prozent. Damit ist Bing zwar weltweit die zweit größte Suchmaschine vor Yahoo, Yandex, DuckDuckGo und anderen, aber weit abgeschlagen hinter Google mit einem Marktanteil von 91,6 Prozent (mehr dazu hier).
Dass Microsoft auch mit Hilfe eines der wertvollsten Startups der Welt und einer neuen Technologie die Vorherrschaft von Google im Search-Markt nicht brechen konnte, verwundert kaum. Gelerntes Nutzerverhalten lässt sich nicht so leicht ändern, und nur weil ChatGPT bzw. der in Bing integrierte Copilot spannende Antworten geben können, bedeutet es nicht, dass die Google-Suche nutzlos geworden ist. Das Bedürfnis, schnell via Search via Link auf die Originalquelle zu gelangen, ist weiterhin immens. Zudem haben ChatGPT und Copilot auch das Problem, dass die halluzinieren und Fakten verdrehen oder falsch wiedergeben – auch da muss man oft wieder nach der Originalquelle googeln.
Microsoft Copilot ist kaum mehr von OpenAIs ChatGPT unterscheidbar
Microsoft wertvoller als Apple
Dass Bing weiter kein Herausforderer von Google sein kann, dürfte man bei Microsoft schon vor vielen Monaten erkannt haben. Deswegen wurde begonnen, den auf GPT-4 und Dall-E 3 laufenden Copilot in viele seiner Produkte zu integrieren – etwa Office365 oder Windows. Und: Microsoft hat den Copilot auch als Standalone-App für Web, Smartphones und Desktop auf den Markt gebracht, und zwar auch in einer kostenpflichtigen Variante, die sich kaum mehr von ChatGPT Plus unterscheidet.
Währenddessen hat Google zurück gekämpft und mit Bard seinen eigenen AI-Chatbot lanciert, der wiederum tief in Google-Services integriert wird, und mit Gemini ein neues, sehr starkes AI-Modell bekommen hat. Gemini in Smartphones zu integrieren, wird Google voraussichtlich mehr Marktanteile bei AI bringen, da Microsoft traditionell eher in der (Office-)Desktop-Welt daheim ist. Mit Android hat Google den größten Hebel, um seine AI-Modelle zu Milliarden Menschen zu bringen -vorausgesetzt, die fragmentierte Landschaft der Smartphone-Hersteller spielt auch mit.
Microsoft hat den AI-Hype 2023 jedoch voll für sich ausnutzen können – und ist mit einer Bewertung von fast 3 Billionen Dollar an Apple vorbei zum wertvollsten Unternehmen der Welt aufgestiegen. Die Google-Mutter Alphabet ist fast eine Billion Dollar weniger wert als Microsoft. Insofern mag Microsoft den Kampf um den Search-Markt weiter verlieren, aber den Kampf um Produktivitäts-Software weiter gewinnen.
Microsoft Copilot macht GPT-4 und Dall-E 3 kostenlos zugänglich