Constellation: Versteckter Software-Riese sucht Überahmeziele in Österreich
Außerhalb der B2B-Software-Branche kennt sie kaum jemand, und doch machen sie Deals am laufenden Band: Im Jahr 2020 verkaufte Alexander Swoboda sein Software-Unternehmen Facton, das eine Kostenmanagement-Software für die Fertigungsindustrie anbietet, an den kanadischen Softwarekonzern Constellation. Laut Swoboda wird Constellation, ein in über 100 Ländern aktives, börsennotiertes Unternehmen, nun auch in Österreich damit beginnen, weitere Akquisitionen zu machen. Swoboda ist zwar nicht der Gründer von Facton, jedoch ist der Unternehmer schon seit 2010 als CEO maßgeblich für das Wachstum der Firma verantwortlich.
Der Zeitpunkt erscheint von Käuferseite her spannend. Nach den Hype-Jahren 2021 und 2022 im Startup-Sektor sind die Bewertungen von Software-Firmen teilweise stark gesunken – und das eine oder andere Jungunternehmen könnte auch in die Verlegenheit geraten, verkaufen zu müssen, weil sich Anschlussfinanzierungen verzögern oder ganz platzen. Mit Constellation, oft als das „kanadische Berkshire Hathaway“ bezeichnet, betritt nun ein neuer Player den Plan. Zuletzt wurde mit der Düsseldorfer Peakwork AG ein Anbieter von IT-Lösungen für die Touristikbranche zugekauft, nun könnte in 2023 auch ein Deal in Österreich passieren.
Software-Firmen brauchen mehr Analytik
Angefangen hat die Karriere von Swoboda im Jahr 1999 beim Firmenberatungsriesen McKinsey. Nach sieben Jahren in diesem Geschäft war Swoboda dann zwei Jahre lang bei einem Venture Capital-Fonds tätig und war hier für Investments in Tech-Firmen aus dem CEE-Raum verantwortlich. Er war sogar an einem Co-Investment mit dem legendären SAP-Gründer Hasso Plattner beteiligt. Schließlich landete Swoboda bei Facton in Potsdam als Interimsmanager, doch schließlich kaufte er die Gründer bei einer Finanzierungsrunde aus. Seit 2010 arbeitete er dann mit dem Facton-Team am Wachstum und der Internationalisierung, bis schließlich 2020 die Übernahme durch Constellation erreicht war.
Alexander Swoboda ist also ein echter Vollblutunternehmer im Bereich der Software-Technologie. „Die Anforderungen für Unternehmer:innen sind in allen Branchen relativ ähnlich. Besonders am Softwaresektor ist vor allem die hohe Bedeutung von Analytik. Hier gibt es nämlich relativ viele Möglichkeiten, an Daten zu kommen. Mit diesen Daten geht die Möglichkeit, die Firma viel genauer zu steuern, einher. Das beweist sich erneut anhand von Constellation. Das Unternehmen setzt massiv auf Analytik und fordert sich mit den gesammelten Daten selbst ständig heraus. Zwar sind Bauchgefühl und Risikobereitschaft ebenfalls wichtig, doch dank Analytik kann man dem Team konkrete Zahlen vorweisen und es bei der Strategie an Bord holen“, erklärt Swoboda.
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Alexander Swoboda bleibt bei Facton
Constellation steht laut Swoboda auf dem weltweit achten Platz bei den wertvollsten B2B-Softwarelösungen und konnte im vergangenen Jahr einen Umsatz von sieben Milliarden Dollar vorweisen – der Börsenwert liegt bei etwa 42 Mrd. Dollar. Dennoch ist die Marke Constellation relativ wenig bekannt, denn der Konzern tritt als Konglomerat von mittlerweile über 1.000 Software-Firmen auf. Jede davon ist eine eigene Marke, jedoch werden alle gemeinsam gesteuert über ein gemeinsames Kennzahlensystem. „Hier kommt wieder die Analytik ins Spiel. Wir nutzen hier gemeinsame Best Practices und tauschen uns untereinander aus.“ Swoboda zufolge herrscht trotz der Größe und Komplexität in der Organisation Transparenz, die Bürokratie halte sich stark in Grenzen.
Das Besondere an dem Exit an Constellation: Swoboda ist trotzdem weiterhin bei Facton als Geschäftsführer an Bord. Denn der kanadische Konzern betreibt seit etwa 30 Jahren ein Incentive-System, bei dem der Bonusplan für Manager:innen direkt an das Wachstum und die Profitabilität der entsprechenden Tochtergesellschaften gekoppelt ist. „Ich kann somit meine persönliche Kompensation beeinflussen, was unternehmerisch sehr viel Spaß macht. Viele Geschäftsführer:innen bleiben deshalb auch nach der Übernahme bei Constellation an Bord.“ Tochterfirmen haben Vorgaben in Form von bestimmten Kennzahlen. Solange sie sich in diesem Bereichen bewegen, haben sie viel Freiheiten bei der Strategie.
Constellation bleibt trotz Hype-Abflauen attraktiver Käufer
Die Software-Firmen, die zum Constellation-Konglomerat gehören, sind breit und divers aufgestellt, vor allem aber im B2B-Bereich tätig. Um in die Gruppierung aufgenommen zu werden, müssen die Firmen idealerweise bereits wiederkehrende Umsätze von mindestens drei Millionen Euro pro Jahr vorweisen können. Doch auch kleinere Unternehmen können es in das Konglomerat schaffen, wobei Constellation sie dabei oft mit anderen kombiniert. Ebenfalls wichtig ist ein diversifiziertes Kundenportfolio. Was dagegen nicht wichtig ist, ist der Standort der Firmen, diese können auf der ganzen Welt verteilt sein. Deswegen will Constellation nun auch in Österreich einsteigen.
„Constellation akquiriert interessanterweise sehr traditionell. Nach wie vor macht man hier zunächst eine intrinsische Bewertung. Auf dieser Basis entscheidet sich der Kaufpreis, den wir bereit sind zu zahlen. Wir zahlen hier die gleichen Beträge wie noch vor ein paar Jahren und achten nicht auf Hypes. Aber gerade der Hype, der den österreichischen Markt in den letzten Jahren erfasst hatte, ist heute wieder abgeflaut. Vor diesem Hintergrund hat sich unsere Position als attraktiver Käufer nur noch weiter verbessert.“
Neue Übernahmen in Österreich möglich
Auch in Zukunft sind weitere Übernahmen in Österreich nicht ausgeschlossen. „Wir müssen uns hier erstmal den Markt ein bisschen besser anschauen. Aber ein oder zwei Übernahmen in den nächsten Monaten wären ein sehr gutes Ergebnis. Für uns, für das Ökosystem und auch für die Unternehmer:innen, die hier dazukommen könnten, wäre der Exit an Constellation sicher sehr attraktiv“, meint Swoboda.