Analyse

Chinas Regime reißt die Macht im Fintech-Sektor an sich

Ant Group Logo in der Lobby.
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Jack Ma hat sich die schöne neue Finanzwelt sicher anders vorgestellt. Anstatt Alipay und die Ant Group mit ihren immer breiteren Finanzdiensten in die weite Welt zu bringen, muss der Multimilliardär nun dabei zusehen, wie das größte Fintech Chinas nun zum Handlanger des Regimes wird. Private Firmen Zahlungs-, Finanz- und Nutzerdaten sammeln lassen und dann vielleicht noch Kredite vergeben lassen? Sicher nicht, sagt Peking.

Nachdem Xi Jinpings Regierung den riesigen Börsengang der Ant Group abgeblasen, „Daddy“ Ma zurückgepfiffen und begonnen hat, Ant Group zu restrukturieren, wird klar: Peking geht es um die Macht über die Daten. Ant Group, hervorgegangen aus Alibaba und unter dem Einfluss von Ma, hat mit Alipay einen Marktanteil von 55,6 Prozent am chinesischen Mobile-Payment-Markt, vor WeChat Pay von Tencent mit 38,8 Prozent. In den restlichen 5,6 Prozent stecken die eher erfolglosen versuche der staatlichen Banken, ebenfalls im digitalen Zahlungsverkehr Fuß zu fassen.

Staatlicher Zugriff auf Nutzerdaten

Auf Basis dieser Zahlungsdaten hat Ant Group vor längerem begonnen, zusätzliche Dienste aufzubauen: Ant Fortune für digitale Vermögensverwaltung, MYbank als Neobank und vor allem Zhima Credit für digitale Kreditdienstleistungen. Das alles schmeckte den staatlichen Banken gar nicht, vor allem nicht das Kreditgeschäft von Ant Group. Da wurden zwar viele Kredite vergeben, besichert wurden sie aber größtenteils von den chinesischen Banken. Das Geschäft machte Ant Group, die Staatsbanken sollten lediglich das Risiko tragen.

Doch die Ant Group ist nicht mehr das, was sie einmal war. Bloomberg zufolge soll der Firmenwert in den vergangenen acht Monaten seit dem abgeblasenen Börsengang um satte 70 Milliarden Dollar verloren haben. Dem Wall Street Journal zufolge wiederum soll Ant Group mit Staatsunternehmen ein Joint Venture eingehen müssen, das umfangreiches Kredit-Scoring macht – auf Basis der über die Jahre erfassten Alipay-Daten, versteht sich. Am Ende soll eine landesweite Datenbank über die Kreditwürdigkeit und das Finanzleben eines jeden Chinesen entstehen.

Ant Group: Größter IPO aller Zeiten wird kurzfristig abgeblasen

Die Fintech-Revolution ist abgesagt

Bisher konnte die Ant Group dem Griff des Regimes nach den Daten seiner mehr als einer Milliarde Nutzer widerstehen. Doch die Restrukturierung des Fintechs steht nun unter der Aufsicht der Chinesischen Volksbank, und da ist Widerstand mittlerweile zwecklos. Ma, der noch bis 2020 öffentlich doch manchmal Kritik an Peking und der Politik übte (er verglich Banken mit Pfandhäusern), ist verstummt, mundtot gemacht von Xi Jinpings Staatsapparat. Er soll jetzt viel malen und sich vor allem karitativen Initiativen widmen wollen. Große Reden wird er öffentlich wohl keine mehr schwingen.

Währenddessen haben die vier großen chinesischen Staatsbanken – die Industrial & Commercial Bank of China (ICBC), die China Construction Bank (CCB), die Agricultural Bank of China (ABC) und die Bank of China – 2020 begonnen, ihre Investments in Fintech-Angebote massiv zu erhöhen. Gemeinsam haben sie 2020 satte 31 Milliarden Dollar in den Sektor gesteckt – eine drastische Kampfansage an sämtlichen privaten Unternehmen, die im Fintech-Bereich tätig sind.

Dass Ant Group somit de facto über kurz oder lang zum teilstaatlichen Unternehmen wird, sieht man bereits an der Webseite. Denn auf der prangt mittlerweile das Rot der chinesischen Flagge, und die neue Bescheidenheit wurde in den nichtssagenden Slogan „Bring small and beautiful changes to the world“ gegossen. Die Fintech-Revolution wurde abgesagt.

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