Hermann Hauser: „Es ist im Interesse von Nvidia, ARM zu zerstören“
Das US-Tech-Unternehmen Nvidia dürfte sich tatsächlich den Chip-Design-Hersteller ARM von der japanischen Firma Softbank einverleiben. Die Gespräche sind „bereits fortgeschritten“, 32 Milliarden Pfund – oder rund 36 Milliarden Euro – soll die Übernahme kosten. Die mögliche Übernahme bringt eine Reihe von Problemen mit sich.
Nvidia hat kürzlich Intel als wertvollstes Mikroprozessor-Unternehmen der Welt überholt. Das bietet natürlich Möglichkeiten – weiß auch Hermann Hauser, Mitbegründer von ARM, mittlerweile aber nicht mehr dort tätig. Glücklich ist er damit nicht: „Sie sind das Halbleiterunternehmen, das ARM kaufen kann, um es zu zerstören – und es liegt sehr in ihrem Interesse, ARM zu zerstören, weil sie viel mehr als die 40 Milliarden erhalten würden, die sie dafür bezahlen„. ARM selbst äußerte sich nicht zur Thematik.
Monopolstellung von Nvidia?
Laut Hauser könnte die Übernahme Nvidia ermöglichen, die „Mikroprozessor-Krone von Intel“ zu stehlen und zum Chiplieferanten für 95 Prozent der Mobiltelefone und 90 Prozent der integrierten Kontrolleinheiten für das Internet der Dinge zu werden – eine Monopolstellung quasi. ARM entwirft Halbleiterchips, die von anderen Firmen für verschiedene Zwecke angepasst werden. Die Designs des Herstellers werden derzeit in Milliarden von Smartphones auf der ganzen Welt verwendet. Kauft Nvidia also ARM, könnte das Unternehmen auch die Konkurrenz daran hindern, auf die Architektur des britischen Herstellers zu setzen. Stattdessen müssten die Konkurrenten laut Hauser „kraxeln“ – im Sinne von „sich abmühen“, um ihre eigene Architektur zu schaffen.
ARM: „Schweiz der Halbleiterindustrie“
Die japanische Technologie-Investmentfirma Softbank erwarb Arm im Jahr 2016, sicherte damals aber die weitere Neutralität des Unternehmens. ARM gilt als die „Schweiz der Halbleiterindustrie“, wie NS Tech schreibt. Soll heißen: Kunden auf der ganzen Welt setzen auf die Technologie, allesamt direkte oder indirekte Konkurrenten von Nvidia. Nvidia wiederum stellte bislang vorrangig GPUs, also Grafikeinheiten, für Konsolen und PCs her. Mittlerweile werden die GPUs auch in den Bereichen KI, Cryptocurrency Mining und der wissenschaftlichen Forschung eingesetzt. Bei den CPUs, also den Prozessoren, läuft man aber nach wie vor hinter Intel her. Der Kauf von Arm wird darum sowohl als Mittel zur Stärkung der Position des Unternehmens auf dem CPU-Markt als auch zur Erschließung neuer Märkte wie Smartphones und eben dem IoT-Bereich gesehen.
USA zuständig für britischen Hersteller
Es gibt davon abgesehen aber noch ein weiteres, für Hermann Hauser größeres, Problem: Er sei „am meisten verärgert“ über die Aussicht, dass ARM, wenn es denn eine Unterabteilung von Nvidia wird, in die Zuständigkeit des US-Ausschusses für ausländische Investitionen (CFIUS) fallen wird. Dieser Ausschuss prüft Transaktionen mit ausländischen Investitionen in den USA und kann diese aus Gründen der nationalen Sicherheit ablehnen. Das heißt: „Wenn der Präsident entscheidet, dass Großbritannien keine weiteren Mikroprozessoren verdient, dann kann er entscheiden, dass Großbritannien seine eigenen Mikroprozessoren nicht verwenden darf“, erklärt Hauser. Diese Entscheidungen sollten seiner Meinung nach „in der Downing Street getroffen werden, nicht im Weißen Haus“. Hauser plädiert darum dafür, dass die britische Regierung einschreitet, um den Verkauf zu verhindern.
Zögerliche Regierung
Ganz so einfach dürfte das allerdings nicht werden, in Post-Brexit-Zeiten will sich die britische Regierung tendenziell nicht mit den USA anlegen. Softbank wiederum hofft auf einen Börsengang von ARM, auch da müsste allerdings die Regierung unterstützend einspringen.
Internationale Streitigkeiten
Der Streit veranschaulicht auch die Machtspiele, denen die diversen Unternehmen ausgesetzt sind. Das hat nicht zuletzt auch Auswirkungen auf Österreich, beispielsweise auf den steirischen Halbleiterhersteller ams. Zwar würden sich „europäische Halbleiterhersteller bei den Chips, die sie beispielsweise an Huawei liefern, nicht stark auf US-Know-how verlassen“, negative Folgen könnten internationale Streitigkeiten aber auch hier haben.
Ein Teil der von AMS hergestellten Komponenten landet in den Smartphones von Huawei. Die US-Beschränkungen könnten also spätestens dann Auswirkungen haben, „wenn Huawei keine Telefone [mehr] verschicken kann“, heißt es bei SCMP. AMS erklärte gegenüber dem Medium, dass man „die Rechtslage im Zusammenhang mit den jüngsten US-Beschränkungen beurteile“. Aber: „Wir können zum jetzigen Zeitpunkt nicht darüber spekulieren, inwieweit sie [die Beschränkungen] für unsere Produkte gelten könnten“.
Anmerkung: In einer früheren Version des Artikels hieß es, die Stellungnahme im Titel stamme von ARM. Tatsächlich stammt sie von Hermann Hauser, ARM äußerte sich bislang nicht offiziell.
Update: Mittlerweile ist der Deal auch durch.
+++Huawei vs. USA: Der Kampf um Software und Chips hat eine neue Dimension erreicht+++