Gastbeitrag

Bootstrapping: „Wenn man Gründungskosten niedrig hält, kann man sich auch aus eigenem Antrieb finanzieren“

Bootstrapping: Sie wie Münchhausen am eigenen Zopf aus dem Sumpf ziehen. © bpk / Dietmar Katz
Bootstrapping: Sie wie Münchhausen am eigenen Zopf aus dem Sumpf ziehen. © bpk / Dietmar Katz
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Oliver Werner ist Rechtsanwalt bei CMS in Wien und berät Unternehmen in den Bereichen Gesellschaftsrecht und M&A sowie Start-ups, insbesondere im Bereich der Kapitalaufbringung. In diesem Gastbeitrag erklärt er, welche Finanzierungsformen er für Start-ups als am besten geeignet erachtet.

Die größte Frage, die Gründer beschäftigt, ist meist: „Woher bekomme ich Geld, um meine Idee zu verwirklichen?“. Und damit stehen sie nicht alleine da, werden doch sämtliche Start-up-Erfolge der letzten Zeit nicht an Umsatz oder Gewinn gemessen, sondern wie viel Geld die Start-ups aufstellen konnten oder wie hoch sie dadurch bewertet wurden.

Hier meine Top Ten der Finanzierungsmöglichkeiten – ich freue mich auf Diskussionsbeiträge dazu!

10. Kredit einer Bank

Ein gewöhnlicher Bankkredit wird für die meisten Gründer keine Option sein, außer der Gründer verfügt über hinlängliche Sicherheiten (und ist auch bereit, diese für einen Kredit einzusetzen). Für traditionelle Banken war die Finanzierung von Start-ups lange Zeit zu risikoreich, der Markt ist allerdings auch hier in Bewegung und man wird mehr Start-up-Packages österreichischer Banken sehen (z.B. bei Erste Bank oder Bank Austria).

9. Vorschuss

Eine Möglichkeit, anfänglich Liquidität ins Unternehmen zu bekommen, ist einen Vorschuss mit einem größeren Kunden zu verhandeln. Dafür müsste allerdings ein Produkt schon nahe an der Marktreife oder eine Dienstleistung fertig entwickelt sein. Sofern vorhanden ist auch eine frühe Lizenzierung eines Produkts (exklusiv) für einen Kunden eine Möglichkeit, erstes Kapital aufzutreiben.

8. Inkubatoren und Acceleratoren

Inkubatoren stellen für gewöhnlich Arbeitsmittel zur Verfügung, allerdings kein Kapital. Sie können aber wesentlich für die Entwicklung eines Start-ups in der Beratung durch erfahrene Unternehmer und bei der Analyse der eigenen Geschäftsidee sein.

Acceleratoren dagegen sind eher kurzfristig angelegt und bieten Zugang zu Mentoren und/oder Kapital. Oftmals werden dafür aber auch schon Anteile am Unternehmen als Gegenleistung verlangt. Hier gilt es abzuwägen: Was ist mir die „Beschleunigung“ meines Unternehmenswachstums wert? Insbesondere in der frühen Seed-Phase zeigt sich, dass Gründer zu freizügig mit Unternehmensanteilen umgehen und diese zu günstig abgeben.

7. Eigenkapital oder eigene Leistungen

Soweit wie möglich sollten Möglichkeiten zum Leistungsaustausch genutzt werden – z.B. Dienstleistungen anbieten und dafür keine Miete für die Büroräumlichkeiten zahlen. Kritisch zu sehen sind Deals, bei denen Berater für Beratungsleistungen Beteiligungen (Equity) am Start-up erhalten. Zum einen werden dabei Unternehmensanteile oft zu günstig abgeben, zum anderen begeben sich die Berater selbst in einen Interessenskonflikt, weil sie als Gesellschafter des Start-ups andere Interessen haben, denn als bloßer Berater. Solche Angebote gilt es daher besonders kritisch zu prüfen.

6. Venture Capital Investoren

Venture Capital Investoren sind Profis, wenn es um Investments in Start-ups geht. Dabei sollte nicht vergessen werden, dass VCs für das von Ihnen eingesetzte Risikokapital auch entsprechende (hohe) Rendite erwarten. Bei den rechtlich komplexen Beteiligungsverträgen, mit denen VCs in Unternehmen einsteigen, sollten sich Gründer jedenfalls professionelle Beratung sichern.

5. Business Angel

Business Angels sind Investoren, die selber bereits auf unternehmerische Erfolge zurückblicken können. Auch wenn sie für gewöhnlich nicht soviel Kapital wie VCs oder Beteiligungsgesellschaften investieren, besteht ein wesentlicher Mehrwert in der Erfahrung und den Kontakten, die Business Angels mitbringen. Dabei gilt es darauf zu achten, dass man sich auch die richtige Person für das Geschäftsfeld des eigenen Unternehmens aussucht und der/die Business Angel in diesem Geschäftsfeld Erfahrungen gesammelt hat.

4. Crowdfunding

Ob Crowdfunding Sinn macht, ist vor allem vom Produkt abhängig. Einen Produktlaunch und die Finanzierung einer einzelnen Produktserie über Crowdfunding ist im Erfolgsfall doppelt sinnvoll, da neben dem gelaunchten Produkt auch ein Werbemehrwert steht, der vor allem von den Gründern selbst über soziale Netzwerk kostengünstig vervielfacht werden kann. Kritischer zu prüfen sind Plattformen, bei denen sich die Crowd am Unternehmen selbst beteiligen kann. Hier sind insbesondere die rechtlichen Bedingungen der Beteiligungsverträge genau zu prüfen. Ebenso ist eine rechtliche Struktur zu wählen, die eine solche Beteiligung zulässt (zB eine Publikums-KG).

3. Förderungen

Österreich ist ein Land der Förderungen. Und mit der neuen Start-up Initiative der Regierung sollte sich das für junge Unternehmer (insbesondere im Tech Bereich) noch weiter verbessern. Es ist allerdings gar nicht so leicht, herauszufinden, welche Förderstelle wo etwas fördert. Hier ist hartnäckige Recherche angebracht. Oft helfen auch Tipps der richtigen Berater, die bereits mit Förderstellen zu tun hatten.

2. Friends & Family

Die zwei „F“ Freunde und Familie sind der erste Ansprechpartner, um mit einem kleineren Unternehmen zu starten. Besonders in Verbindung mit Crowdfunding gilt es das eigene (Social) Netzwerk zu maximieren, wofür sonst hat man denn sonst die ganzen Freunde, die man im wahren Leben nur mehr selten trifft. Vorsicht bei Finanzierungen, die Sicherheiten der eigenen Familie verlangen – Finger weg davon, das Risiko zahlt sich meistens nicht aus.

1. Es aus eigenem Antrieb schaffen

Wenn man es schafft, die Gründungskosten niedrig zu halten (was natürlich in Österreich leichter gesagt ist als getan), organisch wächst und allem ein bisschen länger Zeit gibt, kann man sich auch aus eigenem Antrieb finanzieren (Bootstrapping). Der Vorteil: Das Geschäft gehört einem dann auch ganz alleine.

Wie man an der kurzen Aufstellung sieht, gibt es keine Abkürzung zur Finanzierung eines Start-ups. Und es gilt auch immer noch die alten anglo-amerikanische Weisheit: There is no such thing as a free lunch. Daher gilt es stets den eigenen Vorteil gegen die Interessen eurer Geldgeber abzuwägen. Viel Erfolg.

Kontakt: oliver.werner@cms-rrh.com

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