CO2-Grenzausgleich: EU-Industrie und Klima sollen von CO2-Zoll profitieren
Noch nie wurde so viel CO2 produziert wie 2021, 36,6 Gigatonnen CO2 wurden im letzten Jahr in die Luft geblasen (wir berichteten). Nicht ganz unbeteiligt daran war die Volksrepublik China: Sie allein war für rund 33 Prozent des weltweiten Ausstoßes verantwortlich. Ihre Emissionen pro Kopf überstiegen erstmals die durchschnittlichen Emissionen eine:r Europäer:in. Der Pro-Kopf-Ausstoß an Kohlendioxid erhöhte sich in China somit auf 8,4 Tonnen. Europäer:innen hatten im Schnitt einen Ausstoß von sechs Tonnen pro Kopf.
Europa ist Nettoimporteur von CO2
Der CO2-Ausstoß pro Kopf sollte allerdings nicht davon ablenken, dass wir Europäer:innen viele Güter verbrauchen, die in China produziert werden. Das CO2 scheint dabei auf der Rechnung der Volksrepublik auf, obwohl die Nachfrage aus dem Westen kommt. Wie „Our World in Data“ etwa veranschaulicht, sind europäische Länder zum größten Teil „Nettoimporteure“ von CO2-Emissionen. Deutschland verbraucht dadurch etwa zusätzlich 16 Prozent seines eigenen jährlichen Co2-Ausstoßes, in Österreich liegt der Wert sogar bei 36 Prozent.
Das ist auf mehrere Weisen problematisch: So wird die hiesige Industrie durch billigere Importe unter Druck gesetzt, während Produktionsbedingungen im Ausland meist schlechteren Klimastandards entsprechen als in Europa. Die EU-Finanzminister:innen einigten sich daher am Dienstag auf die Einführung eines CO2-Grenzausgleiches. Ab 2026 werden mit dem Kohlenstoff-Grenzausgleichsmechanismus (Carbon Border Adjustment Mechanism – CBAM) Waren, die in die EU importiert werden, auf Basis ihres CO2-Fußabdrucks besteuert. Der Co2-Zoll ist Teil des EU-Klimapakets „Fit for 55“ und wird zunächst auf jene Produkte angewendet, bei denen die Co2-Emissionen besonders hoch sind: Zement, Eisen und Stahl, Aluminium, Düngemittel und Elektrizität.
CO2-Grenzausgleich auf ausländische Waren
Der CO2-Zoll ist ein Instrument, das das bestehende Emissionshandelssystem ergänzen soll. Bei dem müssen EU-Hersteller Zertifikate für den Ausstoß klimaschädlicher Gase bezahlen, ab 2026 soll das System auf die Bereiche Wohnen und Verkehr ausgedehnt werden. Ausländische Hersteller sind vom Emissionshandel aber nicht betroffen, weshalb sie künftig bei der Einfuhr ihrer Waren den CO2-Zoll abtreten müssen. „Wenn wir unsere eigenen Klimaschutzziele erhöhen und daher weniger produzieren, aber gleichzeitig mehr und umweltschädlichere Produkte importieren, erweisen wir sowohl der heimischen Wirtschaft als auch dem Klimaschutz einen Bärendienst“, äußert sich der Präsident des Ökosozialen Forums, Stephan Pernkopf, dazu. „Das ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur angestrebten Klimaneutralität und zu einer Ökosozialen Marktwirtschaft in Europa“, so Pernkopf
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Lob für den Schritt kommt auch vom österreichischen Finanzminister Magnus Brunner: „Damit können eingeführte Waren, die unter niedrigeren Klimaschutzstandards produziert werden, durch diesen Umstand keine Kostenvorteile auf dem europäischen Markt mehr erzielen. Der CO2-Grenzausgleich schafft fairere Wettbewerbsbedingungen“, so Brunner in einer Aussendung. Kritik regt sich allerdings an der späten Umsetzung. Ursprünglich sollte der Co2-Grenzausgleich bereits 2023 eingeführt werden.
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Gewinner und Verlierer der CO2-Zölle
Neben der einheimischen Industrie, die durch die CO2-Zölle profitieren soll, könnte sich Saudi Arabien als stiller Profiteur des Co2-Grenzausgleiches hervortun. Laut einer Studie aus dem Jahr 2020 (wir berichteten) würde saudisches Öl mit bis zu 50 Prozent weniger Zöllen belastet sein als russisches. Das liegt vor allem daran, dass die Förderung in der Wüste weniger aufwendig und damit weniger CO2-intensiv ist in Russland. Dort liegen die Rohstoffe tiefer im Erdinneren. China könnte hingegen der größte Verlierer bei CO2-Zöllen sein. Besonders betroffen dürfte die chinesische Stahlproduktion sein. Diese ist zwar billiger, aber wesentlich CO2-intensiver als die europäische.
Wichtige Details sind aber noch offen: Wie genau die CO“-Intensität einzelner Waren aus dem Ausland ermittelt wird, ist etwa noch unklar. Ein festgelegtes Kontingent an kostenlosen CO2-Zertifikaten, die bisher in der europäischen Industrie verteilt wurden, soll durch die Einführung des CBAM ebenso wegfallen. Und Vorsicht ist auch vor Reaktionen aus den USA und China geboten. Sie könnten etwa selbst Importzölle auf europäische Güter erhöhen.